Schachbegriffe
Vereinfachung

Vereinfachung

Schach ist ein sehr komplexes Spiel und wenn Du darin ein Meister werden willst, musst Du sehr viel Theorie lernen. Aber was wäre, wenn Du die Sache vereinfachen und Dir die Arbeit erleichtern könntest? Hier erfährst Du mehr über das Konzept der Vereinfachung und wie Du es zu Deinen Gunsten einsetzen kannst!


Was bedeutet Vereinfachung?

Vereinfachung bedeutet im Schach, eine Stellung weniger kompliziert zu machen, indem man eine oder mehrere Figuren abtauscht. Mit weniger Figuren auf dem Brett müssen weniger Variationen berechnet werden, wodurch eine Stellung natürlich einfacher zu spielen wird.

Simplification in chess.
Nachdem vier Figuren abgetauscht sind, ist die Stellung vereinfacht.

Warum ist das Konzept der Vereinfachung wichtig?

Das Konzept der Vereinfachung ist wichtig, weil es die Art der Stellung verändert. Im Allgemeinen vergrößert man durch eine Vereinfachung jeden kleinen Vorteil.

Wenn Du Dir diese Stellung ansiehst, wirst Du merken, dass Schwarz einen Bauern mehr hat. Das ist aber kein großer Vorteil. Wenn Du diese Stellung mit dem Analysebrett von Chess.com analysierst, wirst Du sogar sehen, dass der Computer Weiß einen leichten Vorteil gibt. Es sind einfach noch eine Menge Figuren auf dem Brett und es ist ziemlich schwer vorherzusagen, wer diese Partie gewinnen wird.

A game before its simplification.
Schwarz hat zwar einen Bauern mehr, aber der Computer bewertet diese Stellung mit +0.57. Er gibt also Weiß einen kleinen Vorteil.

Wenn wir jetzt aber alle Figuren außer den Bauern vom Brett entfernen, hat Schwarz einen klaren Vorteil. Er wird problemlos einen seiner Bauern umwandeln und mit der neuen Dame gewinnen.

The simplified position.
Nachdem die Stellung vereinfacht ist, wird der Mehrbauer von Schwarz zu einem entscheidenden Vorteil.

Besonders im Endspiel kann eine Vereinfachung wichtig sein. Wenn die resultierende Stellung gewinnt, ist es eine gute Idee, alle Figuren zu tauschen. In diesem Fall kann Weiß sogar eine Qualität opfern!

Stell Dir einfach vor, Du spielst in dieser Stellung mit Weiß. Du hast einen materiellen Vorteil, da Du einen Turm und Schwarz nur einen Springer hat. Du hast aber auch einen Freibauern auf der h-Linie. Springer sind aber sehr trickreiche Figuren und wenn Du nur noch wenig Zeit hast, um über Deine Züge nachzudenken, kann es leicht sein, dass Du einer Gabel zum Opfer fällst und die Partie dann sogar verlierst.

The tricky knight justifies the simplification.
Der Springer ist eine trickreiche Figur und kann jederzeit Deinen König und Deinen Turm gabeln.

Anstatt jetzt ständig vorsichtig zu Werke zu gehen, ist es viel einfacher, den Turm für den Springer zu opfern. Denn ab diesem Punkt ist Dein Plan sehr einfach. Dein entfernter Bauer auf der h-Linie beschäftigt den schwarzen König, während Dein König in aller Seelenruhe die schwarzen Bauern am Damenflügel einsammelt. Danach werden Deine eigenen Bauern am Damenflügel die Partie gewinnen und Schwarz hat überhaupt keine Möglichkeit, um diesen Plan zu durchkreuzen!

A sacrifice to simplify the position.
Durch das Turmopfer hat Weiß die Stellung in ein gewonnenes Endspiel vereinfacht.

Im nächsten Beispiel spielte Max Weiss mit den schwarzen Figuren und opferte gegen Joseph Blackburne gleich zwei Damen, um ein einfach zu gewinnendes Bauernendspiel zu erhalten. Weiß kann diesen Plan überhaupt nicht verhindern und gab nur wenige Züge später auf.

Wie Du jetzt gesehen hast, ist die Vereinfachung ein großartiges Konzept, um vorteilhafte Stellungen in einen Sieg zu verwandeln. Das erklärt uns auch der bekannte Schachautor Bruce Panolfini: "Tausche, um eine Stellung zu vereinfachen, vermeide Täusche, um die Stellung komplex zu halten. Vereinfache die Stellung, wenn Du am Gewinnen bist und kompliziere die Stellung, wenn Du am Verlieren bist." Anders gesagt: "Wenn Du eine schlechte Stellung hast, solltest Du Abtäusche vermeiden, denn Deine größte Chance liegt darin, dass Dein Gegner in einer komplizierten Stellung einen Fehler macht."

Tausche, um eine Stellung zu vereinfachen, vermeide Täusche, um eine Stellung komplex zu halten. Vereinfache die Stellung, wenn Du am Gewinnen bist und kompliziere die Stellung, wenn Du am Verlieren bist..
— Bruce Pandolfini

Eine wichtige Ausnahme von diesem Ratschlag ist die Vereinfachung, um mögliche große Verluste zu vermeiden. Im folgenden Beispiel kann der schwarze Bauer auf e4 ein Feld vorziehen. Dann ist der weiße Springer angegriffen und Schwarz droht gleichzeitig mit seiner Dame ein Schachmatt auf den Feldern g2 und h1. Weiß muss sehr vorsichtig sein, um die Partie nicht zu verlieren.

A dangerous position demanding a simplification.
Das ist eine sehr gefährliche Stellung für Weiß.

In diesem Fall besteht die beste Chance für Weiß darin, die Stellung mit Läufer schlägt Springer zu vereinfachen. Obwohl Schwarz einen zusätzlichen Bauern hat, ermöglicht Weiß das leicht ungenaue Zurückschlagen gxf6 alle Bedrohungen zu neutralisieren und den Bauern zurückzugewinnen.

White simplifies to defend.
Weiß vereinfacht die Stellung um sich gegen alle Drohungen von Schwarz verteidigen zu können.

Test

Da Du jetzt mit dem Konzept der Vereinfachung vertraut bist, ist es Zeit für einen kleinen Test!

Sieh Dir diese Stellung genau an und entscheide, ob Weiß die Stellung mit einem Turmtausch vereinfachen sollte, oder nicht?

Testing your simplification knowledge.
Sollte Weiß die Stellung vereinfachen und die Türme tauschen?

Nein! Auf keinen Fall! Die Stellung nach dem Turmtausch wäre für Schwarz glatt gewonnen und deshalb sollte Weiß auf gar keinen Fall die Türme tauschen! Was passiert wäre, wenn Weiß vereinfacht hätte, kannst Du in dieser Aufgabe selbst herausfinden. Spiele die Stellung einfach mit den schwarzen Figuren zu Ende.

Fazit

Du hast jetzt das Konzept der Vereinfachung verstanden und weißt, wann Du eine Vereinfachung vornehmen und wann Du sie vermeiden solltest. Sieh Dir doch am besten jetzt gleich diese Lektion an, um noch mehr über den richtigen Zeitpunkt für Abtäusche zu lernen!