Bauernstrukturen
Die meisten Anfänger können mit dem Begriff "Bauernstruktur" überhaupt nichts anfangen. Fortgeschrittenen Spielern ist es aber durchaus ein Begriff und für die wahren Könner sind Bauernstrukturen das A und O im Schach.
Was aber ist jetzt eine Bauernstruktur? Finden wir es heraus!
Hier ist alles, was Du über Bauernstrukturen wissen musst:
- Was ist eine Bauernstruktur?
- Warum sind Bauernstrukturen wichtig?
- Was sind strukturelle Schwächen?
- Test
- Fazit
Was ist eine Bauernstruktur?
Mit der Bauernstruktur bezeichnet man die Stellung der Bauern und lässt alle anderen Figuren außer Acht. Oft entscheidet schon die Eröffnung, welche Bauernstruktur im Verlauf der Partie entstehen wird. Manche Bauernstrukturen sind sich auch sehr ähnlich oder sogar identisch, obwohl sie aus völlig verschiedenen Eröffnungen entstehen! Sehen wir uns einfach dieses Beispiel an:
Diese Bauernstruktur kann durch verschiedene Eröffnungen entstehen. Sehen wir uns einfach die Hauptvariante der Skandinavischen Verteidigung an. Nach den Zügen 1.e4 d5 2. exd5 Dxd5 3. Sc3 Da5 4. d4 c6 5. Sf3 Sf6 6. Lc4 Lf5 7. 0-0 e6 haben wir die folgende Stellung erreicht:
Es ist also genau die Bauernstruktur aus dem Beispiel. Wir können aber in der Caro-Kann Verteidigung genau dieselbe Bauernstruktur erhalten. Diese Eröffnung beginnt mit den Zügen 1.e4 c6 2. d4 d5 3. Sc3 dxe4 4. Sxe4 Lf5 5. Sg3 Lg6 6. Sf3 Sd7 6. Lc4 e6:
Ziemlich cool, oder? Die Bauern stehen auf den identischen Feldern, obwohl die Figuren auf ganz anderen Feldern stehen. Aber was würdest Du sagen, wenn ich behaupte, dass diese Bauernstruktur sogar aus der Französischen Verteidigung entstehen kann?
Unglaublich, oder? Nach den Zügen 1. e4 e6 2. d4 d5 3. Sc3 dxe4 4. Sxe4 Ld7 5. Sf3 Lc6 6. Sg3 Sd7 7. Ld3 Sgf6 8. 0-0 Lxf3 9. Dxf3 c6 haben wir schon wieder diese Bauernstruktur auf dem Brett. Das sind 3 völlig verschiedene Eröffnungen und doch kann daraus eine identische Bauernstruktur entstehen. Es gibt aber unzählig viele verschiedene Bauernstrukturen und jetzt willst Du sicher wissen, warum sie überhaupt wichtig sind, oder?
Warum sind Bauernstrukturen wichtig?
Bauernstrukturen sind wichtig, weil sie uns viele Informationen über die Stellung geben. Sie sagen uns, ob eine Stellung offen oder geschlossen ist und sehr oft ergeben sich aus einer Bauernstruktur auch strategische Ziele. Diese Bauernstruktur ist zum Beispiel geschlossen:
Wir bezeichnen diese Stellung als geschlossen, weil alle Zentrumsbauern noch auf dem Brett sind und sich gegenseitig blockieren. Erfahrene Spieler wissen, dass Springer in einer geschlossenen Stellung besser sind als Läufer, denn Läufer benötigen offene Diagonalen, um ihre ganze Stärke entfalten zu können. Sehen wir uns dazu ein weiteres Beispiel an.
Hier haben wir eine offene Stellung:
Diese Stellung bezeichnen wir als Offen. Die Zentrumsbauern sind getauscht und die Figuren können die Felder im Zentrum benutzen und überqueren. In einer solchen Stellung werden Läufer nicht von Bauern behindert und finden sehr leicht offene Diagonalen. Deshalb sind sie hier den Springern überlegen.
Bauernstrukturen können uns auch dabei helfen, konkrete Pläne zu schmieden oder strategische Ziele festzulegen. In der folgenden Stellung hat Schwarz auf den Königsflügel rochiert, aber die Bauernstruktur vor dem schwarzen König wurde geschwächt.
Da die Bauernstruktur vor dem schwarzen König geschwächt ist, sollte Weiß den schwarzen König angreifen! Ein konkreter Plan in dieser Stellung wäre es, die Dame auf h5 zu bringen und den schwarzen König auf h7 Schachmatt zu setzen!
Wenn beide Spieler Schwächen in ihrer Bauernstruktur haben, ergeben sich daraus viele Pläne und Überlegungen. Welche Schwäche ist bedeutender? Soll ich die Schwäche meines Gegners angreifen oder meine eigene Schwäche verteidigen? Die wichtigste Frage ist aber: "Was ist eigentlich eine strukturelle Schwäche?" Tja, finden wir es heraus:
Was sind strukturelle Schwächen?
Es gibt unzählige Arten von strukturellen Schwächen in einer Bauernstruktur. Doppelbauern, rückständige Bauern, isolierte Bauern und Löcher sind die häufigsten Schwächen in Bauernstrukturen. Wenn Dein Gegner eine dieser strukturellen Schwächen hat, solltest Du versuchen, sie gegen ihn einzusetzen. Wenn Du selbst eine strukturelle Schwäche hast, solltest Du Dir dessen zumindest bewusst sein. Sehen wir uns wieder ein Beispiel an.
In der folgenden Stellung hat Weiß einen Doppelbauern auf der c-Linie und einen isolierten Bauern auf dem Feld a3.
Der Bauer auf c4 ist schwach, denn er kann von keinem anderen Bauern gedeckt werden. Ein strategisches Ziel für Schwarz wäre es jetzt, diesen Bauern anzugreifen. Das könnte mit den Zügen b6/La6/Sc6/Sa5/Dc7 geschehen. Wenn wir uns diese Bauernstruktur genauer ansehen, stellen wir aber noch etwas fest: Weiß hat drei Bauerninseln und Schwarz nur Zwei:
Als Bauerninsel bezeichnet man eine Gruppe von verbundenen Bauern. Im obigen Diagramm hat Schwarz eine Bauerninsel auf dem Damenflügel (die Bauern auf a7 und b7) und eine zweite im Zentrum und am Königsflügel (die Bauer auf d7, e6, f7, g7 und h7). Weiß hingegen hat einen isolierten Bauern auf a3 (das ist die erste Bauerninsel), die Bauern auf c3, c4 und d4 bilden die zweite Bauerninsel und die Bauern am Königsflügel bilden die Dritte. Hier gilt der Grundsatz, dass weniger Bauerninseln besser sind als mehrere! Man kann also mit Sicherheit behaupten, dass Weiß die strukturell bessere Stellung hat.
In der nächsten Stellung hat Schwarz einen rückständigen Bauern auf d6 und ein Loch auf d5.
Der Bauer auf d6 wird als Rückständig bezeichnet, weil er von keinem anderen Bauern gedeckt werden kann. Schließlich ist der einzige Bauer, der ihn decken könnte, der e-Bauer, schon an ihm vorbeigezogen und hat ihn praktisch zurückgelassen. Das Feld d5 wird als Loch in der schwarzen Stellung bezeichnet, weil kein schwarzer Bauer eine weiße Figur, die eventuell auf diesem Feld landen wird, vertreiben kann. Ein strategisches Ziel von Weiß wäre es jetzt, entweder den Bauern auf d6 anzugreifen, oder eine Figur auf dem Feld d5 zu platzieren und zu zementieren.
Jetzt sehen wir uns noch einen isolierten Bauern an:
Der schwarze Bauer auf d5 ist isoliert und Schwarz hat auch drei Bauerninseln, während Weiß nur zwei Bauerninseln hat. Da der isolierte Bauer von keinem anderen Bauern gedeckt werden kann, wäre es ein gutes strategisches Ziel für Weiß, diesen Bauern anzugreifen.
Das waren jetzt aber nur ganz wenige und grundsätzliche Einblicke in Bauernstrukturen und in strukturelle Schwächen. Es gibt unzählige Schachbücher und manche davon haben über 1000 Seite, die sich nur mit diesem Thema beschäftigen, aber wir wollten Dir ja nur erklären, was eine Bauernstruktur überhaupt ist und warum es wichtig ist, immer ein Auge auf Deine und die Bauernstruktur Deines Gegners zu haben!
Test
Da Du jetzt mit den Grundsätzen der Bauernstrukturen vertraut bist, ist es Zeit für einen kleinen Test.
Ist diese Stellung offen oder geschlossen?
Richtig! Das ist natürlich eine geschlossene Stellung. Alle Zentrumsbauern sind noch auf dem Brett und blockieren sich gegenseitig!
Versuchen wir gleich die nächste Aufgabe:
Welcher Spieler hat die gesündere Bauernstruktur?
Genau! Weiß hat die gesündere Bauernstruktur, denn Weiß hat nur zwei Bauerninseln und Schwarz hat Drei. Außerdem hat Schwarz einen Doppelbauern auf der c-Linie und einen isolierten Bauern auf a6.
Fazit
Du weißt jetzt, was der Begriff Bauernstruktur bedeutet, warum Bauernstrukturen wichtig sind, was strukturellen Schwächen sind und was der Unterschied zwischen einer offenen und einer geschlossenen Stellung ist. Du kannst sogar schon strukturelle Schwächen erkennen! Spiele doch am besten jetzt gleich eine Partie und wende Dein neu erworbenes Wissen in der Praxis an!