GM Wang Hao
Bio
Der chinesische Großmeister Wang Hao ist ein Elite-Spieler, der kürzlich die Schachwelt überraschte, indem er das FIDE Chess.com Grand Swiss Turnier 2019 gewann und sich damit für das Kandidatenturnier 2020 qualifizierte. Insgesamt verlief seine Karriere aber wechselhafter als die anderer Elite-Spieler. Wang hatte eine fantastische Jugendkarriere. Im Alter von 16 Jahren gewann er das siebte Dubai Open vor dutzenden Großmeistern und Internationalen Meistern, obwohl er selbst noch überhaupt keinen Titel hatte. Er kletterte in die Rangliste und wurde zu einem der Top-Spieler der Welt, aber in seinen 20ern brach seine Karriere regelrecht ein. Bis zu dem oben erwähnten Turnier auf der Isle of Man...
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Biografie ist das Kandidatenturnier noch nicht beendet und Wang hat weiterhin Chancen, der nächste Herausforderer von Weltmeister Magnus Carlsen zu werden.
- Die Anfänge seiner Karrier (1995 bis 2004)
- Das Turnier in Dubai und die Jahre 2005 bis 2011
- Der Sieg in Biel und die Jahre 2012 bis 2014
- Der Einbruch (2015 bis 2018)
- Qualifikation für das Kandidatenturnier (2019 bis 2020)
- Gegenwart und Zukunft
Die Anfänge seiner Karriere (1995 bis 2004)
Wangs Geschichte, wie er zum Schach kam, ist relativ ungewöhnlich. Als er sechs Jahre alt war, wollte er in einem örtlichen Jugendzentrum das Spiel Xiangqi (chinesisches Schach) lernen. Allerdings ist dann der Trainer nicht erschienen und Wang schloss sich stattdessen einer Schachgruppe an. Nur ein Jahr später nahm er schon an seinem ersten Turnier teil.
Bei den Jugend-Weltmeisterschaften 1999 belegte Wang den dritten Platz in der U10-Gruppe. Sein erster Erfolg kam drei Jahre später im Alter von 12 Jahren, als er den Qingdao Zhongfand Cup gewann. Nur drei Monate später spielte er für China an Brett 4 bei der U16-Schacholympiade und gewann Gold. Im folgenden Jahr, 2003, spielte Wang so gut, dass er in nur drei Turnieren 210 Elo-Punkte gewann und sein Rating von 2215 auf 2425 verbesserte. Bei einem dieser drei Turniere, der U14-Gruppe der Jugend-Weltmeisterschaften, gewann er sogar gegen Carlsen.
Im Juli 2004 gewann Wang bei der U16-Schacholympiade mit der chinesischen Nationalmannschaft erneut Gold. Dieses Mal spielte er allerdings auf dem ersten Brett und erzielte 8 von 9 möglichen Punkten. Durch seine Turnierleistung von 2577 gewann er auch die Goldmedaille in der Einzelwertung und noch im selben Monat gewann er in Russland das Jugendturnier Children of Asia.
Das Turnier in Dubai und die Jahre 2005 bis 2011
Bei dem siebten Dubai Open schaffte es Wang erstmals auf die Titelblätter der internationalen Schachzeitungen. Dabei fielen Begriffe wie “schockierend” und “sensationell”, um die Leistung des noch titellosen Chinesen zu beschreiben, denn Wang, der am Tag der 5. Runde seinen 16. Geburtstag feierte, gewann das Turnier von 53 Großmeistern und 30 Internationalen Meistern!
Er erspielte sich 7 von 9 möglichen Punkten und erzielte eine Turnierleistung von 2731. Vor dem Turnier hatte Wang eine Elo von 2484 und trotzdem ließ er eine ganze Reihe von 2600-Großmeistern hinter sich.
Das Jahr 2005 hatte aber gerade erst begonnen. Nachdem er sich auch in der A2-Gruppe des Aeroflot Opens 6.5 von 9 möglichen Punkten erspielt hatte, benötigte er nur noch eine Großmeister-Norm. Diese erspielte er sich bei den Malaysian Open mit einem Ergebnis von 10/11 und einer Leistung von 2843. Und so wurde Wang 2005 Großmeister und hatte die Titel FM und IM kurzerhand übersprungen.
In den darauffolgenden Jahren gelangen Wang mehrere bemerkenswerte Leistungen.
2006 belegte er beim Chinese Men Selective-Turnier den zweiten Platz.
2007 gewann er das GACC-Turnier an der Universität von Malaysia und danach das Auswahlturnier für asiatische Indoor-Spiele. Außerdem wurde er Zweiter bei der Asian Individual Championship und belegte den dritten Platz bei der Junioren-Schachweltmeisterschaft.
2008 führte er China bei der 15. asiatischen Mannschaftsmeisterschaft zu einer Goldmedaille und erhielt für seine Leistung an Brett drei die Goldmedaille für den besten Einzelspieler. Ferner gewann er das Reykjavik Open vor dem punktgleichen Großmeister Hannes Hlifar Stefansson und mit einem halben Punkt Vorsprung auf Fabiano Caruana.
Weitere Höhepunkte in dieser Phase von Wangs Karriere sind der Gewinn des 40. Internationalen Bosna-Turniers im Mai 2010 und der Gewinn der chinesischen Schachmeisterschaft im folgenden Monat, vor den punktgleichen Großmeistern Bu Xiangzhi und Zhou Jianchao. 2011 assistierte Wang Levon Aronian bei der Vorbereitung für das Kandidatenturnier und verhalf mit seiner Leistung China zum Gewinn der Silbermedaille bei der Mannschafts-Weltmeisterschaft. Für seine Turnierleistung von 2854 und sein Ergebnis von 6/9 bekam er dort auch die Goldmedaille im Einzel überreicht.
Der Sieg in Biel und die Jahre 2012 bis 2014
Der Gewinn des Bieler Großmeister-Turniers ist vielleicht der größte Titel seiner bisherigen Karriere.
Wang erspielte sich bei diesem Turnier 19 Punkte (bei diesem Turnier gab es wie im Fußball 3 Punkte für einen Sieg und einen Punkt für ein Remis) und distanzierte damit Carlsen um einen und die Großmeister Hikaru Nakamura und Anish Giri um zwei Punkte.
Im Jänner 2013 hatte Wang den Höhepunkt seiner bisherigen Karriere erreicht. Mit einer Elo von 2752 schaffte er es auf Platz 14 der Weltrangliste und war damit auch die chinesische Nummer 1. Beim Norway Chess 2013 belegte er dann trotz Siegen über Carlsen und Viswanathan Anand nur den siebten Platz, aber das war nur der Auftakt zu einer sehr schwierigen Phase in Wangs Karriere.
Der Einbruch (2015 bis 2018)
In diesen Jahren musste Wang einige schwere Rückschläge verkraften. Nachdem er schon die Top 15 der Welt und eine Elo von über 2750 erreicht hatte, ging es ab jetzt nur noch bergab.
Ende 2015 war seine Elo auf 2700 gefallen und in der Weltrangliste schwankte er zwischen Platz 35 und 47. Anfang 2017 betrug seine Elo dann nur noch 2670 und in der Weltrangliste belegte er Platz 75.
Aber auch in dieser Zeit erzielte er einige Erfolge. Im Dezember 2015 stand er bereits eine Runde vor Schluss als Sieger des Al Ain Classic-Turniers fest und im März 2016 gewann er den sechsten HD Bank Cup mit 8 von 9 möglichen Punkten.
Seit Jänner 2017 geht es mit Wangs Karriere aber wieder aufwärts. In nur einem Jahr verbesserte er seine Elo von 2670 auf 2711. Damit kletterte er wieder auf Platz 37 in der Weltrangliste. Zwei Turniersiege hatten daran einen großen Anteil. Zum einen der Sieg beim Sharjah Masters im April 2017 und zum anderen der Sieg bei den asiatischen Meisterschaften nur einen Monat später.
Im Dezember 2018 hatte es Wang wieder unter die Top 25 der Welt geschafft. Seine Elo betrug jetzt 2730.
Qualifikation für das Kandidatenturnier (2019 bis 2020)
Nachdem Wand den Tiefpunkt seiner Karriere überwunden hatte, schien er Lust auf Mehr bekommen zu haben. Im März 2019 gewann er erneut das HD Bank Turnier.
Man könnte jetzt denken, dass Wang an noch mehr Opens teilnehmen würde, aber das war kaum der Fall. Erst gegen Ende des Jahres sah man den Namen Wang wieder auf der Teilnehmerliste eines Turniers und dort hat er sofort die gesamte Schachwelt überrascht und das FIDE Chess.com Grand Swiss 2019 auf der Isle of Man gewonnen. Bei diesem Turnier waren 154 der stärksten Großmeister der Welt, inklusive Weltmeister Carlsen und so bekannte Namen wie Caruana, Nakamura und Aronian am Start. Seinen Turniersieg hatte er hauptsächlich seinem extrem starken Endspurt zu verdanken. In der vorletzten Runde konnte er gegen Anand mit Schwarz in nur 28 Zügen gewinnen und in der letzten Runde ging er gegen David Howell ebenfalls als Sieger vom Brett.
Dabei hätte Wang um ein Haar an diesem Turnier gar nicht teilgenommen. Chess.com hatte schon berichtet, dass er nach dem FIDE Chess World Cup 2019, bei dem Wang in der dritten Runde gegen Leinier Dominguez Perez ausgeschieden war, sich für ein weiteres Turnier zu erschöpft gefühlt hatte. In einem Interview mit der britischen Tageszeitung The Guardian gab er sogar zu, dass er nach dem Weltcup sogar in Erwägung gezogen hatte, seine Schachkarriere zu beenden.
Trotzdem verblüffte Wang die Schachwelt, indem er nach der 9. Runde die Tabelle vor den besten Schachspielern der Welt, einschließlich Weltmeister Magnus Carlsen, anführte. Der Sieg war auch gleichbedeutend mit einem Startplatz beim FIDE Kandidatenturnier 2020. Damit spielen auch erstmals bei einem Kandidatenturnier 2 Spieler aus dem Reich der Mitte mit: Wang und Ding Liren). Und sollte Wang gewinnen, würde er sogar gegen Magnus Carlsen um die Schachweltmeisterschaft spielen.
Gegenwart und Zukunft
Wang startete mit einem Sieg über Ding in das Kandidatenturnier 2020. Dem Auftaktsieg folgten dann 5 Remis und eine Niederlage gegen Ian Nepomniachtchi. Am 26. März 2020 wurde das Turnier aufgrund der Covid-19-Pandemie unterbrochen. Wang Hao liegt mit 3.5 Punkten auf dem vierten Platz.