Die besten Schachspieler:innen der Welt

GM Paul Keres

Paul Keres
Dutch National Archives.
Vollständiger Name
Paul Keres
Gelebt von
Jan 7, 1916 - Jun 5, 1975 (Alter 59)‎
Geburtsort
Narva, Russisches Kaiserreich
Föderation
Estland

Bio

Paul Keres war fünfmaliger estnischer und dreimaliger sowjetischer Schachmeister. Obwohl er nie um eine Weltmeisterschaft gespielt hat, gilt er als einer der besten Spieler aller Zeiten. Der dritte Platz bei der Schachweltmeisterschaft 1948 war sein größter internationaler Erfolg.

Die Anfänge seiner Karriere

Keres wurde 1916 in der estnischen Stadt Narva (damals im russischen Kaiserreich und später in der Sowjetunion) geboren. Sein Bruder Harald wurde ein bekannter Physiker, aber Pauls Berufung war das Schachspiel. Mit 19 Jahren hatte er seine Fähigkeiten vor allem in Korrespondezpartien schon so weit entwickelt, dass er bereits Estnischer Meister wurde. Ein Beispiel für eine solche Fernschachpartie ist diese Angriffspartie aus dem Jahr 1931, die mit einem malerischen Schachmatt endet:

Der Gewinn der estnischen Meisterschaft im Jahr 1935 war Keres Durchbruch. Danach spielte er bei der Olympiade 1935 an Estlands Brett 1 und wagte sich von dort aus auf die internationale Bühne.

1937 konnte er bei den Turnieren von Tallinn, Margate, Ostende, Prag, Wien und Semmering/Baden den ersten Platz belegen (teilweise geteilt). Den letzten davon gewann er mit einem vollen Punkt Vorsprung auf
 Reuben Fine, Jose Capablanca, Samuel Reshevsky und Salomon Flohr.

Paul Keres
A young Paul Keres around 1938. Wikipedia.

Die Erfolge aus dem Jahr 1937 konnte Keres 1838 sogar noch toppen, indem er das vielleicht stärkste Turnier aller Zeiten gewann. Bei dem in den Niederlanden ausgetragenen AVRO-Turnier spielten neben Fine, Capablanca, Reshevsky und Flohr auch Mikhail Botvinnik, Max Euwe und Alexander Aljechin. Keres verlor keine einzige Partie und konnte gegen Reshevsky, Capablanca und Fine gewinnen. Damit lag er punktgleich mit Fine auf dem ersten Platz, hatte aber die bessere Feinwertung.

Hier ist sein Sieg gegen Fine aus diesem Turnier:

Nach dem AVRO-Turnier hatten Keres und Aljechin ein Match um die Weltmeisterschaft vereinbart, das aber wegen des 2. Weltkriegs nie ausgetragen werden konnte.

Weltmeisterschaft 1948

Obwohl das AVRO-Turnier 1938 stattfand, störte der Zweite Weltkrieg die internationale Schachszene so sehr, dass die nächste Weltmeisterschaft erst ein Jahrzehnt nach dem AVRO-Turnier stattfinden konnte. Da aber der amtierende Weltmeister Aljechin in der Zwischenzeit verstorben war, war das etablierte Matchsystem unhaltbar geworden. Stattdessen organisierte die FIDE, die zwar seit 1924 bestand, aber noch nie zuvor eine Weltmeisterschaft organisiert hatte, ein Turnier.

Von den sechs noch lebenden Spielern des AVRO-Turniers (Capablanca war ebenfalls verstorben) wurden fünf zum Turnier von 1948 eingeladen und vier nahmen daran teil: Keres, Botvinnik, Euwe und Reshevsky.
 Vasily Smyslov nahm Flohrs Platz ein und Fine lehnte eine Teilnahme ab. Das Format war eine Doppelrunde.

World Championship 1948
Keres (vorne in der Mitte) mit den anderen Teilnehmern der Weltmeisterschaft von 1948. Foto: Wikimedia CC0.

Keres begann das Turnier mit 2 Siegen und 2 Niederlagen und erzielte auch im zweiten Viertel des Turniers ein ausgeglichenes Ergebnis, wobei er gegen Smyslov seinen zweiten Sieg feiern konnte und sich Botvinnik zum zweiten Mal geschlagen gegben musst. In den Partien neun bis zwölf gelangen Keres zwei Siege, aber leider war auch ier wieder eine Niederlage gegen Botvinnik dabei.

In den Partien 13-16 lief dann alles gegen Keres. Er besiegte zwar Euwe (der auch abgeschlagen Letzter wurde), verlor aber seine anderen drei Partien und hatte somit alle vier Partien gegen Botvinnik verloren. In der letzten Runde konnte er Botvinnik dann zwar besiegen, aber die Chancen auf den WM-Titel hatte er zu diesem Zeitpunkt bereits verspielt. Mit 8 Siegen, 7 Niederlagen und 5 Remis wurde Keres schließlich gemeinsam mit Reshevsky, einen halben Punkt hinter Smyslov und 3½ Punkte hinter Botvinnik, geteilter Dritter.

Dieses Turnier war Gegenstand vieler Intrigen. Warum hatte Keres nur so viele Probleme gegen Botvinnik? Es gab Gerüchte, dass Keres unter Druck gesetzt wurde, um gegen Botvinnik zu verlieren, aber das wurde niemals bewiesen. Vielleicht wurde Keres auch einfach nur überspielt. Botvinnik behauptete in westlichen Medien, dass ihm zwar angeboten worden war, das Turnier zu manipulieren, sich aber sich geweigert hätte, auf dieses Angebot einzugehen und dass sein Spiel den Unterschied ausgemacht hatte. Im Gegensatz zu Botvinnik, der bis 1995 lebte, hat Keres den Kalten Krieg nicht überlebt und wir werden seine Version der Geschichte wohl nie kennenlernen.

Kandidatenturniere

Nachdem die FIDE einen dreijährigen Meisterschaftszyklus für Interzonen- und Kandidatenturniere beschlossen hatte, war Keres dort regelmäßig präsent. Leider verpasste er aber die Weltmeisterschaft gleich mehrmals nur sehr knapp.

1962 kam er einem Duell um die Weltmeisterschaft am nächsten und belegte mit nur einem halben Punkt Rückstand auf Sieger
 Tigran Petrosian den zweiten Platz. Das war sein vierter zweiter Platz in Folge und der, mit dem knappsten Rückstand (bei den vorherigen drei Turnieren lag er jeweils 1½ Punkte hinter dem Sieger).

Paul Keres bei den Kandidatenturnieren 1950-65:

Jahr

Platz

Ergebnis

Sieger

1950

4

+3 -2 =13 (9.5/18)

Bronstein (12 Punkte)

1953

2

+8 -4 =16 (16/28)

Smyslov (18 Punkte)

1956

2

+3 -1 =14 (10/18)

Smyslov (11.5 Punkte)

1959

2

+15 -6 =7 (18.5/28)

Tal (20 Punkte)

1962

2

+9 -2 =16 (17/27)

Petrosian (17.5 Punkte)

1965

Viertelfinale

+2 -4 =4

Spassky

Beim Kandidatenturnier 1962 remisierten Keres, Petrosian und Efim Geller alle Partien gegeneinander und Bobby Fischer warf ihnen vor, die Ergebnisse abgesprochen zu haben. Basierend auf Berichten von Yuri Averbakh und anderen scheint diese Unterstellung auch zu stimmen. Es wird spekuliert, dass Keres Alter dabei eine Rolle gespielt haben könnte (er war damals 46) und er sich Kraft für die Partien gegen die anderen Teilnehmer sparen wollte. Hätte Keres jedoch in diesen Partien aggressiver gespielt, hätte er sich vielleicht das Recht erspielt, gegen Botvinnik um die Weltmeisterschaft zu spielen.

Aufgrund dieser Kontroverse wurde das Format des Kandidatenturniers ab 1965 auf einen KO-Modus umgestellt und Keres beendete seine Serie von Top-2-Platzierungen und verlor sein Viertelfinale gegen Geller.

Die später Karriere

Das Kandidatenturnier von 1965 war das Letzte in Keres Karriere. Er spielte aber bis zu seinem Tod auf hohem Niveau (und erfolgreich) weiter.

Das letzte Turnier seines Lebens spielte er in Vancouver, Kanada. Mit dem Siegerpokal im Gepäck starb er auf der Heimreise von diesem Turnier an einem Herzinfarkt. Es war der 5. Juni 1957. Keres wurde nur 59 Jahre alt. Sein Bruder Harald, der Physiker, verstarb im Jahr 2010 im Alter von 98 Jahren).

Vermächtnis

Keres war von seiner Siegesserie im Jahr 1937 bis zu seinem Beinahe-Sieg beim Kandidatenturnier von 1962 und sogar im Jahrzehnt danach einer der besten Spieler der Welt. Er spielte gegen zehn Weltmeister, besiegte neun davon und hielt gegen drei eine positive und gegen drei weitere eine ausgeglichene Bilanz. Selbst ist er aber nie Weltmeister geworden.

Paul Keres stamp
1991 wurde Keres auf einer sowjetischen Briefmarke verewigt. Wikimedia.

Stilistisch gesehen begann Keres bereits als Teenager als Angriffsspieler. Das blieb auch während seiner gesamten Karriere seine Hauptstärke, aber nur mit dieser Fähigkeit hätte nicht so viele Erfolge erzielen können. (Siehe zum Beispiel seinen Sieg über Fine bei AVRO-Turnier.) Dennoch zeigen seine denkwürdigsten Partien, wie die Vernichtung von Laszlo Szabo im Jahr 1955, immer wieder seine vielfältigen Ideen im Angriff.

Keres war auch ein erfolgreicher Schachautor, der 1972 das Buch Grandmaster of Chess und als Co-Autor von Alexander Kotov das Buch The Art of the Middle Game verfasste.

In Estland ist Keres nach wie vor eine bekannte und beliebte Persönlichkeit - und das aus gutem Grund. In Tallinn (und Vancouver) wird jedes Jahr ein Turnier zu seinem Gedenken gespielt, damit die Karriere und Partien von Paul Keres nie vergessen werden.

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