GM Mikhail Tal
Bio
Michail Tal wurde 1936 in Riga geboren. Später sollte er wegen seiner einzigartigen taktischen Fähigkeiten als "Magier von Riga" bekannt werden. Dank dieser Fähigkeit gewann er zahllose Partien, ganz zu schweigen von der Weltmeisterschaft 1960.
Sein schlechter Gesundheitszustand, der zum größten Teil auf seinen Lebensstil, der von Rauchen und Trinken geprägt war, zurückzuführen war, kostete ihm 1992 sein Leben. Michail Tal wurde nur 55 Jahre alt. Zuvor hinterließ er aber unauslöschliche Spuren in der Schachwelt und das nicht nur wegen seiner Erfolge am Brett, sondern auch durch seine Persönlichkeit und seine Bücher. Seine Autobiografie, die er 1975 geschrieben hatte, The Life and Games of Mikhail Tal, wird als ein Klassiker angesehen. Alle unten aufgeführten Zitate stammen aus der 1997 erschienenen Ausgabe von "Everyman Chess" von The Life and Games of Mikhail Tal.
- Frühe Jahre
- Weltmeisterschaft 1960
- Weltmeisterschaft 1961
- Die 1960er Jahre
- Die 1970er Jahre
- Das Ende der aktiven Karriere
- Nachlass
Die frühen Jahre
Tal begann seine Autobiografie damit, dass er die erste Schachpartie seines Lebens mit einer Grippe verglich, bevor diese ihre Symptome zeigt. Eine seltsame Metapher, zu der vielleicht nur Tal fähig war. Er meinte, dass nach dem Spielen (und dem Verlieren) der ersten Partie nichts im Leben anders zu sein scheint, aber dass man nach ein paar Siegen "unfreiwillig zu spüren beginnt, dass ohne Schach etwas in seinem Leben fehlt" und schon "gehört man zu dieser Gruppe von Menschen ohne natürliche Immunität gegen die Schachkrankheit. “
Tal erinnerte daran, dass „ich in den sechs Jahren, in denen ich bei Jugendveranstaltungen teilnehmen durfte, vom letzten bis zum ersten Brett in unserem Team aufgestiegen bin.“ Dieser rasante Aufstieg in der lettischen Schachszene setzte sich fort, nachdem Tal keine Jugendveranstaltungen mehr bestreiten durfte und gipfelte mit seiner ersten lettischen Meisterschaft 1953, die mit 12 Siegen, 2 Niederlagen und 5 Remis gewann.
Mit 9 Siegen, 2 Niederlagen und 10 Remis gewann Tal dann 1957, vor Spielern wie Paul Keres, David Bronstein, Boris Spassky, Viktor Korchnoi und Tigran Petrosian die erste von sechs Sowjetischen Meisterschaften.
1958 verteidigte er diesen Titel, aber es sollte nicht seine größte Errungenschaft in diesem Jahr bleiben, denn Tal gewann auch noch das Interzonenturnier in Jugoslawien, bei dem sich die sechs erstplatzierten für das Kandidatenturnier 1959, das ebenfalls in Jugoslawien ausgetragen wurde, qualifizierten. Tal gewann das Kandidatenturnier mit 1.5 Punkten Vorsprung (16 Siege, 4 Niederlagen, 8 Remis) und erzielte dabei auch gegen ein 16-jähriges Talent namens Bobby Fischer 4 von 4 möglichen Punkten. Damit durfte er im Jahr darauf gegen Mikhail Botvinnik um die Weltmeisterschaft spielen.
Die Weltmeisterschaft 1960
Tal gewann die erste Partie überzeugend in nur 32 Zügen gegen Botvinniks favorisierte Französische-Verteidigung. Tal erinnerte sich später daran, dass er und sein Trainer Alexander Koblents richtig vermuteten, dass Botvinnik die Winawer-Variante spielen würde. Trotz einer Neuerung von Botvinnik betrachtete sich Tal als "gut vertraut mit dem Charakter der Stellung", was sich in der Partie auch zeigte.
Die nächsten vier Partien endeten Remis, aber dann konnte Tal wieder 2 Partien in Folge gewinnen. Im 21. Zug der 6. Partie spielte Tal sein unvergessliches Springeropfer. Tal selbst nannte den Zug "gut, weil alle anderen Fortsetzungen schlecht sind".
Daraufhin konnte Botvinnik seinerseits 2 Partien gewinnen und hielt dadurch die Weltmeisterschaft weiterhin spannend. Es sollten aber seine letzten Siege in diesem Wettbewerb bleiben und Tal gewann den Titel durch Siege in den Partien 11, 17 und 19. In der 17. Partie spielte Tal den Zug, den er selbst als den denkwürdigsten Zug der Weltmeisterschaft bezeichnete: 12. f4. Tal gab die offensichtlichen Nachteile dieses Zuges zu, dachte aber, dass er Botvinnik aus der Bahn werfen würde und dass er ihm einen Vorteil bringen könnte, wenn es ihm gelingt die Stellung zu öffnen, damit sein Läuferpaar seine ganze Kraft entfalten kann.
Nachdem er Partie Nummer 19 gewonnen hatte, benötigte Tal nur noch 2 Remis zum Titel, welche er sich in den Partien 20 und 21 sicherte. Damit war Tal der jüngste Weltmeister aller Zeiten. Ein Rekord, der erst 1985 von Garry Kasparov gebrochen wurde.
Die Weltmeisterschaft 1961
Zu dieser Zeit hatte Botvinnik noch das Recht, einen Rückkampf zu fordern. Dieser Rückkampf wurde zu einem wahren Blutbad, bei dem es in 21 Partien nur 6 Remis gab (vergleicht das mal mit der WM zwischen Carlsen und Caruana!). Tal konnte die 8. Partie gewinnen und mit 4 ½ - 3 ½ in Führung gehen, aber Botvinnik gewann darauf 3 Partien in Serie. In den nächsten 9 Partien konnte dann jeder Spieler 3 Siege verbuchen, bevor Botvinnik Partie Nummer 21 und damit auch die Weltmeisterschaft gewann.
Obwohl Tal mit 24 Jahren 1961 noch nicht einmal halb so alt wie sein Gegner war (Botvinnik war bereits 50), war es der Lette, der während dieser WM mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte, denn schon damals waren seine Nieren nicht in der besten Verfassung. Tal ließ dies aber nicht als Ausrede gelten und machte alleine Botvinniks verbesserten Spielstil, auf den Tal nicht vorbereitet gewesen war, für seine Niederlage verantwortlich.
Die 1960er Jahre
Tal qualifizierte sich nie wieder für eine Weltmeisterschaft - aus dem Kandidatenturnier 1962 musste er sich aus gesundheitlichen Gründen zurückziehen - blieb aber in den sechziger Jahren eine dominierende Kraft im Weltschach. Dies gilt insbesondere für das Jahr 1964, als Tal internationale Turniere in Hastings, Reykjavik und Kislovodsk gewann.
Außerdem erreichte er beim Interzonenturnier in Amsterdam 1964 den geteilten ersten Platz und qualifizierte sich damit für das Kandidatenturnier, bei dem ein Herausforderer für den neuen Weltmeister Tigran Petrosian gesucht wurde. Tal besiegte in den ersten beiden Runden Lajos Portisch mit 5 ½ - 2 ½ und Bent Larsen mit 5 ½ - 4 ½. Jetzt musste er nur noch Boris Spassky besiegen, um erneut um die Weltmeisterschaft spielen zu können.
Leider ging dieses Duell aber an Spasski (Tal gewann eine Partie, Spasski 4 und 6 Partien endeten mit einem Remis). Tal verlor dabei die letzten 3 Partien in Serie und schrieb in seiner Autobiografie, dass er sich in Partie Nummer 9 hinreißen hat lassen, in Partie Nummer 10 einfach und schlecht und ungenau gespielt habe und Spassky in der 11. Partie die beste Partie des Turniers gespielt hatte. Petrosian sollte dann 1966 seinen Titel gegen Spassky verteidigen.
Als Finalist des Kandidatenturniers von 1966 war Tal automatisch für das Kandidatenturnier 1969 qualifiziert und musste nicht beim Interzonenturnier antreten. Dort besiegte er Svetozar Gligorić im Viertelfinale, verlor aber das Halbfinale knapp gegen Viktor Korchnoi (1 Sieg, 2 Niederlagen, 7 Remis). Mit einem Sieg in der 10. Partie hätte Tal noch ein Playoff erzwingen können:
Später schrieb er, dass er die Partie sehr ruhig begann. "Da ein Remis einer Niederlage gleichkommen würde, wollte ich kein unnötiges Risiko eingehen." Um den 30. Zug herum, kamen allerdings die Nerven ins Spiel, denn er dachte daran, dass er in den Playoffs einen psychologischen Vorteil haben würde. Und dann machte Tal eines der wenigen Bauernopfer in seinem Leben, das nicht funktionierte: 32...g5. Danach war die Partie nicht mehr zu gewinnen und Tal war ausgeschieden. Korchnoi verlor dann das Finale gegen Spassky, der auch Petrosian im WM-Finale besiegen sollte.
Später im Jahr 1967 gewann Tal dann noch zusammen mit Lev Polugaevsky zum dritten Mal die sowjetische Meisterschaft.
Die 1970er Jahre
In den 1970er Jahren gewann Tal seine letzten 3 Sowjetmeisterschaften. 1972 alleine, 1974 teilte er sich den Titel mit Alexander Beliavsky und 1978 mit Vitaly Tseshkovsky.
Tal nahm weder 1972 beim Kandidatenturnier, das Bobby Fischer gewann, noch 1975 beim Kandidatenturnier, das Anatoly Karpov als Sieger hervorbrachte, teil. Beim Interzonenturnier 1976 in Biel wurde er zwar Vierter, aber mittlerweile qualifizierten sich nur noch die ersten 3 für das Kandidatenturnier.
Dennoch konnte Tal auch in den 1970er Jahren erfolge feiern. Neben den sowjetischen Meisterschaften hatte er zwei Serien von 86 und 95 Partien ohne Niederlage. Der letzte Rekord wurde erst 2018 von Ding Liren gebrochen.
Das Ende der aktiven Karriere: Die 1980er und 90er Jahre
"Es hat nicht sein sollen" beschreibt Tals Versuche, sich für die Weltmeisterschaften 1984, 1987 und 1990 zu qualifizieren. Beim Interzonenturnier 1982 in Moskau wurde er hinter Kasparov und Beliavsky Dritter, aber jetzt qualifizierten sich nur noch 2 Spieler für das Kandidatenturnier. Der dritte Platz beim Interzonenturnier 1985 in Taxco genügte zwar dann wieder für die Qualifikation zum Kandidatenturnier, dort schied Tal jedoch als Fünfter in der Vorrunde aus. Seinen letzten Versuch auf den Weltmeistertitel unternahm Tal 1987 beim Interzonenturnier in Subotica, wo ihm allerdings Platz 4 nicht für die Qualifikation genügte.
Aber selbst, als sich Tals Karriere bereits dem Ende zuneigte, produzierte er noch magische Momente wie in dieser Partie aus dem Jahre 1987 gegen den Isländer Johann Hjartarson.
1988 feierte Tal mit dem Gewinn der Blitz-Weltmeisterschaft seinen letzten bemerkenswerten Turniersieg. Bevor die Blitz-WM zu einem festen Bestandteil des Schachkalenders wurde, wurde sie als K.O.-Turnier für 32 Spieler gespielt. Er traf dabei weder auf Karpov, der in der zweiten Runde ausschied, noch auf Kasparov, für den im Viertelfinale Endstation war. Tal besiegte Artur Jussupow im Viertelfinale mit 3 : 0, Alexander Chernin im Halbfinale mit 2.5 : 1.5 und gewann das Finale gegen Rafael Vaganian mit 3.5 : 1.5.
Nachlass
Noch einen Monat vor seinem Tod nahm Tal an einem Blitzturnier in Moskau teil, bei dem er hinter Kasparov und Bareev Dritter wurde. Als er am 28. Juni 1992 in einem Moskauer Krankenhaus seinem Nierenleiden erlag, sagte der amerikanische Großmeister Robert Byrne der New York Times: "Es klingt banal, aber nur wenige lieben das Spiel so sehr wie er. Man konnte es einfach sehen. Einige Spieler betrachten Schach als Arbeit. Dieser Mann liebte Schach."
Partien wie die sechste Partie im Duell gegen Botvinnik im Jahr 1960 oder das Opfer gegen Hjartarson im Jahr 1987 sind Beispiele dafür, dass Tals Taten auf dem Brett für immer in Erinnerung bleiben werden. In der 2004er-Version des Mammutbuchs der größten Schachpartien der Welt sind von keinem Spieler mehr Partien abgedruckt, als von Tal.
Er war "nur" ein Jahr lang Weltmeister, aber sein ganzes Leben lang ein großartiger Spieler. Tal war ein großartiger Spieler und eine noch größere Persönlichkeit und wird mit Sicherheit niemals vergessen werden.