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Keymer und Svane erzielen beim Weltcup fantastische Siege mit Schwarz
Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Keymer und Svane erzielen beim Weltcup fantastische Siege mit Schwarz

Merlin2017
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Beim FIDE Weltcup 2023 lichtet sich das Teilnehmerfeld. Im Open hat sich das Teilnehmerfeld von einst 206 Spielern auf 64 reduziert und bei den Damen sind nur noch 32 der einst 103 Spielerinnen am Start.

Die Heimreise angetreten haben bereits so illustre Namen wie Alexander Grischuk, Shakhriyar Mamedyarov, Nodirbek Abdusattorov, Kateryna Lagno oder Gunay Mammadzada und auch das Trio aus Österreich um Markus Ragger sucht bereits auf der Webseite der Air Austria nach Flugtickets von Baku nach Wien.

Heute fiel aber der Startschuss zur dritten Runde und die 6 letzten Mohikaner der deutschsprachigen Schachverbände spielten grandioses Schach und errangen bis auf eine Ausnahme extrem starke Siege oder legten mit soliden Remis den Grundstein für die Rückkämpfe.

Diese Rückkämpfe der dritten Runde beginnen morgen, am Sonntag, dem 6. August, um 13:00 Uhr.

So könnt Ihr zusehen:

Wir übertragen alle Runden über die deutschsprachigen Chess24-Kanäle auf Twitch und Youtube, mit fachmännischen Kommentaren verschiedener deutscher Schachlegenden.

Alle Partien des gesamten Turniers findet Ihr auf unseren Eventseiten für das Open und die Damen. Hier seht Ihr die Aufzeichnung der Übertragung vom Samstag:
Kommentator: GM Ilja Zaragatski

Der FIDE Weltcup 2023 wird in einem K.-o.-Format gespielt im Match-Modus gespielt. Es gibt also einen Turnierbaum, wie man ihn aus Wimbledon oder der K.-o.-Phase einer Fußball-WM kennt und mit jedem Sieg kommt man dem Finale einen Schritt näher.

Die einzelnen Duelle gehen aber nicht wie im Tennis oder im Fußball über ein Spiel, sondern über 2 Partien, die an 2 aufeinanderfolgenden Tagen gespielt werden.

Da der komplette Turnierbaum noch zu umfangreich ist, um ihn komplett abzubilden, haben wir das Open in 2 Hälften unterteilt. Bei den Damen sind übrigens sowohl Großmeisterin Elli Pähtz als auch die Schweizer Titelverteidigerin Alexandra Kosteniuk in der oberen Hälfte und würden im Halbfinale aufeinandertreffen.

Obere Hälfte (mit Carlsen, Nepomniachtich, Keymer, Rasmus Svane und Blübaum)

Untere Hälfte (mit Caruana, Nakamura und Donchenko)

Damen (mit Elisabeth Pähtz und Alexandra Kosteniuk)


Also kommen wir zu den heutigen Partien:

Obere Hälfte

Amin Tabatabei - Vincent Keymer 0:1

Die deutsche Nummer 1, Vincent Keymer, bekam es mit der iranischen Nummer 2, Amin Tabatabei, zu tun. Der 22-jährige Teheraner reiste mit einer Elo von 2689 in Gepäck nach Baku, hatte in der ersten Runde ein Freilos und besiegte in der zweiten Runde den chilenischen Großmeister Pablo Salinas Herrera souverän mit 1.5: 0.5.

Gegen Keymer entschied sich der Iraner mit Weiß für das London System und wie in dieser Eröffnung üblich entwickelte sich daraus ein langes und zähes technisches Duell, das aber bis zur Zeitnotphase stets ausgeglichen blieb.

Als die Bedenkzeit immer weniger wurde, bekamen wir aber einen erbitterten Kampf zu sehen. Beide Spieler lieferten sich wilde Schlagabtäusche, aber da der Mainzer stets die Aktivität auf seiner Seite hatte, zwang er Tabatabei zu Fehlern. Obwohl Vincent nach dem Zug 64...Td7 einen sehr schönen Sieg verpasste, lieferte er danach eine Demonstration seiner Technik ab und zeigte, wie man ein theoretisch gewonnenes Endspiel mit Dame gegen Turm auch in der Praxis gewinnt:

"The Big Greek" Georgios Souleidis hat diesen großartigen Sieg von Vincent Keymer bereits für uns analsiert:

Wer jetzt noch schnell Zeit hat könnte das Video ja direkt auf YouTube aufrufen und ihm ein "like" geben. Das würde TBG ganz sicher freuen.

Durch diesen Sieg hat sich Vincent für den morgigen Rückkampf die bestmögliche Ausgangslage erspielt, denn ihm reicht bereits ein Remis zum Einzug in die vierte Runde - und er hat die weißen Figuren.

Vincent Keymer. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Tin Jingyao - Rasmus Svane 0:1

Auch Rasmus Svane machte einen riesigen Schritt in Richtung Runde 4, denn er konnte gegen den 23-jährigen Mamedyarov-Bezwinger Tin Jingyao mit den schwarzen Figuren gewinnen.

Obwohl Rasmus nach 30 Zügen eine wirklich nicht erstrebenswerte Stellung mit einem miserablen Läufer gegen einen bombastischen Springer und nur noch 2 Minuten auf der Uhr hatte, war es der Großmeister aus Singapur, der völlig den Überblick verlor. In seinen 34. Zug investierte er 10 seiner 12 Minuten Bedenkzeit und übersah dennoch ein Läuferopfer, das Rasmus den Tag gerettet hätte. Da aber ein Fehler nur selten alleine kommt, geriet Jingyao schnell vom Regen in die Traufe und nach nur 42. Zügen gratulierte er Rasmus zum Sieg.

Damit reicht Rasmus morgen mit Weiß ein Remis zum Weiterkommen.

Rasmus Svane. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Matthias Blübaum - Vidit Gujrathi 0.5:0.5

Im Allgemeinen wird Vidit als eines der unzähligen indischen Schachtalente bezeichnet, dabei ist der Großmeister aus der indischen Millionenstadt Nashik bereits 28 Jahre alt und seit Jahren in der Weltspitze etabliert. In der zweiten Runde bei diesem Weltcup hatte er aber gegen Dimitrios Mastrovasilis, dem Bezwinger von Felix Blohberger, große Probleme und konnte sich erst im 3. Tiebreak mit einer Bedenkzeit von 5+3 durchsetzen.

Wie gut er wirklich ist zeigte er heute in seiner Partie gegen Matthias Blübaum. In einem Endspiel mit 5 gegen 5 Bauern und jeweils einer Dame, einem Turm und einem Springer fand er ein geschicktes Manöver nach dem anderen und schaffte es zuerst, die weiße Bauernmehrheit am Damenflügel zu eliminieren und dann mit einem Mehrbauern am Königsflügel selbst Druck aufzubauen. Am Ende war es der Deutsche, der mit Weiß um ein Remis kämpfen musste.

Morgen mit Schwarz steht Matthias aber ein sehr schwerer Arbeitstag bevor.

Vidit Gurathi. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Untere Hälfte

Parham Maghsoodloo - Alexander Donchenko 1:0

Dieses Match ist der zweite Teil des deutsch iranischen Duells, denn auch Alex Donchenkos Gegner Parham Maghsoodloo kommt aus dem Iran und ist seit dem Verbandswechsel von Alireza Firouzja sogar die Nummer 1 des Landes. In der zweiten Runde hatte er den 18-jährigen aserbaidschanischen Großmeister Aydin Suleymanli souverän mit 1.5:0.5 besiegt.

Kommentator Zaragatski wies schon zu Beginn der Partie darauf hin, dass Maghsoodloo des Öfteren aus der Eröffnung in zweifelhafte Stellungen gerät, aus denen er sich dann irgendwie herauswindet und am Ende gewinnt. Leider sollte sich dieser Hinweis als Prophezeiung entpuppen, denn genau das ist in dieser Partie passiert:

Alexander hat aber morgen ab 13:00 Uhr die Chance, mit den weißen Steinen zurückzuschlagen.

Parham Maghsoodloo. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Damen

GM Elisabeth Pähtz - IM Bibisara Assaubayeva 0.5:0.5

Elisabeths Gegnerin Bibisara Assaubayeva wurde 2021 im Alter von nur 17 Jahren völlig überraschend Vize-Weltmeisterin im Blitzschach und nur 2 Tage später Weltmeisterin im Schnellschach! Eine fast noch größere Überraschung war dann, dass sie ihren Titel 2022 verteidigen konnte und somit ist die 19-jährige Kasachin als amtierende Weltmeisterin in Schnellschach nach Baku gereist und hat sich für das Duell gegen die deutsche Nummer 1 passenderweise durch einen Sieg im Schnellschach-Tiebreak über WGM Qianyun Gong qualifiziert.

In der Partie fand Elli dann kein adäquates Mittel, um die königsindische Verteidigung ihrer jungen Gegnerin zu überwinden. Am Ende versuchte sie noch einen durchaus sehenswerten Trick. Elli opferte einen Bauern und hätte die Kasachin versucht, ihren Mehrbauern zu halten, hätte sie die Partie verloren. Assaubayeva durchschaute den Trick, gab den Mehrbauern zurück und danach war das Remis unvermeidlich.

Wird Elli morgen versuchen mit Schwarz zu gewinnen, um einen Schnellschach-Tiebreak gegen die Schnellschach-Weltmeisterin zu vermeiden? Das heutige Ergebnis könnte zu einer extrem spannenden Partie führen.

Bibisara Assaubayeva. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

IM Teodora Injac - GM Alexandra Kosteniuk 0.5:0.5

Alexandra Kosteniuk bekam es mit der 23-jährigen Serbin Teodora Injac zu tun. Die 23-jährige Internationale Meisterin aus Belgrad erspielte sich im Jahr 2017 eine Elo von 2017 und hat diese Zahl seitdem kontinuierlich jedes Jahr um 20 Punkte gesteigert. Die logische Konsequenz ist, dass sie jetzt, 6 Jahre später, mit einer Elo von 2420 nach Baku gereist ist. In der ersten Runde besiegte sie die Kirgisin Nurai Sovetbekova locker mit 2:0 und in der zweiten Runde IM Sophie Milliet aus Frankreich souverän mit 1.5:0.5.

Vielleicht zeigte die Serbin zu viel Respekt vor der 12. Weltmeisterin, denn in einer absolut harmlosen Eröffnung verbrannte sie unendlich Zeit. Nach 10 Zügen hatte sie bereits 30 Minuten nachgedacht und trotzdem hatte Schwarz die angenehmere Stellung, in der sich viele Züge von alleine spielten.

Kosteniuk konnte aus ihrem Zeitvorteil aber nie Profit schlagen. Zum einen war die Stellung nicht wirklich kompliziert und zum anderen spielte ihre Gegnerin auch richtig gut und die logische Konsequenz war ein relativ ereignisloses Remis:

Der Chess.com Coach meint zu dieser Partie:


Morgen mit Weiß wird Kosteniuk die Serbin sicher vor größere Probleme stellen.

Teodora Injac. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Der FIDE Weltcup 2023 ist ein K.-o.-Turnier im Matchformat. Jedes Match besteht aus zwei klassischen Partien und sollte es danach Unentschieden stehen, entscheidet ein Schnellschach-Tiebreak über das Weiterkommen. Der Damen-Weltcup läuft bis zum 21. August und das Open bis zum 24. August. Insgesamt gibt es in Baku 2.5 Millionen US-Dollar zu gewinnen.


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