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Elli Pähtz wirft Weltmeisterin Ju Wenjun aus dem Weltcup - Keymer verliert gegen Carlsen
Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Elli Pähtz wirft Weltmeisterin Ju Wenjun aus dem Weltcup - Keymer verliert gegen Carlsen

Merlin2017
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Jede Runde des FIDE Weltcups 2023 wird über einen Zeitraum von drei Tagen ausgetragen. An den ersten beiden Tagen spielen die Kontrahenten jeweils eine klassische Partie und wenn es nach diesen beiden Partien 1:1 Unentschieden steht, entscheidet ein Stichkampf am dritten Tag über das Weiterkommen. Genau diese Stichkämpfe der vierten Runde waren heute zu absolvieren und uns hat dabei natürlich besonders das Abschneiden der drei deutschen Spieler, Vincent Keymer, Rasmus Svane und Elisabeth Pähtz interessiert.

Vincent Keymer lieferte Magnus Carlsen einen großen Kampf und Rasmus Svane dem chinesischen Super-GM Wang Hao einen noch größeren, am Ende mussten sich beide geschlagen geben. Elisabeth Pähtz hingegen gelang die Sensation und sie konnte die amtierende Weltmeisterin Ju Wenjun besiegen.

Damit steht Elli Pähtz im Viertelfinale und das beginnnt morgen, am Samstag, dem 12. August, um 13:00 Uhr.

So könnt Ihr zusehen:

Wir übertragen alle Runden über die deutschsprachigen Chess24-Kanäle auf Twitch und Youtube, mit fachmännischen Kommentaren verschiedener deutscher Schachlegenden.

Alle Partien des gesamten Turniers findet Ihr auf unseren Eventseiten für das Open und die Damen. Hier seht Ihr die Aufzeichnung der Übertragung vom Freitag.
Kommentator: GM Ilja Zaragatski

Das Format dieser Stichkämpfe hört sich kompliziert an, ist aber eigentlich ganz einfach. Die Spieler spielen zuerst 2 Partien mit einer Bedenkzeit von 25+10 und sollte dann noch keine Entscheidung gefallen sein, geht es so weiter:

Sehen wir uns aber choronologisch an, was heute passiert ist:

1. Runde / Bedenkzeit 25+10

1. Runde / Die zweiten Partien

2. Runde / Bedenkzeit 10 + 10

2. Runde / Die zweiten Partien

3. Runde / Bedenkzeit 5 + 3

3. Runde / Die zweite Partie

Sudden Death

1. Runde / Bedenkzeit 25 + 10

In der ersten Runde mussten alle 3 deutschen Cracks mit den schwarzen Steinen antreten und hatten natürlich das Ziel, zuerst mal nicht zu verlieren.

Elisabeth Pähtz gelang das am schnellsten. In einem abgelehnten Damengambit wählte Ju Wenjun zuerst einen extrem aggressiven Aufbau, aber dann verlies die Weltmeisterin der Mut und sie tauschte zuerst das einige Leichtfiguren und wiederholte dann die Züge.

Ebenfalls wie gestern legte Rasmus Svane mit einem absolut faszinierenden Remis nach. Aus einer Nimzo-Indischen Verteidigung heraus opferte er im 16. Zug einen Läufer und Wang Hao entschied sich, die Figur nur 2 Züge später zurückzugeben. Wieder 2 Züge später opferte dann der Chinese seinen Läufer und weil Rasmus das Opfer nicht annehmen wollte, musste er mit einem Minusbauern weiterspielen.

Danach gewann Rasmus den Bauern zwar zurück, aber mittlerweile hatten die Spieler eine Stellung erreicht, in der die Qualität der Bauern und nicht mehr die Quantität entscheidend war und Rasmus musste seinen Springer für einen weißen Freibauern opfern. Zum Glück konnte er dabei einen weiteren Bauern gewinnen und somit war ein Endspiel Turm + Springer + Bauer gegen Turm und 3 Bauern erreicht. Als sich die Spieler dann nach 64. Zügen auf ein Remis einigten, zeigte die Engine eine schier unglaubliche Zuggenauigkeit an. Jedes einzelne Opfer war also korrekt und selbst das komplizierte Endspiel haben beide Spieler perfekt gemeistert! Chapeau an beide!

Rasmus Svane (links) und Wang Hao. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Und schließlich nahm auch die Partie von Vincent Keymer einen ähnlichen Verlauf wie gestern. Wieder erspielte sich Carlsen eine hervorragende Stellung und Kommentator Ilja Zaragatski fand einen treffenden Kommentar:

Vincent hat das Pech gegen so eine Maschine spielen zu müssen

Zu allem Überflüss hatte Carlsen dann nicht nur die klar bessere Stellung sondern auch noch einen riesigen Vorsprung auf der Uhr.

Im großen Gegensatz zu gestern war die Stellung aus Sicht des Norwegers aber viel schwerer zu gewinnen und es zeigte sich, dass er doch keine Maschine ist. Ein ungenauer Zug von Carlsen genügte Vincent, um die Stellung Remis halten zu können:

Somit hatten alle 3 deutschen ihr Ziel erreicht und ihre Schwarzpartien Remis gehalten.

Rückkämpfe

Jetzt hatten unsere Cracks also die Chance, mit einem Sieg mit Weiß in die nächste Runde einzuziehen und Elli Pähtz packte diese Chance direkt beim Schopf. Sie überraschte die Weltmeisterin mit einem Jobava-London und erspielte sie sich eine sehr gute Stellung, in der sich die Chinesin auch überhaupt nicht zurechtfand. Elli hingegen fand einen großartigen Zug nach dem nächsten und die Ju Wenjun geriet immer mehr unter Druck, unter dem sie schließlich zusammenbrach.

Damit stand Elisabeth Pähtz im Viertelfinale und unsere beiden Herren waren noch am spielen!

Elisabeth Pähtz. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Wer nach dem faszinierenden Kampf in der ersten Partie zwischen Rasmus Svane und Wang Hao auf einen ähnlich spannenden Kampf gehofft hatte, wurde bitter enttäuscht. Bereits nach 24 Zügen war die Luft, die eigentlich nie in der Stellung war, völlig aus der Stellung entwichen und die Spieler einigten sich darauf, die Entscheidung im 10+10 herbeizuführen.

In der zweiten Partie des Tages zwischen Vincent Keymer und Magnus Carlsen kam es zu der seltenen Konstellation, dass der Deutsche mit 2 Läufern gegen 2 Springer spielen konnte. Der Norweger schaffte es aber, ein Endspiel zu erreichen, in dem sein Springer dem weißen Läufer überlegen war. Das Endspiel war aber extrem kompliziert und der Bewertungsbalken sprang gleich mehrmals zwischen Sieg Carlsen und Remis hin und her. Zum Glück für den Mainzer blieb er am Ende auf 0.00 stehen.

Damit mussten beide deutsche Großmeister in die "Verlängerung der Verlängerung".

2. Runde / Bedenkzeit 10 + 10

Vincent Keymer wurden für die erste Partie die weißen Figuren zugelost, aber er konnte sich zu keinem Zeitpunkt einen Vorteil erspielen und die Partie endete nach 44. Zügen Remis.

Vincent Keymer. Foto: Maria Emelianova/Chess.com



Rasmus Svane hingegen musste mit Schwarz beginnen und nach 23. Zügen hatte er seine bislang größte Chance des gesamten Matches auf dem Brett. Wer findet den Zug, den Rasmus übersehen hat?

Schwarz am Zug erspielt sich einen riesigen Vorteil

Leider hatte aber Rasmus dieses geniale Opfer nicht gesehen und so endete auch die insgesamt fünfte Partie zwischen den beiden Remis.

Immerhin durfte aber Rasmus in der jetzt anstehenden sechsten Partie wieder mit Weiß spielen.

Rückkämpfe

Diesmal bekam Rasmus Svane seine riesige Chance nicht serviert, sondern er hatte sie sich ehrlich erspielt. Leider ließ er sich aber in einer klar vorteilhaften Stellung vom Gegenspiel des Chinesen einschüchtern und nach einem defensiven Zug war die Stellung nur noch etwas und nicht mehr klar besser. Einige Züge später hatte er nochmal die Chance auf ein klar vorteilhaftes Damenendspiel, aber in der Kürze der Zeit war es natürlich unmöglich zu erkennen, ob das komplizierteste aller Endspiele zu gewinnen ist oder nicht. Rasmus verzichtet darauf und behielt die Türme auf dem Brett. Nur 2 Züge später konnte Wang Hao dann einen Damentausch forcieren und das resultierende Turmendspiel war, wie fast alle Turmendspiele, Remis.

In der sechsten Partie gegen Magnus Carlsen geriet Vincent Keymer mit den schwarzen Steinen erneut unter Druck. Zunächst hatte es zwar den Anschein, als ob er diesem Druck wieder einmal standhalten könnte, aber nach und nach zerbröckelte seine Stellung. Im Endspiel Dame + Läufer mit jeweils vier Bauern lief Carlsen dann engültig zu seiner Bestform auf und gewann zuerst einen Bauern, dann einen zweiten und schließlich die Partie.

Damit ist Keymer leider ausgeschieden, aber sein toller Sieg in der ersten Partie gegen Carlsen hat deutschlandweit für Schlagzeilen gesorgt und gegen den vielleicht besten Spieler aller Zeiten im 2. Tiebreak ausgeschieden zu sein, ist sicher keine Schande.

The Big Greek hat das gesamte Duell zwischen Vincent Keymer und Magnus Carlsen zusammengefasst:

Magnus Carlsen (links) und Vincent Keymer. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

3. Runde / Bedenkzeit 5+3

Im Blitzen durfe der Chinese wieder mit Weiß beginnen und es entwickelte sich eine hochklassige Partie, die Wang Hao mit einem Turmopfer und anschließendem Dauerschach im 39. Zug beenden wollte. Rasmus zog seinen König aber auf das falsche Feld und plötzlich hatte Wang Hao trotz eines Turms weniger einen Gewinn auf dem Brett!

In der Eile des Gefechts war er aber so auf sein Dauerschach fixiert, dass er dieses gab und den Gewinn übersah.

Jetzt stand es in dem Duell 3.5:3.5 und nach vergebenen Großchancen 1:1.

Rückkampf

In der achten Partie hatte Rasmus Svane wieder Weiß und im Endspiel hatte Wang Hao gleich zweimal die Chance, die Partie zu gewinnen. Es waren aber komplizierte Varianten mit den Themen Opposition und Zugzwang und man kann es dem Chinesen verdenken, dass er beide Chancen nicht erkannt hatte.

Wang Hao spielt gxh3 und nicht den Gewinnzug g3. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Jetzt musste der Sudden Death entscheiden.

Sudden Death

Ein Sudden Death bedeutet im Schach, dass die beiden Spieler so lange mit einer Bedenkzeit von 3+2 blitzen, bis einer eine Partie gewinnt. Die Farbe für die erste Partie wurde ausgelost und Wang Hao gewann das Recht, mit den weißen Steinen beginnen zu dürfen.

In einer scharfen Variante der Englischen Eröffnung setzte Svane auf einen Bauerngewinn, übersah dabei aber einen Konterangriff auf seinen König, der ihm letztendlich zwei Bauern kostete. Diesen Minusbauern konnte er niemals kompensieren und der Chinese spielte die Partie letztendlich wirklich Klasse zu Ende.

Damit endete das Duell zwischen Wang Hao und Rasmus Svane nach 8 Remis in verschiedenen Bedenkzeiten mit einem einzigen Sieg in einer Blitzpartie. Irgendwie unfair - aber doch gerecht.

Rasmus Svane gratuliert Wang Hao zum Sieg. Foto: Maria Emelianova/Chess.com


Der FIDE Weltcup 2023 ist ein K.-o.-Turnier im Matchformat. Jedes Match besteht aus zwei klassischen Partien und sollte es danach Unentschieden stehen, entscheidet ein Schnellschach-Tiebreak über das Weiterkommen. Der Damen-Weltcup läuft bis zum 21. August und das Open bis zum 24. August. Insgesamt gibt es in Baku 2.5 Millionen US-Dollar zu gewinnen.


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