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Weltcup: Levon Aronian und Ding Liren stehen im Finale

Weltcup: Levon Aronian und Ding Liren stehen im Finale

PeterDoggers
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Levon Aronian und Ding Liren haben sich für das Finale des FIDE Weltcups, und somit auch für das Kandidatenturnier 2018 qualifiziert. Ding konnte Wesley So in den 10+10 Partien gewinnen während der Armenier Maxime Vachier-Lagrave erst im Armageddon eliminieren konnte. Beide Duelle wurden in Endspielen "Dame gegen Turm" entschieden.

Nach extrem intensiven Tiebreaks stehen somit die Gewinner der wichtigsten Preise bereits fest: Aronian und Ding haben sich für das Kandidatenturnier 2018 in Berlin qualifiziert und spielen nun "nur noch" um die $120,000, die der Sieger des Weltcups mit nach Hause nehmen darf. Am Samstag ist aber zuerst ein Ruhetag. Das große Finale beginnt am Sonntag.

Die beiden Verlierer des Halbfinals, So und Vachier-Lagrave, verlassen Tiflis mit jeweils $50,000 im Handgepäck. Beide Spieler können sich aber immer noch für das Kandidatenturnier qualifizieren. So konkurriert dafür noch in den nächsten beiden Monaten mit Caruana und Kramnik um die beste Durchschnitts-ELO und MVL kann sich über die beste Grand-Prix Wertung qualifizieren. Für ihn ist es eine besonders gute Nachricht, dass ihm Ding in dieser Wertung seinen Platz nicht mehr streitig machen wird.

World Cup 2017 | Ergebnisse, Halbfinale

Land Spieler Land Spieler Klassisch Schnellschach Blitz Arm. Gesamt
Aronian (2802) Vachier-Lagrave (2804) ½-½, ½-½ 0-1, 1-0, 
½-½, ½-½
½-½,½-½ 1-0 5-4
So (2792) Ding Liren (2771) ½-½, ½-½ ½-½, ½-½,
0-1,½-½
2½-3½

Das Drama. Die Freude. Die Gewinner. Die Verlierer. Klassisches Schach gegen Schnellschach. Nerven gegen Können. Dame gegen Turm.

Bei jedem KO-Turnier fällt einem automatisch der berühmte Satz aus dem Film "Highlanders" ein: "Es kann nur einen geben!" Alle 4 Halbfinalisten hatten es sicher verdient gehabt den Weltcup zu gewinnen, aber nur zwei konnten das Finale erreichen. Das ist Schach in seiner gemeinsten Form.

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So verlässt, zusammen mit seiner Pflegemutter Lotis Key, zum letzten Mal den Turniersaal. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

Schachfans aller Spielstärken hielt es, angesichts der Dramatik in den beiden Duellen, nicht mehr auf ihren Sitzen und viele bekannte Namen drückten ihre Begeisterung auf Twitter aus. Und wenn schon die Zuschauer vor Spannung ins Schwitzen gerieten kann man sich vorstellen, wie es den Spielern ergangen ist.

Kommen wir aber zuerst zum Halbfinale zwischen Ding Liren und Wesley So. Die beiden klassischen Partien, in denen beide Spieler ihre Chancen hatten, versprachen einen aufregenden Tiebreak und schon in der ersten Partie wurden alle Hoffnungen erfüllt. Ding hatte einen klaren Vorteil (so klar, dass die Partie eigentlich schon gewonnen war, denn Weiß konnte sich überhaupt nicht mehr bewegen), konnte ihn aber nicht verwerten:

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Eine Partie, die man nur vergessen kann, wenn man trotzdem das Finale erreicht hat. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

Einem Remis nach 9 Zügen in der zweiten Partie folgte die erste 10+10 Partie und Ding erreichte mit Schwarz erneut eine Gewinnstellung. Dieses Mal konnte er sie dann auch verwerten, aber man sah ihm an, wie nervös er war. Ganz untypisch für ihn, konnte er fast nicht stillsitzen. Das Enspiel "Dame gegen Turm" spielte er aber fehlerfrei:

So war jetzt unter Siegzwang und entschied sich für Benoni, aber ein früher Damentausch führte zu einem Endspiel, bei dem sich So einfach keine Siegchancen herausspielen konnte. Ding hatte die Partie jederzeit unter Kontrolle, hielt das Remis und wurde damit zum ersten Chinesen, der sich für das Kandidatenturnier qualifiziert. Ein historischer Tag für das chinesische Schach.

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So gibt das Halbfinale durch sein Remisgebot auf, und ist damit ausgeschieden. | Photo: Chess.com/Maria Emelianova.

"Ich bin einfach nur glücklich," sagte der Gewinner. "In der ersten Partie stand ich schon viel besser. An einem Punkt sogar auf Gewinn. (...) Aber mit nur noch 5 Minuten auf der Uhr konnte ich den Gewinnweg nicht finden und hab den Vorteil verspielt. Da hat er mich echt frustriert." 

Ding erklärte dann, dass ihm das schnelle Remis in der zweiten Partie, zugutegekommen sei, denn in der dadurch entstanden Pause konnte er sich erholen, sich von den negativen Emotionen befreien und auf die dritte Partie vorbereiten. - Seiner Meinung nach hätte So besser weiterspielen sollen.

Er sagte auch, dass er durch seinen Sieg über So im letzten Jahr in Shanhai Selbstvertrauen gewonnen hatte. "Er ist ein sehr starker Spieler und sehr schwer zu schlagen, aber ich habe es ja schon einmal geschafft, ihn zu besiegen. Das hat mir Selbstvertrauen gegeben."

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Ding gewann gegen einen Spieler, der fast nie verliert. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

Ding's Bemerkung über die Begeisterung, die er in China ausgelöst hat, bringt ihm sicher noch mehr Fans: "Mein Trainer hat mir gesagt, dass ich die chinesische Berichterstattung einfach ignorieren soll, aber das will ich einfach nicht machen, denn sie motiviert mich noch zusätzlich!"

Und so war im Turniersaal nur noch ein Brett übrig, denn im zweiten Halbfinale zwischen Levon Aronian und Maxime Vachier-Lagrave war nach der 10+10 Phase noch keine Entscheidung gefallen. Von den ersten beiden Partien des Tages konnte jeder der beiden eine Partie für sich entscheiden. Vachier-Lagrave startete beeindruckend in den Tag:

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MVL startete fantastisch in den Tiebreak, aber es hat trotzdem nicht gereicht. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

Im nachhinein hat der Franzose seine Wahl der Eröffnung in der zweiten Partie wahrscheinlich bereut, aber es muss auch gesagt werden, dass er kein besonders großes Repertoire gegen 1.d4 hat. Aronian spielte 3.f3 gegen MVL´s Grünfeld, und eigentlich war der Benoni-Aufbau die richtige Antwort auf diesen Zug. Aber.... Benoni?... Wenn man nur ein Remis benötigt?

Aronian's Figurenopfer war eine Neuerung, die perfekt funktionierte:

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Aronian zieht seine Dame auf h5, entscheidet damit die Partie und gleicht das Duell aus. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

In den 10+10 Partien sahen wir zwei ausgeglichene Remis. In der anschließenden kurzen Pause spielten die beiden Schiedsrichter Ashot Vardepetyan aus Armenien und Faik Gasanov aus Aserbaidschan eine freundschaftliche Blitzpartie, ohwohl ihre Heimatländer offiziell einen Krieg gegeneinander führen. Unter den Zuschauern befanden sich Aronian und MVL!

Danach war die Bühne frei für die Blitzpartien mit 5+3 Bedenkzeit. Aronian hatte die erste Partie eigentlich schon im Sack, konnte diesen aber nicht zubinden und auf einmal hatte MVL ein gewonnenes Endspiel auf dem Brett, was er aber ebenfalls vermurkste:

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Die beiden Großmeister lieferten sich ein episches Duell! | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

Die nächste Partie endete nach einer spanischen Eröffnung ebenfalls mit einem Remis und so musste das Halbfinale durch eine Armageddon Partie entschieden werden. Es war die erste Armageddon Partie des diesjährigen Weltcups. Ein holländischer Großmeister (und Weltcup Teilnehmer) hatte schon sehnlichst darauf gewartet:

MVL gewann die Farbenwahl und entschied sich für Schwarz. Somit hatte Aronian die weißen Figuren, eine Minute mehr Bedenkzeit (5 Minuten gegen 4), aber auch Siegzwang. Bei einem Remis würde Schwarz ins Finale einziehen.  Ab dem 61. Zug wird den Spielern 3 Sekunden pro Zug gutgeschrieben.

Vachier-Lagrave stand schon besser und war dem Remis in einem Turmendspiel sehr nahe, als Aronian eine wunderschöne Kombination aufs Brett zauberte, die zu einem "Dame gegen Turm Endspiel" führte --- und genau wie Ding Liren in seiner Partie gegen Wesley So, wusste er genau, wie man dieses Endspiel gewinnt.

"Ich glaube unsere klassischen Partien waren nicht besonders aufregend, aber im Schnellschach und im Blitz haben wir die Vorschußlorbeeren gerechtfertigt," sagte Aronian. "Ich dachte im Schnellschach die ganze Zeit, dass ich Vorteile haben würde, aber ich konnte sie einfach nicht verwerten."

Nachdem er die erste Partie verloren hatte, ging er ohne besondere Strategie in die zweite Partie: "Wenn Du nichts zu verlieren hast, setzt Du einfach alles auf eine Karte," sagte Aronian.

Und auch für die Armageddon Partie hatte er sich keine besondere Strategie zurechtgelegt. "Du musst einfach Glück haben. Es gibt da keine speziellen Rezepte wie genaue Züge zu spielen, oder so. Nein. Du musst einfach schnell spielen und hoffen, dass dein Gegner einen Fehler macht."

Aronian war unglaublich erleichtert: "Es war ein dramatischer Tag. Ich bin froh, dass der Tag vorbei ist und dass ich gewonnen habe."  

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Aronian wird zusammen mit Karjakin, Ding und 5 weiteren Spielern das Kandidatenturnier spielen. | Foto: Chess.com/Maria Emelianova.

Der armenische Großmeister, der schon 2005 den Weltcup in Khanty-Mansiysk gewonnen hatte, bezeichnete den heutigen Sieg als den "definitiv härtesten und wertvollsten Sieg" den er in letzter Zeit errungen hatte. Er wies auch darauf hin, dass dieser Erfolg 12 Jahre nach seinem Sieg in Khanty stattfand: "Es gibt da einen Kreis der sich schließen muss. Das hat nichts mit mir zu tun. Das ist einfach ein Naturgesetz!"

Für seinen Gegner hatte er nur Komplimente übrig: "Er ist ein sehr starker Blitzer. Aber ich glaube, dass ich gezeigt habe, dass ich auch nicht schlecht im Blitzen bin!"

Über das Finale sagte Aronian: "Ich habe mein Ziel in diesem Turnier schon erreicht. Das Finale ist ein Bonus, aber es wäre schon nicht schlecht, wenn ich den Bonus noch mitnehmen könnte!"

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(Zum vergrößern einfach auf das Bild klicken.)
 

Partien von TWIC.

Der Weltcup findet vom 3. bis zum 27. September in der georgischen Hauptstadt Tiflis statt. Jede Runde besteht aus 2 klassischen Partien (nur im Finale sind es 4) und danach folgt, je nach Bedarf, ein Tiebreak im Schnell- und Blitzschach. Das Preisgeld bei diesem Turnier beträgt $1.600.000 und der Sieger bekommt mit $120.000 den Löwenanteil davon. Zusätzlich qualifizieren sich die beiden Finalisten für das Kandidatenturnier 2018.

Chess.com überträgt alle Partien des Weltcups live auf Chess.com/Live. Außerdem könnt ihr Live Kommentare der besten Kommentatoren der Welt, der Chessbrahs, also GM Eric Hansen, GM Robin van Kampen, GM Yasser Seirawan und IM Aman Hambleton auf  Chess.com/TV sehen.


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Peter Doggers

Peter Doggers joined a chess club a month before turning 15 and still plays for it. He used to be an active tournament player and holds two IM norms.

Peter has a Master of Arts degree in Dutch Language & Literature. He briefly worked at New in Chess, then as a Dutch teacher and then in a project for improving safety and security in Amsterdam schools.

Between 2007 and 2013 Peter was running ChessVibes, a major source for chess news and videos acquired by Chess.com in October 2013.

As our Director News & Events, Peter writes many of our news reports. In the summer of 2022, The Guardian’s Leonard Barden described him as “widely regarded as the world’s best chess journalist.”

In October, Peter's first book The Chess Revolution will be published!


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