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Tata Steel Runde 3: Vidit übernimmt die Tabellenführung
Vidit Gujrathi hat die Tabellenführung übernommen. Foto: Lennart Ootes/Tata Steel Chess.

Tata Steel Runde 3: Vidit übernimmt die Tabellenführung

PeterDoggers
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Nachdem er sich gegen einen sehr kreativ spielenden Daniil Dubov brillant verteidigt hatte und am Ende, nachdem der Russe überzogen hatte, sogar gewinnen konnte, hat Vidit Gujrathi beim Tata Steel Turnier 2022 die alleinige Tabellenführung übernommen. Die bisherigen Co-Tabellenführer Jan-Krzysztof Duda und Magnus Carlsen remisierten ihre Partie, während Richard Rapport, Andrey Esipenko und Titelverteidiger Jorden van Foreest allesamt gewinnen konnten.

   So könnt Ihr das Turnier live verfolgen:
Chess.com überträgt das Turnier live und in voller Länge, mit Kommentaren von IM Steve Berger und IM Elisabeth Pähtz auf Twitch, YouTube, ChessTV und Chess.com/Events. Die englischsprachige Übertragung findet Ihr auf dem YouTube Kanal Chess.com Live.
Alle Partien findet Ihr auf unserer Event-Seite: Masters | Challenger

In der dritten Runde bekamen wir schönes, taktisches Schach zu sehen und es fühlte sich an, als würde das 84. Tata Steel Schachturnier jetzt erst so richtig losgehen. Hinter den Kulissen hatten die Organisatoren aber andere Sorgen, denn auch ohne die Anwesenheit von Amateuren besteht immer die Gefahr eines Covid-Ausbruchs, wenn eine Veranstaltung mitten in der Pandemie abgehalten wird.

Wie im letzten Jahr müssen Spieler, Trainer und Mitarbeiter Gesichtsmasken tragen (Spieler können sie am Brett abnehmen) und werden regelmäßig getestet. Bisher wurde keiner der Spieler positiv auf das Coronavirus getestet. Hoffen wir, dass das so bleibt.

Vor Beginn der Runde wurden jedoch zwei Sekundanten von Spielern positiv getestet und mussten sich in Quarantäne begeben. Die Organisatoren teilten Chess.com mit, dass die Spieler, für die die Sekundanten arbeiten, vorsorglich erneut auf Covid-19 getestet wurden und die Tests negativ ausgefallen waren.

Einer dieser Sekundanten ist GM Ramesh R.B., der Praggnanandhaa R. in Wijk aan Zee unterstützt. Der indische Trainer gab auf Twitter bekannt, dass er positiv getestet wurde. Zum Glück war sein Schüler von Anfang an einer der wenigen Spieler, der auch am Brett immer seinen Mundschutz getragen hatte.

Angesichts der hohen Übertragbarkeit der Omikron-Variante und der Tatsache, dass die Niederlande an diesem Montag einen weiteren Rekord an neuen Corona-Fällen registriert hatten, ist es nicht unwahrscheinlich, dass auch in Wijk aan Zee weitere Fälle auftauchen werden. Wir können da nur hoffen, dass das nicht der Fall sein wird und uns den Partien widmen.

Fast alle Partien in dieser Runde waren taktisch geprägt, aber eine Partie stach durch eine ganze Reihe erstaunlicher Motive hervor. Selbst wenn sie Remis ausgegangen wäre, hätten wir sie zur Partie des Tages gekürt, aber am Ende wurde Vidit wurde für seine brillante Verteidigung mit einem vollen Punkt und der alleinigen Tabellenführung belohnt.

Einer der Schlüsselmomente war hier:

Nachdem Dubov in der Italienischen Eröffnung den interessanten Zug 8.Sa3 gespielt hatte, der 8...Lxa3 und die Verdoppelung des a-Bauern ermöglichte, bekam er die Chance, mit dem wunderschönen Zug 21.Txb7!! zu beweisen, dass er auf der offenen b-Linie eine Kompensation für seinen Doppelbauern hatte. Der Punkt ist, dass er nach 21...Sxb7 22.Lb5+! (und jetzt noch nicht 22.Sxf5?, wegen Txf5 23.Txe4 Te5) Kf7 und erst jetzt 23.Sxf5, einen starken Angriff hat.

Vidit fand die stärkste Antwort: 21...Tf6!! Danach spielte er perfekt weiter und Weiß hatte nicht mehr als ein Dauerschach. Dubov wollte aber unbedingt mehr und spielte 32.f3, was dann einfach zu viel des Guten war.

"Ich dachte, ich wäre ziemlich verloren. Das war mein Gefühl während der Partie, aber jetzt, nachdem ich die Partie mit einer schwachen Engine analysiert habe, behauptet diese, dass ich die besten Züge gespielt habe. Also bin ich sehr glücklich", sagte Vidit nach der Partie. "Wenn all diese Züge gut wären, dann würde ich sagen, dass dies definitiv eine meiner denkwürdigsten Partien ist. Aber wenn sie nicht gut waren, wähle ich lieber eine andere!"

If all these moves were good, then I would definitely say it's one of my most memorable games.
—Vidit Gujrathi

Rapports Taktik am Ende der Partie gegen Nils Grandelius war weniger kompliziert, aber dennoch eine ziemlich schöne geometrische Sequenz. Es war aber nicht das erste Mal, dass er seinen Turm auf dem Feld h1 als Opfer angeboten hat.

Nach zwei Siegen in Folge ist der ungarische Großmeister nun auch wieder voll im Turnier dabei, während Grandelius weiterhin Problem hat, in dasselbige zu finden.

Wir nehmen die Partie jedoch etwas früher auf, um eine bemerkenswerte Gelegenheit für Weiß aufzuzeigen. Wenn Grandelius mehr Zeit auf der Uhr gehabt hätte, hätte er sie vielleicht gefunden:

Neben Rapport gibt es noch einen weiteren Spieler im Masters, der noch keine Partie Remis gespielt hat. Van Foreest erholte sich von seiner unnötigen Niederlage neulich mit einem schönen Sieg gegen Praggnanandhaa. Die Partie war bereits im dritten Zug interessant. Einmal mehr zeigte sich der 22-jährige Holländer voller Eröffnungsideen – der Grund, warum er bei der Weltmeisterschaft 2021 Teil von Carlsens Team war.

Hier war es: 1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.Lc4!?

Während die Entwicklung des Läufers nach c4 nach 1...e5 völlig normal ist, ist es hier selten, weil man Schwarz die Möglichkeit gibt, diesen Läufer mit ....e6 und ...d5 mit Tempo wegzuschieben - was auch passiert ist. Trotzdem ist heutzutage alles möglich!

"Ich hatte schon lange vor, diese Variante zu spielen, besonders im klassischen Schach, aber ich hatte nie die Gelegenheit dazu", sagte Van Foreest. "Die Theorie entwickelt sich schnell und man versucht, seinen Gegner unvorbereitet zu erwischen. Und man versucht natürlich, das so schnell wie möglich zu tun."

Van Foreest fand dann im 11. Zug ein Bauernopfer, bei dem die Kompensation klar war: Schwarz bekam auf der c-Linie einen schrecklichen Doppelbauern und bald danach bekam dieser Gesellschaft von einem weiteren Satz Doppelbauern auf der e-Linie, die von unseren Kommentatoren "Torpfostenbauern" genannt wurden.

Van Foreest: "Es ist ein bisschen einfacher, mit Weiß zu spielen. Es ist vielleicht nicht so viel, aber langfristig hat Weiß auf jeden Fall sehr gute Aussichten, irgendwann alle Bauern zu schlagen. Und im Grunde genommen ist das ja dann auch passiert."

Der 32 Jahre alte Sergey Karjakin traf auf seinen zweiten Landsmann in Folge und wieder lief es nicht so gut. Nachdem der WM-Herausforderer von 2016 schon gestern gegen Dubov keinen Eröffnungsvorteil erzielen konnte, verlor er heute gegen den 19-jährigen Esipenko. Ein Ergebnis, das sich wie eine Wachablösung anfühlt. Das ist allerdings etwas verfrüht, denn schließlich ist Karjakin für das Kandidatenturnier 2022 qualifiziert und Esipenko nicht.

Karjakins Zug 31...Teb8 war aber mehr als seltsam:

Esipenko Karjakin Tata 2022
Esipenko vgegen Karjakin. Foto: Lennart Ootes/Tata Steel Chess.

Nachdem Carlsen seinen Weltmeistertitel verteidigt hatte, erklärte er, dass es sein neues Ziel wäre, eines Tages eine Elo von 2900 zu erreichen. Nach seinem zweiten Remis steht aber schon fest, dass das bei diesem Turnier nicht passieren wird, denn dafür wäre ein astronomisches Ergebnis von 12.5 Punkten nötig gewesen.

In einem Anti-Marshall folgte Duda den Zügen von Ian Nepomniachtchi aus der Weltmeisterschaft, aber dann war es Carlsen, der davon abwich. Und das ausgerechnet mit einem Zug, den zuvor Duda gespielt hatte.

"Ich habe den theoretischen Kampf im Prinzip aufgegeben, indem ich 13...h6 statt 13...d5 gespielt hatte", sagte Carlsen. "Im Grunde wollte ich nur eine relativ ruhige Stellung spielen und allmählich ausgleichen, aber ich denke, er hat mit 16. Dc2 und 18. d4 sehr clever gespielt. Ich hatte das irgendwie unterschätzt und er bekam etwas mehr Druck, als ich gehofft hatte."

22...Tb2! war seinerseits clever vom Weltmeister und der Turmtausch war zu verlockend für Duda. Carlsen dachte, dass Weiß hier seinen Vorteil verloren hatte.

Duda Carlsen 2022
Duda-Carlsen. Der Sieger des Weltcups gegen den Weltmeister. Foto: Lennart Ootes/Tata Steel Chess.

Anish Giri remisierte seine Partie gegen Shakhriyar Mamedyarov, war für ihn wohl ein wenig enttäuschend war, nachdem er bereits in der Eröffnung einen Bauern gewonnen hatte.

Das rein amerikanische Duell zwischen Fabiano Caruana und Sam Shankland war die längste Partie des Tages. Caruana konnte seinen Landsmann sehr lange unter Druck setzen, aber er konnte sich keinen entscheidenden Vorteil erspielen und musste am Ende sogar aufpassen, dass er nicht verliert.

Tabelle nach der 3. Runde - Masters

# Land Name Elo Lstg. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 Punkte
1 Vidit 2727 3019 ½ 1 1 2.5
2 Duda 2760 2867 ½ 1 ½ 2.0 3.5
3 Carlsen 2865 2869 ½ ½ 1 2.0 3
4 Esipenko 2714 2912 ½ ½ 1 2.0 2.75
5 Rapport 2763 2831 0 1 1 2.0 2.5
6 Van Foreest 2702 2802 0 1 1 2.0 1.5
7 Caruana 2792 2726 ½ ½ ½ 1.5 2.25
8 Mamedyarov 2767 2736 ½ ½ ½ 1.5 2
9 Praggnanandhaa 2612 2624 ½ 0 ½ 1.0 1.5
10 Giri 2772 2628 0 ½ ½ 1.0 1.25
11 Karjakin 2743 2622 0 ½ ½ 1.0 1.25
12 Dubov 2720 2626 0 ½ ½ 1.0 1.25
13 Shankland 2708 2610 0 ½ ½ 1.0 1
14 Grandelius 2672 2445 0 0 ½ 0.5

Im Challenger-Turnier konnten zwei Spieler mit dem Führenden Volodar Murzin gleichziehen. Das war zum einen der erst 18-jährige indische Großmeister Arjun Erigaisi, der letztes Jahr in den kurzen Bedenkzeiten sowohl beim Lindores Abbey Mikhail Tal Memorial Blitz als auch bei den Tata Steel India Rapid and Blitz-Turnieren so gut abgeschnitten hat.

Gegen den belgischen Großmeister Daniel Dardha folgte er Carlsens Rezept gegen die Kalaschnikow-Variante und konnte damit gewinnen, obwohl sein Gegner lange OK stand:

Arjun Erigaisi
Schafft Arjun Erigaisi bei diesem Turnier seinen Durchbruch im klassischen Schach? Foto: Lennart Ootes/Tata Steel Chess.

Der zweite große Sieger des Tages war Thai Dai Van Nguyen, der Sohn eines vietnamesischen Einwanderers und der jüngste Großmeister der Tschechischen Republik. WGM Zhu Jiner verlor ihre dritte Partie in Folge und es scheint, dass es dieses Mal nur tief im Turmendspiel schiefgelaufen ist:

Tabelle nach der 3. Runde - Challengers

# Land Name Elo Lstg. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 Punkte
1 Nguyen 2613 2844 ½ 1 1 2.5 3
2 Murzin 2519 2779 ½ 1 1 2.5 2.25
3 Erigaisi 2632 2838 ½ 1 1 2.5 2
4 Jumabayev 2631 2671 ½ 1 ½ 2.0 2.5
5 Bjerre 2586 2699 0 1 1 2.0 2.5
6 Ganguly 2627 2669 ½ ½ 1 2.0 1.5
7 L'Ami 2622 2647 0 1 1 2.0 1
8 Vogel 2452 2552 ½ ½ ½ 1.5
9 Van Foreest 2539 2510 ½ 0 ½ 1.0 2.25
10 Warmerdam 2607 2450 0 ½ ½ 1.0 1.75
11 Shuvalova 2516 2420 0 0 1 1.0 0
12 Maurizzi 2502 2336 ½ 0 0 0.5 1
13 Dardha 2532 2255 0 0 ½ 0.5 0.75
14 Zhu 2478 1784 0 0 0 0.0

Alle Partien der 3. Runde


Weitere Berichte vom Tata Steel Turnier:

PeterDoggers
Peter Doggers

Peter Doggers joined a chess club a month before turning 15 and still plays for it. He used to be an active tournament player and holds two IM norms. Peter has a Master of Arts degree in Dutch Language & Literature. He briefly worked at New in Chess, then as a Dutch teacher and then in a project for improving safety and security in Amsterdam schools. Between 2007 and 2013 Peter was running ChessVibes, a major source for chess news and videos acquired by Chess.com in October 2013. As our Director News & Events, Peter writes many of our news reports. In the summer of 2022, The Guardian’s Leonard Barden described him as “widely regarded as the world’s best chess journalist.”

Peter's first book The Chess Revolution is out now!

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