Tata Steel Runde 3: Keymer rettet ein Remis und Caruana gewinnt
Der Sieg von Fabiano Caruana über Jorden van Foreest war der einzige Sieg der dritten Runde beim Tata Steel Chess Turnier 2023. Durch diesen Sieg schloss Caruana zu den Führenden Magnus Carlsen, Anish Giri, Ding Liren und Nodirbek Abdusattorov auf, die am Montag allesamt Remis spielten.
Im Challenger-Turnier konnte Alexander Donchenko durch ein Remis seinen Platz in der 6-köpfigen Spitzengruppe behaupten.
Obwohl es in dieser Runde nur einen Sieg gab, waren viele der Partien eine überzeugende Demonstration der enormen Fähigkeiten der Spieler. Insbesondere das Remis zwischen Arjun Erigaisi und Levon Aronian war ein hervorragendes Beispiel für den Wert, den das klassische Schach darstellt.
In einer klassischen Nimzo-Indischen Eröffnung entwickelte Aronian seine Figuren etwas harmonischer und erlangte einen kleinen, aber beständigen Vorteil, den er bis zum Endspiel behalten konnte. In den nächsten 40 Zügen baute Aronian mit einem guten Läufer gegen einen passiven Springer seinen Vorteil aus, aktivierte seinen König und einen Freibauern auf der a-Linie. Als Reaktion darauf kreierte der 19-jährige Großmeister ein Gegenspiel, indem er seinen eigenen Freibauern auf der e-Linie über das Brett schob und damit Aronians König und dessen gut koordinierten Figuren einschränkte.
Kommentatorin Tania Sachdev beschreibt die Qualität dieses Endspiels so: "Das ist die Schönheit des klassischen Schachs. Wir werden nur mit diesen komplizierten, komplexen Situationen konfrontiert, weil die Spieler die Zeit haben, sich durch diese Komplikationen zu navigieren. Wenn es Blitz oder Schnellschach gewesen wäre, hätten wir jetzt etwa vier Damen auf dem Brett und es wären schon ungefähr 20 Fehler gemacht worden. Hier spielen die Spieler aber mit einer so hohen Genauigkeit, dass der Kampf weitergeht."
This is the beauty of classical chess. We’re only treated to these intricate, complex situations because the players have time to navigate through these complications.
—Tania Sachdev
Nach der Partie waren die beiden Großmeister so fasziniert von den Möglichkeiten in der Stellung, dass sie die Partie noch am Brett analysierten. Die Kommentatoren folgten den Analysen der Spieler und teilten ihre Freude darüber, Großmeister zu sehen, die ohne Engines analysieren. Sachdev sagte: "Es ist herzerwärmend zu sehen, dass die Spieler nicht einfach aufstehen, sich zurückziehen und ihre Engines anwerfen. Stattdessen setzten sie sich zusammen und rechnen die Varianten gemeinsam durch."
In dieser Runde spielten auch die beiden Topgesetzten gegeneinander. Carlsen und Ding sind aber nicht nur in diesem Turnier die topgesetzten Spieler, sondern auch die Nummer 1 und 2 der Welt und die einzigen beiden Spieler, die derzeit eine Elo von über 2800 aufweisen können. Carlsen überraschte Ding gleich in der Eröffnung mit dem London System und kurze Zeit später waren die beiden in einem strategischen Mittelspiel, in dem Carlsen ein wenig Aktivität erlangte und Dings isolierten Bauern auf a7 unter Druck setzte. Ding manövrierte jedoch seine Figuren so harmonisch, dass er den a-Bauern gegen Carlsens b-Bauern abtauschen konnte und da danach ein Leichtfiguren-Endspiel mit 5 gegen 5 Bauern am Königsflügel ohne jegliche Schwäche entstanden war, einigten sich die Spieler auf ein Remis.
Giri konnte mit Schwarz gegen Parham Maghsoodloos italienische Eröffnung schnell ausgleichen. Sachdev beschrieb Giris Spiel in der Eröffnung: "Giri hat alles getan, was er konnte, um in einer italienischen Eröffnung eine Traumstellung zu erreichen. Sein Läufer auf a7 ist super aktiv und er ist die starken Leichtfiguren von Weiß losgeworden." Danach fand keiner der Spieler einen echten Plan und nach einigen Abtäuschen einigten sie sich im 30. Zug auf ein Remis.
Kommentator Robert Hess gab offen zu, dass er bei so frühen Remis immer gemischte Gefühle hat: "Ich denke, für die Zuschauer wäre es besser, wenn die Spieler solche Stellungen immer ausspielen würden."
Richard Rapport und Wesley So entschieden sich für eine Caro-Kann Variante, in der Schwarz einen Bauern opfert, um Weiß zunächst einen, und etwas später einen zweiten isolierten Doppelbauern zu verpassen.
Trotz der lebhaften Stellung und des Mehrbauerns konnte Rapport aber keinen Weg finden, um irgendeinen Fortschritt zu erzielen. Es sollte die kürzeste Partie des Tages werden: Remis durch dreifache Stellungswiederholung nach nur 25. Zügen.
Der Champion von 2021, Van Foreest, spielte gegen den Champion von 2020, Caruana, die aggressivste Partie der Runde. Van Foreest zeigte einmal mehr, dass der Ruf der russischen Verteidigung als Remiseröffnung einfach unbegründet ist und bot im 11. Zug ein Springeropfer im Zentrum an. Nachdem der amerikanische Großmeister dieses Opfer abgelehnt hatte, setzte die holländische Nummer zwei mit furchtlosen Zügen fort und trieb seine Bauern am Königsflügel nach vorne.
Nach dem Spiel teilte Caruana seine Gedanken zur Eröffnung mit: "Ich war auf die russische Verteidigung nicht vorbereitet und ich kann nicht sagen, dass es eine angenehme Überraschung war. Ich war aber froh, ein Spiel zu bekommen. Und ich dachte, selbst wenn ich etwas falsche berechne, werden wir trotzdem einen Kampf bekommen. Ich war auch etwas besorgt, denn wenn Dein Gegner anfängt f5 zu blitzen, bekommt man schon ein bisschen Angst."
Van Foreest continues in aggressive fashion, gaining space on the kingside at the potential cost of his king safety.
— ChesscomLive (@ChesscomLive) January 16, 2023
The game is heating up 🔥.#TataSteelChess pic.twitter.com/ok2CTIPPMU
Trotz der Angriffsvorstöße seines Gegners konterte Caruana, indem er einen Läufer auf dem Vorposten e5 zementierte, der ihm die Kontrolle über das Zentrum verschaffte und plötzlich war es Van Foreest, der sich verteidigen musste. Dieses erbitterte Duell ist unsere Partie des Tages und Großmeister Rafael Leitao hat sie für uns analysiert.
Gukesh D. und Abdusattorov spielten 44 Züge lang eine sehr ausgeglichene Partie. Durch das Remis bleibt Abdusattorov in der Spitzengruppe und Gukesh erscheint endlich auf der Anzeigetafel.
Praggnanandhaa R. gewann gegen Keymer einen Bauern und versuchte 78 Züge lang, diesen Mehrbauern zu verwerten. Gegen die akkurate Verteidigung von Keymer fand er aber kein Mittel und nach weit über 6 Stunden Spielzeit musste der Inder einsehen, dass er über ein Remis nicht hinauskommen wird. IM Adrian Petrisor erklärt uns, was in dieser Partie genau passiert ist
♟| Vincent Keymer was working extra hours for the second day in a row. He was rewarded for his effort as he made a draw from a lost position against Praggnanandhaa. #TataSteelChess pic.twitter.com/KgRwjg4jYK
— Tata Steel Chess (@tatasteelchess) January 16, 2023
Im Challenger Turnier besiegte Velimir Ivic den 13-jährigen Abhimanyu Mishra in einem spannenden, dynamischen Kampf. Wer kann den cleveren Weg finden, mit dem der serbische Großmeister die Partie beendet hat?
Javokhir Sindarov gewann ebenfalls und damit haben Ivic und Sindarov mit den bisher Führenden Alexander Donchenko, Mustafa Yilmaz, Amin Tabatabaei und Max Warmerdam gleichgezogen.
Ergebnisse - Masters - Runde 3
Tabelle nach 3 Runden
Die Paarungen der 4. Runde
Alle Partien der 3. Runde im Masters
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