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Superbet Classic: Der Tag der verpassten Möglichkeiten
Das Superbet Classic in Bukarest. Foto: Lennart Ootes/Grand Chess Tour.

Superbet Classic: Der Tag der verpassten Möglichkeiten

NM_Vanessa
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Das Superbet Classic Romania 2023 nähert sich der Zielgeraden und gab es zwei entscheidende Duelle: Fabiano Caruana traf auf Alireza Firouzja – einen der Spieler, der ihm dicht auf den Fersen lag –, und Wesley So, ebenfalls auf dem zweiten Platz liegend, traf auf den frisch gebackenen Weltmeister Ding Liren.

Zufälligerweise ließen sich beide amerikanischen Großmeister ihre Vorteile durch die Lappen gehen und ihre Gegner mit Remis davonkommen.

Die siebte Runde beginnt am Samstag, dem 13. Mai, um 14.00 Uhr.

So könnt Ihr das Turnier verfolgen:
Alle Partien des Superbet Chess Classic findet Ihr auf unserer Event-Seite.

Caruana gegen Firouzja

Caruana verschaffte sich aus einer englischen Eröffnung heraus einen kleinen, aber angenehmen Vorteil, indem er seine Entwicklung durch einen cleveren Zug beschleunigte. Wie würdet Ihr die Eröffnungsprobleme von Weiß lösen?

Danach übte der Tabellenführer mit seinem Turm Druck auf Firouzjas Damenflügel aus und behielt seinen Vorteil bis ins Turm-Springer-Endspiel. In einer ruhigen Stellung, die ihm normalerweise sehr gut liegt, schien Caruana auf dem besten Weg zu sein, seinen Vorteil zu verwerten, aber als er versuchte weitere Fortschritte zu erzielen, übersah der 30-jährige Großmeister eine subtile, aber kraftvolle Ressource seines Gegners und der jüngste Teilnehmer des Turniers konnte ihm von der Schippe springen.

Alireza Firouzja. Foto: Lennart Ootes/Grand Chess Tour.

Firouzja erklärte seine Perspektive über den entscheidenden Fehler seines Gegners mit: "Er wollte die Partie schnell beenden. Er kam auf 40 Züge und hat die Partie in einem Zug aus dem Fenster geworfen. Direkt nachdem er Sc4 gespielt hatte, hatte er seinen Fehler bemerkt. Es war wie eine kalte Dusche für ihn."

Ding gegen So

Der Weltmeister spielte in dieser Runde mit Feuereifer und ließ seinen König in einer weiteren englischen Eröffnung unrochiert im Zentrum stehen. So konterte mit einem Bauernopfer, mit dem er Linien in eben diesem Zentrum aufriss und den weißen Monarchen mit seiner Dame und seinen Turm ins Visier nahm.

Nach einem vierzügigen Tanz auf den entferntesten Teile des Bretts landete die Dame des Amerikaners nur einen Atemzug vom weißen König entfernt auf g3 und nagelte diesen auf f1 fest. In dieser kritischen Stellung übersah So, wie er seinen Angriff maximieren hätte konnte. Wer kann es besser?

Trotz dieser vergebenen Chance erlangte So mit einem Turm und zwei Leichtfiguren gegen eine Dame und einen Bauern einen erheblichen materiellen Vorteil. Die Zuschauer erwarteten, dass der amerikanische Großmeister in seiner risikofreien Stellung seinen Vorteil weiter ausbauen würde und waren schockiert, als sie sahen, wie er kurz nach der Zeitkontrolle die Züge wiederholte.

Nach dem Spiel war So erschüttert, dass er eine so gute Chance, den Weltmeister zu besiegen, liegengelassen hatte, nahm dies aber auch im Hinblick auf seine gesamte Karriere ziemlich gelassen: "Jetzt, wo ich die Bewertung sehe, war es sehr dumm von mir, die Züge zu wiederholen. Während der Partie war ich mir aber nicht hundertprozentig sicher, wer besser steht oder wie viel besser ich stehe ... Ich mache das aber seit acht Jahren. Für mich ist es einfach ein ganz normaler Arbeitstag."

Wesley So. Foto: Lennart Ootes/Grand Chess Tour.

Kommentator Varuzhan Akobian war der Meinung, dass Wesley Sos Entscheidung eine wichtige psychologische Komponente hatte: "Ich denke, es hatte auch damit zu tun, gegen wen er spielte. Wenn er gegen einen beliebigen 2600-Großmeister gespielt hätte, hätte er sicher nicht die Züge wiederholt. … Ich sehe nicht, wie er diese Stellung verlieren kann. In diesem Moment hatte er einfach ein Remis in der Tasche und ich denke, es war einfach die Tatsache, dass er gegen Ding Liren spielte und er dachte, er hätte die Kontrolle über die Partie verloren. Und dann hat er beschlossen, auf Nummer sicher zu gehen."

Ob Großmeister Rafael Leitao derselben Meinung ist, seht ihr, wenn Ihr Euch durch seine Analyse dieser Partie klickt:

Vachier-Lagrave gegen Rapport

Maxime Vachier-Lagrave und Richard Rapport lieferten sich einen faszinierenden Kampf in der französischen Winawer-Variante. Der französische Großmeister stärkte mit dem Zug 10.f4 sein Zentrum und hatte danach auch Ideen mit f4-f5. Andererseits vernachlässigte er mit diesem eifrigen Vorstoß am Königsflügel seine Entwicklung (in den ersten 10 Zügen hatte er achtmal Bauern bewegt) und einige Felder im Zentrum und um seinen König herum aufgegeben. Es folgte ein thematisches, zweischneidiges Mittelspiel mit einem blockierten Zentrum und beide Spieler versuchten, auf den gegnerischen Flügeln ein Spiel zu erzeugen.

Ein paar Züge vor der Zeitkontrolle hatten die Spieler denn auf gegenüberliegenden Seiten des Bretts eine mittelgroße Zerstörung angerichtet: Vachier-Lagrave hatte den weißen Damenflügel aufgelöst, während Rapport den schwarzen Königsflügel auseinandergerissen hatte. Die bittersüße Realität einer für das menschliche Auge so spannenden Stellung, ist aber im Zeitalter der Computer, dass unsere Feinde aus Silizium die Stellung als ruhig und tot einschätzen: 0,00.

Vachier-Lagrave und Rapport erkannten, dass alle Versuche, Ruhm zu erlangen, nach hinten losgehen würden und beschlossen, den Gordischen Knoten mit einer Zugwiederholung zu lösen.

Nepomniachtchi gegen Duda

Nach zwei Niederlagen in Folge spielte Ian Nepomniachtchi mit Weiß eine solide Partie, um sich zu stabilisieren und seine Niederlagenserie mit einem Remis zu beenden. Obwohl Jan-Krzysztof Duda viel mehr Zeit in die Stellung investierte und zeitweise eine ganze Stunde im Rückstand lag, verlief die Partie von einer russischen Verteidigung bis zum Mittelspiel mit zwei isolierten Bauern recht ausgeglichen. Beide Spieler sorgten mit ihren Türmen und der aktiven Platzierung von Damen und Springern für eine solide Kontrolle des Zentrums und nach einigen subtilen Manövern wiederholten sie die Züge.

Deac gegen Giri

Bogdan-Daniel Deac und Anish Giri lieferten sich im Najdorf ein Duell, bei dem es um die Kontrolle des Vorpostens auf d5 ging. Obwohl Deac die meiste Zeit der Partie besser stand, war unklar, wie er diesen Vorteil weiter ausbauen konnte. In seinem Interview nach der Partie zeigte er einige alternative Versuche, die er in Betracht gezogen hatte, fand aber immer wieder Ressourcen, mit denen sich Giri wehren und seine Bemühungen neutralisieren hätte können.

Zur Schlussstellung sagte die rumänische Nummer zwei: "Hier ist eine Wiederholung notwendig. Da ich bereits g4 gespielt habe, könnte sich das Blatt schnell wenden."

Anish Giri. Photo: Lennart Ootes/Grand Chess Tour.

Ergebnisse - Runde 6

Weiß Schwarz
Vachier-Lagrave 1/2 - 1/2 Rapport
Deac 1/2 - 1/2 Giri
Ding 1/2 - 1/2 So
Caruana 1/2 - 1/2 Firouzja
Nepomniachtchi 1/2 - 1/2 Duda

Die Tabelle nach der 6. Runde

Obwohl sich in der Tabelle durch die fünf Remis natürlich keine Veränderungen ergaben, hat sich die psychologische Dynamik durchaus verändert. Werden die verpassten Chancen das Selbstvertrauen von Caruana und So beeinträchtigen? Wer schafft es besser, die Enttäuschung dieser Runde abzuschütteln und in der nächsten Runde stark zurückzukommen? Diese Antwort werden wir bekommen, wenn die beiden in der siebten Runde gegeneinander antreten. Da So in dieser Partie mit Weiß spielt, ist es seine große Chance, Caruana die Tabellenführung zu entreißen.

Aber auch das Überleben einer fast verlorenen Stellung kann eine gewisse Euphorie auslösen. Firouzja hat genau das geschafft und er kann in den letzten drei Runden zweimal mit Weiß spielen. Und dann dürfen wir natürlich auch nicht Rapport vergessen. Rapport hat in Bukarest ein Heimspiel und liegt ebenfalls nur einen halben Punkt hinter Caruana und hat am Samstag die große Chance, gegen seinen Nationalmannschaftskollegen Deac Boden gutzumachen.

Paarungen - Runde 7

Weiß Schwarz
Duda - Vachier-Lagrave
Firouzja - Nepomniachtchi
So - Caruana
Giri - Ding
Rapport - Deac


Alle Partien der 6. Runde


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NM Vanessa West

Vanessa West is a National Master, a chess teacher, and a writer for Chess.com. In 2017, they won the Chess Journalist of the Year award.

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