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Sinquefield Cup, Runde 2: Caruana gewinnt nach 110 Zügen

Sinquefield Cup, Runde 2: Caruana gewinnt nach 110 Zügen

MikeKlein
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Den Revanchekampf der letzten Weltmeisterschaft zu überbieten ist nicht leicht, aber GM Fabiano Caruana tat am zweiten Tag des Sinquefield Cup´s 2017 sein bestes um genau dies zu tun. Während GM Magnus Carlsen bereits am Nachmittag gegen seinen ewigen Kontrahenten, Sergey Karjakin, relativ leicht gewonnen hatte, spielte Caruana bis spät in die Abendstunden.

Er brütete über fast dreimal so viele Züge wie der Weltmeister, aber seine unvollkommene Technik wurde perfekt, als es darauf ankam.

GM Fabiano Caruana spielt gerne lange Partien. | Lennart Ootes, Grand Chess Tour.

In der fast 7 Stunden dauernden Partie gegen GM Levon Aronian kam es zu dem gefürchteten Endspiel Turm und Läufer gegen Turm, das ja theoritisch Remis, aber doch so schwer Remis zu halten ist. Dass das Endspiel ohne Bauern begann war schlecht für Aronian, und Caruana wusste das.

"Ich war mir nicht 100% sicher, aber ich hatte keine Zeit um an mir selbst zu zweifeln," sagte Caruana über seine Entscheidung, alle Bauern vom Brett zu schlagen. Seine Intuition erwies sich als richtig.

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Dieses Bild sagt nicht 1000 Worte, sondern 110 Züge. | Lennart Ootes, Grand Chess Tour.

Über dieses Endspiel, das etwa 70 Züge lang dauerte, sagte Caruana: "Ich war mir von Anfang an sicher, dass ich dieses Endspiel gewinnen konnte."

Das war auch richtig, aber es wäre auch einfacher gegangen und hätte nicht über 100 Züge dauern müssen.

"Ich war ziemlich überrascht wie schwierig es war, die kleinsten Fortschritte zu erzielen...Ich musst ganz schön schwitzen."

"Ich würde auch 150 Züge spielen, wenn ich dadurch gewinnen könnte."

Da Carlsen gegen GM Sergey Karjakin auch die zweite Revanchepartie für die WM 2016 gewinnen konnte, hatte nur noch GM Maxime Vachier-Lagrave die Chance, mit 2 aus 2 ins Turnier zu starten. Aber der Franzose kam gegen GM Hikaru Nakamura nicht über ein Remis hinaus, und liegt damit weiterhin mit 2 anderen Spielern auf dem geteilten ersten Platz - nur die Namen der beiden anderen haben sich geändert.

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Im Gegensatz zu New York, können die Fotografen auch mal ein Foto von einem Endspiel machen. | Lennart Ootes, Grand Chess Tour.

Ebenfalls gewonnen hat der Titelverteidiger GM Wesley So, der damit GM Ian Nepomniachtchi die Rote Laterne verpasste, denn GM Peter Svidler holte gegen GM Viswanathan Anand seinen ersten halben Punkt des Turniers.

Was für ein Gück, dass Cauana nicht mehr 11 Jahre alt ist, und seine Eltern nicht vor dem Turniersaal auf ihn warten mussten, denn die hätten heute wohl einen Herzinfarkt bekommen.

Der - mit Unterbrechungen - bestplatzierte Amerikaner vermasselte einen sicheren Sieg kurz vor der Zeitkontrolle, was den Zuschauern 70 weitere Züge voller Spannung und viele weitere Stunden aufregendes Schach brachte.

Vielleicht gefällt es ihm aber auch einfach, Sinquefield Rekorde aufzustellen. Seine 8.5 Punkte aus dem Jahr 2014 sind wohl ein Rekord für die Ewigkeit und jetzt hat er auch die längste Partie der Turniergeschichte gespielt. Es war die erste Partie in der fünfjährigen Turniergeschichte, die über 100 Züge ging. Die bis gestern längste Partie stammte aus dem Jahr 2014, als sich Carlsen und Aronian 84 Züge lang duellierten.

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Das Ende eines langen Tages. | Lennart Ootes, Grand Chess Tour.

Wenn ihr Euch jetzt mit diesem Endspiel befasst und nicht alles komplett versteht solltet ihr Euch nicht schlecht fühlen. Ihr seit in guter Gesellschaft.

"Ich bin mir sicher, dass das Endspiel gewonnen ist, aber ich bin mir eigentlich nicht sicher, wie man es gewinnt," sagte die Nummer 1 der Welt, der diese Partie als Zuschauer verfolgte, nach dem 45. Zug. Carlsen sagte dann noch, dass er die Türme nicht tauschen darf, aber wen er mit "er" meinte, blieb unbeantwortet.

Vielleicht meinte Carlsen, Aronian"dürfe die Türme nicht tauschen, aber sollte er doch Caruana damit gemeint haben, wäre er richtig gelegen. Die Stellung, die der Norweger angesehen hatte (nach dem 45. Zug) wäre für Schwarz gewonnen gewesen, wenn keine Türme auf dem Brett gewesen wären.

Da könnt ihr jetzt den Comptuern vertrauen, oder GM Teimour Radjabov.

Wie konnte sich Radjabov da so sicher sein? Offensichtlich ist das etwas, das jedes Aserbaitschanische Schulkind weiß, und wir versuchen mal, das zu erklären.

"Levon war nicht die ganze Partie er selbst," sagte Carlsen. "Er schien irgendwie neben sich zu stehen."

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Der Weltmeister sagte, dass GM Levon Aronian heute nicht "er selbst" war. | Austin Fuller, Chess Club & Scholastic Center von Saint Louis.

Was war jetzt aber bei der Partie des Weltmeisters selbst los? Auch wenn es nach einem "Start-Zielsieg" aussah, sagte Carlsen, dass er druchaus seine Probleme hatte..

"Ich war nach der Eröffnung überhaupt nicht optimistisch," sagte Carlsen. Er versuchte einen Bauerndurchbruch, aber war trotzdem nicht von seiner Stellung überzeugt.

"Ich hab dieses c4 Zeugs versucht, aber ich konnte nicht viel machen. Dann hab ich einige Abwartezüge gemacht und auf den richtigen Moment gewartet um cxb5, d4 zu spielen. Irgendwie hab ich nichts richtiges gefunden."

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GM Magnus Carlsen gelt jetzt seine Haare bevor der die Könige seiner Gegner gelt. | Spectrum Studios.

Dann wechselte er den Gang, aber seine "Operation" auf dem Königsflügel war ein Glücksspiel. Sein schwarzfeldriger Läufer wurde zu seinem Skalpell und der schwarze König wurde schwach, nachdem Karjakin gezwungen war auf e5 zu tauschen. Als zu dieser Mixtur noch Zeitnot hinzukam, konnte sich Karjakin nicht mehr verteidigen.

Karjakin nannte die Partie "anstrengend und kompliziert." Er sah 31...exf4 als Verbesserung an, denn er hatte die Idee mit f5 unterschätzt. aufas a possible improvement, since he "underestimated" the play with f5. Carlsen widersprach dem aber, dann wenn er mit der Dame zurückgeschlagen hätte, hätte er immer noch einen Angriff auf den König gehabt.

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Die Auslosung in St. Louis hat aber auch ihre Eigenarten: Carlsen wies darauf hin, dass er gegen die selben Gegner in Norwegen die selben Resultate wie in St. Louis gehabt hatte. Ferner muss Carlsen gegen einen weiteren WM Herausforderer, nämlich gegen Anand, in der dritten Runde antreten. Und schließlich startete genau wie im letzten Jahr genau ein Spieler mit 0 aus 2. Dieses Jahr traf es Nepomniachtchi, und wie im letzten Jahr wird Caruana in der dritten Runde gegen diesen Spieler antreten (im letzten Jahr traf es Peter Svidler, der mit 0-2 gegen Caruana spielen musste).

Nepomniachtchi musst trotz orgineller Ideen gegen Wesley So heute als erster die Fahne streichen. Der Russe schlug mit der Dame auf d4 zurück.

"Es gibt nur wenige Partien mit dieser Variante," sagte Nepomniachtchi und fügte hinzu, dass ihn diese Stellung an eine typische Stellung in der sizilianischen Eröffnung erinnert hatte, wobei dort kein Bauer auf c4 steht, und Weiß ...Sc6 mit der Fesselung Lb5 beantworten kann.

"Es ist schwierig diese Partie zu analysieren, denn nach 17.f4 kann Weiß schon aufgeben." sagte Nepomniachtchi.

Wesley So war sichtlich erleichtert, dass er nach der gefürchteten "2 mal Schwarz" Auslosung auf 50% kam. Aber bei einem 9 Runden Turnier mit 10 Teilnehmern muss dieses Los halt immer einen Spieler treffen.

Nachdem er zuerst eine Partie  verloren und danach eine gewonnen hatte, sprach er über die "hochs und tiefs" in einem Turnier. Er bezog sich sogar auf einen seiner Konkurenten und erinnerte daran, dass Caruana gegen GM Varuzhan Akobian bei den US Meisterschaften 2017  eine "fürchterliche" Niederlage erlitt , aber dann wieder stark zurückkam.

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GM Wesley So dankte "Gott" nach der Partie, aber der Kommentator GM Maurice Ashley dankte allen, die ihre Partie in weniger als sieben Stunden beendeten. | Spectrum Studios.

"Natürlich bin ich nicht in Höchstform, nicht einmal annähernd, wenn ich solche Fehler mache," sagte Nepomniachtchi nach der Partie.

In einer kürzlichen Ausgabe des Perpetual Chess Podcasts, erkläret Nakamura dass die meisten Stellungen, die der Computer mit weniger als +/-0.9 bewertet, zu verteidigen sind. In seiner heutigen Partie gegen Vachier-Lagrave, schlugen die Computer zu keinem Zeitpunkt über +/-0.3 aus. Zwansläufig endete diese Partie also mit einem Remis.

Svidler-Anand war die zweite englische Partie des Tages und war dank des isolierten Bauerns etwas unausgeglichener. Das war genug um beiden Seite gewisse Chancen zu ermöglichen, aber als alle Bauern am Damenflügel geschlagen waren, war es an der Zeit, die Partie zu beenden.

Beim Sinquefield Cup 2017 spielen 10 Spieler vom 1. bis zum 12. August im Modus "Jeder-gegen-Jeden" um ein Preisgeld von $300.000. Die Partien beginnen täglich um 20.00 Uhr deutscher Zeit und können auf der offiziellen Seite oder auf www.chess.com/TV live verfolgt werden.

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Das Bild ist von Spectrum Studios.

Sinquefield Cup 2017 | Tabelle nach der 2. Runde

Platz Name Land ELO 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Punkte
1 GM Carlsen, Magnus 2822 x ½ 1 1.5
2 GM Caruana, Fabiano 2807 ½ x 1 1.5
3 GM Vachier-Lagrave, Maxime 2789 x 1 ½ 1.5
4 GM So, Wesley 2810 0 x 1 1.0
5 GM Aronian, Levon 2799 0 x 1 1.0
6 GM Nakamura, Hikaru 2792 ½ x ½ 1.0
7 GM Anand, Viswanathan 2783 ½ x ½ 1.0
8 GM Karjakin, Sergey 2773 0 x 1 1.0
9 GM Svidler, Peter 2751 ½ 0 x 0.5
10 GM Nepomniachtchi, Ian 2751 0 0 x 0.0

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Mike Klein began playing chess at the age of four in Charlotte, NC. In 1986, he lost to Josh Waitzkin at the National Championship featured in the movie "Searching for Bobby Fischer." A year later, Mike became the youngest member of the very first All-America Chess Team, and was on the team a total of eight times. In 1988, he won the K-3 National Championship, and eventually became North Carolina's youngest-ever master. In 1996, he won clear first for under-2250 players in the top section of the World Open. Mike has taught chess full-time for a dozen years in New York City and Charlotte, with his students and teams winning many national championships. He now works at Chess.com as a Senior Journalist and at ChessKid.com as the Chief Chess Officer. In 2012, 2015, and 2018, he was awarded Chess Journalist of the Year by the Chess Journalists of America. He has also previously won other awards from the CJA such as Best Tournament Report, and also several writing awards for mainstream newspapers. His chess writing and personal travels have now brought him to more than 85 countries.

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