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Rapport zockt und gewinnt den FIDE Grand Prix 2022 in Belgrad
Rapport gambled and it paid off, winning him the game and the event!

Rapport zockt und gewinnt den FIDE Grand Prix 2022 in Belgrad

chansen64
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Am ersten Tag des Finales beim FIDE Grand Prix in Belgrad, sicherte sich Richard Rapport mit Schwarz gegen Dmitry Andreikin ein solides Remis. Nachdem sich der Russe erst in der letzten Runde der Gruppenphase durch einen dramatischen Sieg gegen Etienne Bacrot für das Halbfinale und erst nach einem nicht minder dramatischem Sieg im Playoff gegen Anish Giri für das Finale qualifiziert hatte, kann man ihm natürlich nur schwer vorwerfen, dass er in der ersten Partie mit Weiß nicht mehr versucht hatte. Schließlich hat ihm aber genau dieser verhaltene Start ins Finale den Turniersieg gekostet.

Wohl wissend, dass ihm ein Sieg bei diesem Turnier in eine großartige Position für einen Platz beim Kandidatenturnier in Madrid bringen würde, wollte aber auch Rapport kein unnötiges Risiko eingehen. Andreikin hingegen musste dieses Turnier schon fast gewinnen, um sich für das Kandidatenturnier zu qualifizieren, denn beim dritten Grand Prix Turnier in Berlin, das bereits in 10 Tagen beginnt, wurde er mit den beiden Finalisten des ersten Grand Prix Turniers, Hikaru Nakamura und Levon Aronian, in eine Gruppe gelost.

So begann Rapport auch die zweite Finalpartie mit Weiß sehr solide. Aber gerade als die Partie mit einem Remis durch Zugwiederholung zu enden schien, begann Rapport trotz Zeitnot zu zocken und wurde mit ein paar unterdurchschnittlichen Zügen von Andreikin belohnt. Plötzlich hatte der Ungar eine Gewinnstellung und musste nur noch die verzweifelten Versuche von Andreikin, ein Dauerschach zu finden, abwehren.

Durch diesen Sieg ist Richard Rapport ein ganz heißer Anwärter auf einen der ersten beiden Plätze in der Grand-Prix Gesamtwertung, die einen Startplatz beim nächsten Kandidatenturnier garantieren. Andreikin hingegen wird sich emotional auf das dritte Grand Prix Turnier in Berlin vorbereiten müssen, das am 24. März 2022 beginnt.

Wollt Ihr den Grand Prix nochmal ansehen?

Alle Partien des FIDE Grand Prix findet Ihr auf unserer Event-Seite. Wir haben das Turnier auch mit deutschsprachigen Kommentaren von IM Steve Berger auf Twitch, YouTube, ChessTV und Chess.com/Events übertragen. Die englischsprachige Übertragung haben wir auf unserem YouTube-Kanal Chess.com Live gesendet.
Hier seht Ihr die Aufzeichnung der Übertragung der zweiten Finalpartie:

Bisher hatte Rapport in diesem Turnier sowohl 1.e4, 1.d4 als auch 1.c4 gespielt, was es etwas schwierig macht, seine Wahl für die Eröffnung zu erraten, obwohl gesagt werden sollte, dass er die englische Eröffnung (also 1.c4) nur spielte, als er ein Remis benötigte, um seine Gruppe zu gewinnen. Letztendlich entschied er sich in dieser Partie, die mit Sicherheit eine der wichtigsten seiner bisherigen Karriere war, für 1.d4. Andreikin beantwortet den Zug mit 1...d5 und ließ das trendige 3...a6 folgen, das auch Andreikin in seiner Partie gegen Sam Shankland in der Gruppenphase gespielt hatte. Diese Partie endete dann mit einem relativ mühelosen Remis für Schwarz. Rapport lenkte mit dem Zug 5.a3 sehr schnell von früheren Partien ab (Shankland hatte sich für 5.Sf3 entschieden). Das ist ein Zug, der bisher nur in wenigen Partien und immer nur von weit niedriger bewerteten Spielern gespielt worden war.

Andreikin hatte keine Angst vor strategischen Risiken und nahm einen isolierten d-Bauern für ein aktives Figurenspiel in Kauf. Im Mittelspiel bekamen wir einen komplexen, aber ungefähr ausgeglichenen Kampf zu sehen, bei dem die aktiven Figuren von Schwarz eine etwas wackelige Bauernstruktur und einen etwas unsicheren König kompensierten.

Richard Rapport. Foto: Mark Livshitz/FIDE.

Kurz vor Zug 30 begannen die Spieler die Züge zu wiederholen, was den Kommentatoren zufolge auch logisch erschien. Rapport dachte jedoch nach, bis er für die verbleibenden 11 Züge weniger als zwei Minuten auf der Uhr hatte - und riskierte! Ob er sich voll und ganz bewusst war, dass er bei optimaler Spielweise immer mindestens ein Remis auf dem Brett hatte, ist unklar, aber eines ist sicher: Wenn jemand diese Partie gewinnen sollte, war es Rapport. Und er wurde für sein unglaubliches Wagnis belohnt.

Trotz der Niederlage im Finale verdient Andreikin viel Anerkennung für seine Leistung in diesem Turnier. Er nutzte sämtliche Chancen, die sich ihm geboten hatten und sein Damenopfer gegen Bacrot in der letzten Runde der Gruppenphase und seine zähe Verteidigung in beiden Partien gegen Giri zeigten, dass er zwar in den letzten Jahren nicht im Rampenlicht stand, aber seine Tanzschuhe immer noch poliert sind und man immer mit ihm rechnen sollte.

Dmitry Andreikin. Foto: Mark Livshitz/FIDE.

Unsere Kommentatorin Keti Tsatsalashvili sagte, dass Andreikin von Rapport emotional überspielt wurde und das scheint die genaueste Beschreibung dessen zu sein, was in der heutigen Partie passiert ist. Auf dem Brett schienen die Spieler gleichstark gewesen zu sein, aber als die Stellung, der Gegner, die Kommentatoren, die Zuschauer und die Engines alle mit einem Remis zufrieden gewesen waren, fand Rapport diese zusätzliche Energie, um auf Sieg zu spielen. Wir scheinen einen neuen Richard Löwenherz des Schachsports gefunden zu haben. Lang lebe der König!

Rapport ist jetzt die Nummer 7 der Welt. Bild: 2700chess.com.

Turnierbaum

Die Grand Prix Gesamtwertung nach 2 von 3 Turnieren:

Der FIDE Grand Prix in Belgrad war das zweite von drei Turnieren. Es fand vom 1. bis zum 14. März statt. Die Partien begannen jeden Tag um 15.00 Uhr.


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