Oslo ist aus dem Rennen um die Weltmeisterschaft 2018 und verlangt Transparenz!
Oslo ist nicht mehr im Rennen um die Austragung der Schachweltmeisterschaft 2018. Wie Agon und der Norwegische Schachverband bekanntgaben, wurde vor Ablauf der Frist kein Angebot abgegeben. Beide erwähnen aber nicht, dass die norwegische Regierung einen Transparenten Bieterprozess verlangt hatte.
Magnus Carlsen und Sergey Karjakin beim WM-Finale 2016.
Norwegen hatte seit Dezember 2016, einen Monat nachdem Magnus Carlsen gegen Sergey Karjakin in New York seinen WM Titel verteidigte, das nächste Finale nach Norwegen zu holen. Vergebens.
Der Norwegische Schachverband verhandelte hinter verschlossenen Türen mit Agon, der Firma, die die Rechte zur Ausrichtung der Schachweltmeisterschaft hält, um das Finale in Oslo zu veranstalten. Am Donnerstag veröffentlichten beide Parteien eine Pressemitteilung, in der dieses Projekt als gescheitert bezeichnet wurde.
"Der Grund ist, dass es zu lange gedauert hat, um die nötigen Mittel aufzutreiben," sagte Geir Nesheim, der Generalsekretär des Norwegischen Schachverbande. "Der Inhaber der Rechte [Agon, PD] wollte eine verbindliche Zusage von unserer Seite, um mit den Planungen des Events beginnen zu können, wofür wir vollstes Verständnis haben. Diese Zusage konnten wir aber nicht geben."
Agon's Ilya Merenzon: "Wir bedanken uns bei beim Norwegischen Schachverband für das professionelle und ehrgeizige Vorhaben, die nächste Weltmeisterschaft in Oslo abzuhalten. Leider wurde der Verband aber von der norwegischen Regierung nicht wie erhofft unterstützt, und ohne die Unterstützung der Regierung ist es nicht möglich, eine Verstaltung in dieser Größenordnung und mit einem Budget von über 4 Millionen Euro, durchzuführen."
Interessanterweise erwähnt keine der beiden Seiten, warum Oslo die Gelder nicht zur Verfügung stellt. Ein wichtiger Grund wurde vor 2 Wochen in der norwegischen Tageszeitung Norwegian newspaper VG genannt: Um Staatsgelder zur Verfügung stellen zu können muss der Bieterprozess offen und transparente sein. Dies ist beim Schach nicht der Fall.
Der Weltschachverband schreibt normalerweise viele der großen Turniere aus, und der meistbietende darf diese dann Ausrichten, aber das gilt nicht für Weltmeisterschaften. 2 der letzten 3 WM-Finals (Chennai 2013 und New York 2016) wurden ohne Bieterprozess vergeben. Das Finale 2013 wurde vom FIDE Präsidenten Kirsan Ilyumzhinov sogar persönlich nach Chennai vergeben, obwohl ein höheres Gebot aus Paris vorlag.
Carlsen, gestern auf TV2: "Ich hatte wirklich gehofft, dass das WM Finale in Norwegen stattfinden würde. Es ist echt schade, dass dies nun nicht geschehen wird." | Foto: Maria Emelianova.
Es ist aber nicht das erste Mal, dass Carlsen von der FIDE enttäuscht wird. Schon 2013 sagte Carlsen, dass er von der Vergabe des WM-Finales nach Chennai "tief enttäuscht" wäre, und der Norwegische Schachverband protestierte gegen die Vergabe mit einem offenen Brief.
Als Carlsen 2008 bei einem FIDE Grand Prix nicht antrat, gab sein Team folgende Erkärung ab: "Schach ist ein Sport und Schach ist eine Attraktion für Sponsoren. Alle Spieler haben unserer Meinung nach die besten Bedingungen, wenn das Vergabesystem für Groß- und Weltmeisterschaftsturniere offen, fair und transparent ist."
Es ist dieses eine Wort "Transparenz" das immer wieder fällt. Linda Hofstad Helleland, die norwegische Kultusministerin, sagte, sie könne nicht 16 Millionen Kronen (1.65 Millionen Euro oder 1.88 Millionen Dollar) für eine Veranstaltung bereitstellen, bei der der Vergabeprozess nicht offen und transparent ist. Aus dem selben Grund zog schon die norwegische Stadt Stavanger ihre Bewerbung für die Schnellschach und Blitz-WM 2017 zurück.
Ob sich bereits andere Städte um das WM-Finale beworben haben, ist bis heute unklar. Ilyumzhinov erwähnte kürzlich London und die russische Presseagentur sprach von Japan, Süd Korea oder Singapur, aber keine dieser Informationen ist offiziell bestätigt.
Update vom 9 Juni:
An article by Norwegian media NRK zitiert Merenzon: "Ich glaube die norwegische Kultusministerin täuscht die Menschen. Es scheint, als ob Politiker für alles eine Ausrede parat haben. In Norwegen ist dies offensichtlich ein Politisches Thema, aber für uns geht es bei der Angelegenheit um Show und Geschäft. Ich bin ein wenig enttäuscht von der norwegischen Kultusministerin, dass sie so einen Unfug spricht."
Merenzon beschrieb dann noch die Vorgehensweise von Agon: "Wir wählen den Veranstaltungsort nach unseren Kriterien aus. Dabei geht es nicht nur um Geld sondern auch um die Rahmenbedingungen für unsere Sponsoren, die Arbeitsbedingungen für die Presse, usw."
NRK zitiert dann auch Helleland: "Er hat ein komplett anderes Verständnis von Transparenz als wir es haben. (...) Es scheint einfach nur darum zu gehen, wer das meiste Geld auf den Tisch legt."
Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels berichteten wir, dass die Weltmeisterschaft 2014 in Sochi ohne ein Gebot vergeben wurde. Richtig ist aber, dass es sehr wohl eine Möglichkeit zur Abgabe von Geboten gegeben hat, aber bis zum Ablauf der Abgabefrist kein einziges Gebot eingegangen war.