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Nepomniachtchi gewinnt das Kandidatenturnier; Wang beendet seine Karriere
Wang Hao hat heute seine letzte ernsthafte Schachpartie gespielt. Foto: Lennart Ootes/FIDE.

Nepomniachtchi gewinnt das Kandidatenturnier; Wang beendet seine Karriere

PeterDoggers
| 2 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Das FIDE Kandidatenturnier ging mit 3 siegreichen Partien zu Ende. Ding Liren konnte mit Weiß gegen Ian Nepomniachtchi, der bereits als Turniersieger feststand, gewinnen.

Ebenso schnell gewann Maxime Vachier-Lagrave gegen Wang Hao, der nach der Partie bekanntgab, dass er seine Karriere aus gesundheitlichen Gründen beenden wird. 

Anish Giri verlor einen langen Kampf gegen Kirill Alekseenko und nach einem noch längeren Kampf beendeten Fabiano Caruana und Alexander Grischuk das Turnier mit einem Remis.

Wollt Ihr Euch das Turnier nochmal ansehen?

Alle Aufzeichnungen der Übertragungen mit den Kommentaren von IM Steve Berger, IM Elisabeth Pähtz und WIM Fiona Steil-Antoni findet ihr auf dem deutschen YouTube Kanal von Chess.com.

Die Übertragung wurde von Grip6 gesponsert. Wenn Ihr auf grip6.com/pages/chess den Code CHESS20 verwendet, bekommt Ihr auf alle Produkte 20% Rabatt.

Alle Partien findet Ihr hier auf unserer neuen Seite Chess.com/events. Alle Informationen über das Kandidatenturnier findet Ihr in unserem Info-Artikel.

Die Chess.com Übertragung der letzten Runde.

 

Abschlusstabelle

# Land Name Elo Lstg. 1 2 3 4 5 6 7 8 Punkte
1 Ian Nepomniachtchi 2774 2849 ½½ 10 ½½ ½1 11 8.5
2 Maxime Vachier-Lagrave 2767 2824 ½½ ½0 ½0 ½1 ½1 8.0
3 Anish Giri 2763 2799 ½½ ½1 ½1 ½0 10 ½1 7.5
4 Fabiano Caruana 2842 2789 ½½ ½1 ½0 ½½ ½1 7.5
5 Ding Liren 2805 2769 01 ½0 ½1 ½1 7.0
6 Alexander Grischuk 2777 2773 ½½ ½1 ½1 ½½ ½0 ½0 ½½ 7.0
7 Kirill Alekseenko 2698 2708 ½0 ½0 01 ½0 ½1 ½½ 5.5
8 Wang Hao 2762 2674 00 ½0 ½0 ½0 ½½ ½½ 5.0

(Feinwertung: 1. Direkter Vergleich, 2. Anzahl der Siege, 3. Sonneborn-Berger.)

Da sich Nepomniachtchi den Turniersieg ja bereits in der letzten Runde gesichert hatte, war das traurige Karriereende des 31-jährigen Wang Hao die Nachricht des Tages. Er gab dies während der Pressekonferenz nach seiner Partie gegen Vachier-Lagrave bekannt. In der Partie hatte der chinesische Großmeister einen weiteren schockierenden Einbruch erlitten, bei dem er gleich mehrere schlechte Züge hintereinander machte und nach weniger als 30 Zügen dem Franzosen zum Sieg gratulieren musste.

Als er nach seinen Zukunftsplänen gefragt wurde, ließ Wang die Bombe platzen: "Ich werde versuchen, etwas anderes zu machen und nicht mehr professionell Schach spielen. Ich habe einige gesundheitliche Probleme und kann diesen Beruf nicht mehr fortsetzen. Ich werde vielleicht als Trainer arbeiten oder im Investmentbereich, aber ich kann nichts mehr machen, was zu viel Stress verursacht."

Ich werde versuchen, etwas anderes zu machen und nicht mehr professionell Schach spielen. Ich habe einige gesundheitliche Probleme und kann diesen Beruf nicht mehr fortsetzen.
—Wang Hao

Wang sagte, die Probleme hängen mit seiner Verdauung zusammen: "Ich habe diese Probleme seit einigen Jahren. Es war immer sehr schwierig. Seit 2019 wurde es schlimmer."

Nach der 10. Runde überlegte Wang sogar, das Turnier abzubrechen: "Nach der Partie gegen Grischuk wollte ich das Turnier beenden, weil es sich bereits abgezeichnet hat, dass ich nicht weitermachen konnte."

Das Interview von MVL und Wang Hao nach der Partie.

Wenn man die 16 Züge der Berliner Theorie ausklammert, war die Partie eigentlich eine Miniatur. Interessanterweise schätzten die beiden Spieler die Stellung völlig unterschiedlich ein.

"Es gibt in dieser Stellung viele Details und viele Feinheiten, aber als ich es geschafft hatte, meinen Springer unangefochten nach d6 zu bringen, war die Stellung schon fast gewonnen," sagte MVL. Wangs Einschätzung der Stellung war allerdings näher an der Computerbewertung: "Wenn ich mich richtig erinnere, ist die Stellung nach 19.Sd6 laut den Engines ausgeglichen."

Danach war der Chinese aber mit seinem Latein am Ende. "Ich habe sehr schlecht gespielt und viel zu leicht verloren", sagte er.

Der Sieg bedeutet, dass Vachier-Lagrave einen halben Punkt hinter dem Siege den zweiten Platz belegt. "Wenn man bedenkt, dass bei diesem Turnier nur der erste Platz zählt, ist das natürlich kein großartiges Ergebnis," sagte er. "Ich bin aber stolz auf die Art und Weise, wie ich mich nach vielen sehr schwierigen Partien und vielen sehr bitteren Niederlagen gewehrt habe. Deshalb nehme ich auch das Positive mit. Ich hoffe, dass ich in der Lage sein werde, aus meiner Vorbereitung auf das Turnier und dem Selbstvertrauen, das ich in den letzten Partien zumindest teilweise wiederhergestellt habe, Kapital zu schlagen."

Maxime Vachier-Lagrave smiling chess
"Ich bin stolz darauf, wie ich mich gewehrt habe." Foto: Lennart Ootes/FIDE.

Der Gewinner des Turniers erlitt eine ebenso schnelle Niederlage. Obwohl nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine wilde Feier stattgefunden hat, hat Nepomniachtchi es selbst anders erklärt.

"Gestern war ich noch sehr motiviert, aber heute, als ich aufwacht bin, hatte meine Motivation deutlich nachgelassen", sagte er. "Ich war nicht sehr glücklich, dass ich noch eine Partie zu spielen hatte."

Trotzdem hatte Nepomniachtchi "ziemlich viel" auf diese Partie vorbereitet und infolgedessen einen Fehler gemacht, weil er die Dinge durcheinander gebracht hat. "Irgendwie bin ich total vom Weg abgekommen," sagte er.

Ian Nepomniachtchi interviewed by Russia media
Ian Nepomniachtchi wird von den russischen Medien interviewt. Foto: Lennart Ootes/FIDE.

Dadurch beendete Ding das Turnier mit 50 Prozent und kann sich sogar als "Sieger der zweiten Turnierhälfte" bezeichnen, denn in den sieben Partien seit der Wiederaufnahme erspielte sich der Chinese 4.5 Punkte. 

"Ich hätte nichts dagegen, wenn das Turnier noch etwas länger dauern würde, da ich gerade erst in Form gekommen bin", lächelte er. "Natürlich habe ich in der ersten Hälfte des Turniers aufgrund der langen Quarantäne sehr schlecht gespielt [letztes Jahr musste Ding nach seiner Einreise nach Russland in eine obligatorische zweiwöchentliche Quarantäne]. Ich denke, dass ich auf die zweite Turnierhälfte viel besser vorbereitet war und deshalb auch viel bessere Stellungen bekommen habe. Hätte ich von Anfang an mein Bestes Schach gespielt, hätte ich vielleicht einige Chancen gehabt."

Hier zeigt Euch Großmeister Ben Finegold die Partie:

Ding Liren 2021 Candidates chess
Ding "gewann" mit 4.5 Punkten die zweite Turnierhälfte. Foto: Lennart Ootes/FIDE.

Nachdem er das Turnier gewonnen hatte, hatte Nepomniachtchi wieder für die Sozialen Medien Zeit:

 

Als ob die Enttäuschung, das Duell um die Weltmeisterschaft verpasst zu haben noch nicht ausgereicht hätte, beendete Giri sein Turnier mit seiner zweiten Niederlage in Serie. Alekseenko wiederum schaffte es, in der letzten Runde die Rote Laterne an Wang zu übergeben.

"Ich habe irgendwann im Mittelspiel eine etwas bessere Stellung bekommen und versucht, sie Schritt für Schritt auszubauen, aber es blieb immer fast gleich," beschrieb Alekseenko die Partie. Erst als Giri mit dem Zug 37.g4 seinen Königsflügel schwächte, änderte sich das Geschehen.

Alekseenko nannte das einen "seltsamen Zug", da der schwarze Springer jetzt auf f4 gelangen konnte. Zumindest war das der Plan, aber stattdessen opferte Giri einfach seinen g-Bauern.

Anish Giri 2021 Candidates chess
Niemand dachte, dass Giri das Turnier mit zwei Niederlagen beenden würde. Foto: Lennart Ootes/FIDE.

Alekseenko verpasste eine starke Fortsetzung und nach der Zeitkontrolle fand Giri eine hartnäckiges Setup. Dann aber verlor der Holländer erneut den Faden.

"Im entscheidenden Moment habe ich mich verrechnet, aber da war es auch schon sehr schwierig," sagte Giri. "Er hat sehr gut gespielt."

Giri betonte auch, dass Alekseenko auf sein Katalanisch viel besser vorbereitet was als vor einer Woche, als er die Varianten verwechselt und mehr oder weniger kampflos gegen Nepomniachtchi verloren hatte: "Es war unglaublich, in nur einer Woche eine solch rasante Entwicklung seiner Behandlung der katalanischen Eröffnung zu sehen. Von einer Niederlage in 20 Zügen zu einer beeindruckenden Partie gegen mich. Ich finde das Bemerkenswert!"

Kirill Alekseenko Candidates 2021
Alekseenko gab in der letzten Runde die Rote Laterne ab. Foto: Lennart Ootes/FIDE.

Mit einem Sieg in der letzten Runde hätte Caruana MVL noch vom zweiten Platz verdrängen können, aber am Ende musste sich der Amerikaner mit einem Remis gegen Grischuk und dem vierten Platz zufriedengeben.

Wie schon gegen Giri musste er sich mit der 4 Springer Variante in der sizilianischen Verteidigung auseinandersetzen und diesmal versuchte Caruana sein Glück mit dem Zug 6.Dd3!? und brachte nur wenige Züge später eine Neuerung auf das Brett. Grischuk fand aber eine gute Antwort und hatte im 20. Zug mehr oder weniger ausgeglichen. 

Aufgrund der Stellungen auf den anderen Brettern, kam der russische Großmeister zu dem Schluss, dass er weiterspielen musste: "Ich sah, dass Giri vielleicht verlieren wird und Vachier-Lagrave vielleicht nicht gewinnt und plötzlich hatte ich Chancen auf den zweiten oder dritten Platz", sagte er. "Irgendwann habe ich dann aber extrem schlecht gespielt."

Nach der Zeitkontrolle, als Caruana zu f4-f5 kam, wurde er ein wenig optimistisch. "Ich war mir aber nicht sicher, ob das etwas Reales war, oder ob es für Schwarz nur ein bisschen knifflig wurde."

Caruana Grischuk 2021 Candidates
Caruana gegen Grischuk. Foto: Lennart Ootes/FIDE.

Grischuk wies darauf hin, dass er zum ersten Mal bei einem Kandidatenturnier kein Minus-Ergebnis erzielt hatte. Seine 50 Prozent bezeichnete er aber dennoch als "nichts Besonderes".

Caruana empfand für sein Ergebnis von Plus 1 dasselbe: "Ich denke nicht, dass es wichtig ist, ob man Plus 3 oder Minus 3 macht. Wir sind alle hier, um das Turnier zu gewinnen."

Und so ist ein Turnier, das über ein Jahr gedauert hat, endlich vorbei. Nepomniachtchi wird definitiv ein interessanter Gegner für Carlsen sein und der hat gestern schon eine erste schnelle Reaktion abgegeben:

Caruana, Carlsens letzter Gegner in einem Titelkampf, äußerte eine ähnliche Einschätzung: "Ich denke, es wird sehr eng werden, weil er jetzt wirklich stark spielt. Nicht nur in diesem Turnier. Im gesamten vergangenen Jahr hat er unglaublich stark gespielt. Ich denke, er wird für Magnus ein sehr gefährlicher Gegner sein."

Im gesamten vergangenen Jahr hat er unglaublich stark gespielt. Ich denke, er wird für Magnus ein sehr gefährlicher Gegner sein.
—Fabiano Caruana

2021 FIDE Candidates Chess.com vote winners
Chess.com/Events Die Sieger des Tippspiels

Schließlich ist auch unser Tippspiel zu Ende. Die folgenden Mitglieder haben Preise gewonnen: Sieger wurde mit 19 Punkten @bronze-tiger007. Wir gratulieren zum Gewinn von $1,000. Die 18 Punkte von @GabrielMontori97 reichten für den Zweiten Platz und $500 und mit jeweils 17 Punkten kamen @BiancoFalco, @Blunderful_Life, @daavcio, @stormriderzz und @smulps auf den geteilten dritten Platz und dürfen sich über $100 freuen.


So verliefen die ersten 13 Runden des Kandidatenturniers:

PeterDoggers
Peter Doggers

Peter Doggers joined a chess club a month before turning 15 and still plays for it. He used to be an active tournament player and holds two IM norms. Peter has a Master of Arts degree in Dutch Language & Literature. He briefly worked at New in Chess, then as a Dutch teacher and then in a project for improving safety and security in Amsterdam schools. Between 2007 and 2013 Peter was running ChessVibes, a major source for chess news and videos acquired by Chess.com in October 2013. As our Director News & Events, Peter writes many of our news reports. In the summer of 2022, The Guardian’s Leonard Barden described him as “widely regarded as the world’s best chess journalist.”

Peter's first book The Chess Revolution is out now!

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