Nakamura gewinnt das Eröffnungsspiel der Speedschach Meisterschaft
Niemand wollte gegen GM Hikaru Nakamura antreten, aber einer hatte es zu tun.
Im Eröffnungsspiel der Speedschach Meisterschaft 2017 (die letztes Jahr noch unter dem Namen "Blitz-Kampf Meisterschaft" lief) besiegte Nakamura problemlos den Qualifikanten GM Sergey Grigoriants mit 20.5-7.5. Der Amerikaner, der letztes Jahr das Finale erreichte, gewann alle 3 Abschnitte und schloß das Duell mit 7 Siegen in Serie ab.
Inclusive der Duelle des letzten Jahres (und ohne den Vor-Vorgänger, die "Todesblitz Meisterschaft" mitzuzählen) war dies der zweithöchste Sieg der Turniergeschichte, und es hatte den Anschein, dass alle Qualifikanten ein solches Ergebniss befürchteten.
12 Großmeister wurden zu diesem Turnier von Chess.com eingeladen, und 4 Startplätze wurden bei 4 Qualifikationsturnieren im April ausgespielt. Die 4 Qualifikanten konnten dann eine Wunschliste abgeben, gegen wen sie in der ersten Runde spielen wollten, und dem Wunsch des Qualifikanten mit dem höchsten Blitzrating auf Chess.com wurde dann zuerst entsprochen, dem mit dem zweithöchsten danach, usw.. Chess.com´s Vizepräsident, IM Danny Rensch, verriet, dass nicht einer der Qualifikanten Nakamura oder Weltmeister GM Magnus Carlsen ganz oben auf seiner Wunschliste hatte, as his first choice, und die Reihenfolge der Eingaben sowie die Rangliste ergab dann, dass Grigoriants gegen Nakamura anzutreten hatte.
Einer musste einfach gegen GM Hikaru Nakamura antreten obwohl dies keiner der Qualifikanten wirklich wollte, genauso wie keiner dem Duell gegen GM Magnus Carlsen mit großer Freude entgegenblickt. Diese "Ehre" gebührt aber GM Gadir Guseinov.
Die vergangenen Blitz Partien auf Chess.com zwischen den beiden ließen nichts gutes Erahnen, denn Nakamura führte den direkten Vergleich mit 49-12 an (plus einem Sieg in einzigen langen Partie zwischen den beiden), aber am Anfang hielt der Russe erstaunlich gut mit.
Das Duell begann mit zwei Remis in der 5+2 Sektion, aber in der dritten Partie sah alles danach aus, als ob der einstige 2800 Großmeister seinen ersten Sieg verbuchen könnte. Aber obwohl der Aussenseiter nur noch 11 Sekunden auf der Uhr hatte, konnte Nakamura, mit 2 Minuten und 45 Sekunden auf der Uhr und einer Qualität mehr keinen Gewinnweg finden, und somit endete auch die dritte Partie mit einem Remis.
Nach dem Duell gab Nakamura zu, nicht 100%ig konzentriert gewesen zu sein, da er wusste, dass es nicht auf jeden halben Punkt ankommen würde.
"Ich habe einen Weg gefunden, die Stellung total zu verka...en," sagte er am Ende.
Nakamura gewann dann die nächsten beiden Partien, und gab diese Führung nie mehr aus der Hand. Wie schon oft zuvor in 3 Stunden Duellen, verließ er sich auf unzählige Nebenvarianten des Königsindischen Angriffs (einmal zog er sogar 1.d3 und dann 2.Sd2, was aber wieder zum Königsindischen Aufbau führte).
In der vierten Partie wuchsen Nakamura Flügel. Ob Red Bull auch Schachspielern Flügel verleiht ist eigentlich nicht erwiesen, aber Nakamura fand, gestärkt durch eine Dose dieses Getränks, 13 aufeinanderfolgende Züge, in denen er entweder Schach bot, eine Figur schlug oder eine Drohung aufstellte:
Nach diese Sieg gewann Nakamura nur wenige Minuten später zum zweiten Mal in Folge, Dieses Mal nach einer schlauen Überlastungs-Taktik im 76. Zug! Echt schade, dass das Video für ChessKid König Level 59 bereits aufgenommen wurde.
"Als ich mit 2 Punkten in Führung lag war ich mir sicher, dass ich gewinnen würde" sagte Nakamura.
Grigoriants erzielte dann im 5+2 Modus drei weitere Remis, was man, je nachdem wie man es sehen will, als Stabilisation oder auch als Unfähigkeit zu Gewinnen auslegen kann. Objektiv gesehen ist es aber schwierig im gesamten Duell eine Partie zu finden, in der der Russe nach der Eröffnung besser gestanden wäre.
Nakamura gewann dann noch die Schach960 Partie, die diese Runde abschloss, und baute seine Führung damit auf 6.0-3.0 aus. In letzter Zeit fand Nakamura immer mehr Gefallen am Schach960. Heute gewann er alle 3 Partien im Schach960 und sogar gegen Carlsen gewann er letztes Jahr im Finale 2 der 3 Schach960 Partien, und remisierte die Dritte.
Im 3 Minuten Abschnitt lieferten sich die beiden einen offenen Schlagabtausch. Grigorants erzielte seine ersten Siege, aber da auch Nakamura anfangs regelmässig mit den weißen Figuren punktete, war die Gesamtführung des Amerikaners nie in Gefahr.
Hier ist die erste Partie die der Russe gewinnen konnte. Nakamura lies sich auf ein Bauerendspiel ein, indem er auf verlorenem Posten stand.
Es ist vielleicht keine Überraschung, dass dieses Endspiel aus der Berliner Verteidigung entstand. Vor dem heutigen Duell hatte Grigoriants 3 seiner 12 Siege auf Chess.com gegen Nakamura nach dieser Eröffnung erzielt.
"Es wäre ja langweilig geworden, wenn wir nur diese Eröffnung gespielt hätten," gab sich Grigoriants nach dem Duell sportlich fair. So kam diese Eröffnung nur 3 mal auf das Brett und Grigoriants erzielte damit einen Sieg und zwei Remis.
Gleich nach dieser Niederlage stellte Nakamura den alten Vorsprung mit einer simplen Idee wieder her: Er offerierte seinem Gegner eine Figur für zwei gedeckte Freibauern.
In der Partie Nummer 15, sahen wir wieder die Berliner Eröffnung. Es hatte fast den Anschein, als würde zum sechsten Mal in Folge Weiß gewinnen, aber Nakamura schaffte es, alle Bauern vom Brett zu bekommen und hielt das Endspiel mit seinem Turm, gegen Turm und Springer remis.
Nakamura ging dann mit einer 12.0-6.0 Führung in die Bulletpartien, und viele Großmeister, die bis dahin zusahen, verließen den Chat. Grigoriants strafte aber alle Experten, die von seinem Untergang überzeugt waren, und gewann nicht nur die erste Partie, sondern hatte auch noch in der zweiten Partie einen Mehrbauern. Dann übersah er aber einen Zwischenzug und Nakamura konnte die Partie noch drehen.
Die Taktik war fast eine Kopie von GM Viswanathan Anand's verpasster Gelegenheit in der sechsten Partie der Weltmeisterschaft 2014 gegen Carlsen. Nakamura lies aber nicht zu, dass sich die Geschichte wiederholte.
Was aber noch beeindruckender als der Sieg an sich war, war die Tatsache, dass Nakamunra mit 1:06 auf der Schachuhr gewann! Das heißt, dass er 42 Züge in 36 Sekunden gezogen (und gewonnen!) hat.
Der einzige Spieler, der schon einmal eine Partie gewonnen hatte, und am Ende der Partie mehr Zeit auf der Uhr hatte als am Beginn der Partie, war laut den recherchen von Chess.com auch Nakamura.
Nach dieser Partie war Nakamura mehr als entspannt. Sein Kopf wippte ab jetzt zum Rhythmus von Arkells. Nein, nicht etwa Arkells, der englische Meister von 2008, der ihm unerlaubterweise assistiert hätte, sondern Arkells, die kanadische Rockgruppe aus Ontario war gemeint, zu deren Rhythmen er sich bewegte.
The Song von Arkells, "11:11" wäre das Traumergebniss aller Schachfans gewesen. Unglücklicherweise aus der Sicht von GM Sergey Grigoriants, endete das heutige Duell aber "20.5:7.5".
Bei den letzten Partien ging es schließlich nur noch um das Preisgeld, denn ein Teil des Preisgeldes wird nach der Anzahl der gewonnen Partien verteilt, und Nakamura füllte seine Briefasche mit jedem weiteren Mausklick.
Egal ob der die Larsen Eröffnung mit Weiß oder Alekhine mit Schwarz versuchte - ihm gelang einfach alles und er gewann die letzten sieben Partien in Folge, sechs davon allerdings auf Zeit. Damit hat er das Achtelfinale mit 2 Punkten mehr Abstand gewonnen, als sein letztjähriges Halbfinale gegen GM Maxime Vachier-Lagrave.
"Hikaru hat einfach einen besseren und schnelleren Prozessor eingebaut als ich," scherzte Grigoriants.
Nakamura bekommt für diesen Sieg $1732.14 und Grigoriants immerhin noch $267.86 (Grigoriants gewann aber schon $500 für seinen Sieg beim Titled Tuesday Qualiturnier letzten Monat).
"Bis zu den Bulletpartien oder bis zum Ende der 3 Minuten Partien hab ich nicht wirklich überragend gespielt," sagte Nakamura.
Das nächste Achtelfinale der Speedschach Meisterschaft findet am 24. Mai um 19.00 Uhr zwischen Sergey Karjakin und Georg Meier statt.
Alle Begegnungen, den Turnierbaum, die Preise und alles wissenswerte zur Speedschach Meisterschaft auf Chess.com findet ihr hier: