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Firouzja erreicht beim Julius Baer Generation Cup das Große Finale gegen Carlsen

Firouzja erreicht beim Julius Baer Generation Cup das Große Finale gegen Carlsen

NM_Vanessa
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Alireza Firouzja hat beim Julius Baer Generation Cup 2023 das Große Finale gegen Magnus Carlsen erreicht.

Im Halbfinale der Verliererrunde konnte zuerst Denis Lazavik gegen Nodirbek Abdusattorov gewinnen, zog aber dann gegen Firouzja den Kürzeren

Im Großen Finale der Gruppe II triff Ian Nepomniachtchi auf Levon Aronian und in der Gruppe III spielen Sam Sevian und Shakhriyar Mamedyarov um den ersten Platz.

Das Finale beginnt am Sonntag, dem 3. September, um 17.00 Uhr.

So könnt Ihr den Julius Baer Generation Cup live verfolgen:
Wir übertragen den Julius Baer Generation Cup jeden Tag mit fachkundigen Kommentaren von Steve Berger live und in voller Länge auf Chess.com/TV, Twitch und YouTube.
Alle Partien des Turniers findet Ihr auf unserer Event-Seite.
Hier seht Ihr die Aufzeichnung der Übertragung vom Samstag:
Kommentatoren: David Howell, Simon Williams, Tania Sachdev und Jovanka Houska

Division I

Lazavik-Abdusattorov 1.5-0.5

Dieses Match sollte ein wahrer Kampf der Spielstile werden. Lazavik spielt einen kompromisslosen positionellen Stil, der für sein Alter von nur 16 Jahren schon sehr ausgereift ist. Im Gegensatz dazu spielt Abdusattorov einen universellen, oft aggressiven und dynamischen Stil.

Nachdem er sich für einen langsamen, soliden Eröffnungsaufbau entschieden hatte, überraschte Lazavik Zuschauer, Kommentatoren und wohl auch seinen Gegner, als er plötzlich all seine Bauern am Königsflügel in Richtung des schwarzen Königs bewegte. Abdusattorov konterte dynamisch und baute selbst Druck auf, um die Drohungen seines Gegners abzuwehren.

Doch Lazavik übernahm das Ruder und verstärkte seinen Angriff mit einem gut getimten Bauerndurchbruch am Königsflügel und besiegte Abdusattorov letztendlich mit seinen eigenen Waffen.

Diese unglaubliche Demonstration von Kampf und Vielseitigkeit ist unsere Partie des Tages und Großmeister Rafael Leitao hat sie für uns analysiert.

Abdusattorov ist dafür bekannt, mit dem Rücken zur Wand zu brillieren. Genau so gewann er am Tag zuvor gegen den aktuellen Weltranglistenzweiten, Fabiano Caruana. Aber würde dem Usbeken auf Abruf ein weiteres magisches Comeback gelingen?

Abdusattorov entschied sich für eine Eröffnungswahl, die weder zu seinem Stil noch zur Situation im Match passte: Er spielte 1.d4 und gab sein Recht auf Rochade auf, um gegen Lazaviks Nimzo-Inder Raum im Zentrum zu gewinnen.

Abdusattorov gelang es aber dennoch, seinen Stil mit einigen aggressiven Vorstößen am Königsflügel auf das Brett zu bringen. Um die Angriffsmöglichkeiten seines Gegners zu unterbinden, schwächte Lazavik seine Bauernstruktur und setze auf ein Endspiel mit drei isolierten Bauern. Darüber hinaus erspielte sich Abdusattorov einen enormen Vorteil auf der Uhr.

Lazavik schaffte es aber, das Endspiel mit einer soliden Mischung aus Aktivität, Widerstandsfähigkeit und Präzision zu verteidigen und Abdusattorov konnte sich trotz all seiner einfallsreichen Versuche in den nächsten 50 Zügen keine echten Gewinnchancen herausspielen. Am Ende der Partie zeigte die Engine für Lazavik eine Genauigkeit von 99,7 Prozent.

Abdusattorov selbst hatte auch 99.6 Prozent erreicht und musste sich trotzdem mit einem Remis zufriedengeben.

Firouzja-Lazavik 1.5-0.5

Wenn Abdusattorov gegen Lazavik ein Aufeinandertreffen verschiedener Spielstile war, war Firouzja gegen Lazavik ein Duell zwischen einem 20-jährigen kreativen taktischen Genie und einem strategischen Wunderkind im Teenageralter.

Gleich in der ersten Partie verblüffte aber Lazavik erneut, als er in der italienischen Eröffnung mit 12...f5 zum Angriff blies.

Getreu seinem eigenen Stil opferte Firouzja Material, um der Initiative seines Gegners entgegenzuwirken. Dann tauschte Firouzja überraschend und dennoch präzise ein Endspiel mit einer Qualiät weniger ab und schätzte dabei richtig ein, dass er sein aktives Läuferpaar nutzen konnte, um Schwarz ausreichend unter Druck setzen und sich ein Remis zu sichern.

In der zweiten Partie spielte Lazavik ehrgeizig, rochierte lange, schleuderte seinen H-Bauern nach vorne und riss dann das Zentrum auf, während Firouzjas König das Rochaderecht aufgab. Die weißen Figuren begannen, die offenen Reihen und Diagonalen auf den schwarzen Monarchen einzunehmen und Firouzja musste versuchen, seine angeschlagene Stellung zusammenzuhalten.

Auch als die beiden ein Endspiel erreicht hatten machte Lazavik weiter Druck, doch Zug für Zug begann Firouzja, seine Streitkräfte in eine bessere Stellungen zu bringen und gleichzeitig die Stellung seines Gegners zu schwächen. Nur wenige Augenblicke später war die Stellung nicht mehr wiederzuerkennen, denn der französische Großmeister hatte den weißen Königsflügel eingerissen und schob seinen neu geschaffenen Freibauern über das Brett.

Am Ende demonstrierte Firouzja sogar noch ein Schachmatt mit Springer und Läufer. Als er anschließend zu diesem Endspiel befragt wurde, sagte er: "Als ich gesehen hatte, dass Hikaru mit Läufer und Springer nicht mattsetzen konnte, habe ich mir das nochmal angesehen. Ich dachte, dass ich mir diese Blamage ersparen sollte!"

Er erzählte auch, wie beeindruckt er von seinem jungen Gegner war: "Er hat wirklich großartig gespielt. Er war heute ein besserer Spieler als ich."

Damit kommt es im Großen Finale zur Neuauflage des Duells Firouzja gegen Carlsen. Da Firouzja aber bereits eines seiner beiden "Leben" verloren hat und Carlsen noch ungeschlagen ist, muss er den Norweger gleich zweimal besiegen, um das Turnier zu gewinnen.

Lazavik hingegen darf sich über $15.000, 75 Tour Punkte und einem Startplatz in der Gruppe I des sechsten und letzten Turniers der Champions Chess Tour freuen. 

Der Turnierbaum der Gruppe I

Division II

Nepomniachtchi gewann das Finale der Gewinnerrunde gegen Vladislav Artemiev überlegen mit 2,5 : 0,5. Die einzelnen Partien waren zwar eng, aber letztendlich gewann Nepomniachtchi durch seine notorisch schnelle Spielweise ständig die Oberhand. In der ersten Partie mit Schwarz erspielte sich Artemiev durch ein Qualitätsopfer eine vorteilhafte Stellung, in der er den Königsflügel fest im Griff hatte. Doch als die Spieler die kritische Phase der Partie erreichten, hatte er nur noch Sekunden, während Nepomniachtchi noch mehrere Minuten auf der Uhr hatte. Dadurch konnte Nepomniachtchi ein ausgeglichenes Endspiel erreichen und dann am Damenflügel kraftvoll zuschlagen.

Während Nepomniachtchi ungeschlagen ins Große Finale eingezogen ist, musste sich sein Gegner Aronian durch die Verliererrunde kämpfen und alleine am Samstag die Großmeister Evgeny Alekseev, Bassem Amin und Vladislav Artemiev besiegen.

Amin lieferte ihm den größten Kampf und beschwor in der ersten Partie einen vernichtenden Angriff herauf. In der zweiten Partie, die er zwingend gewinnen musste, warf Aronian Material in den Wind, um seine Streitkräfte zu aktivieren und das Endspiel taktisch zu gewinnen.

Der Turnierbaum der Gruppe II

Division III

Sam Sevian gewann durch seinen Sieg über Oleksandr Bortnyk die Verliererrunde und sicherte sich damit seinen Platz im Finale gegen Shakhriyar Mamedyarov. Als der amerikanische Großmeister in der ersten Partie einen Angriff am Königsflügel startete und Bortnyk mit einem Gegenangriff konterte, war ein pures Chaos auf dem Brett, bei dem Sevian die Übersicht behielt.

Der Turnierbaum der Gruppe III


Die Champions Chess Tour 2023 (CCT) ist ein riesiges Online-Schachturnier, das die besten Features der ehemaligen Champions Chess Tour und der Chess.com Global Championship kombiniert. Die Tour umfasst sechs Turniere, die sich über das ganze Jahr erstrecken und in einem Finale, bei dem die Spieler vor Ort gegeneinander antreten, gipfeln. Mit den besten Spielern der Welt und einem Preisgeld von 2 Millionen US-Dollar ist die CCT das bislang größte Event auf Chess.com.


Weitere Berichte vom Julius Baer Generations Cup:

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NM Vanessa West

Vanessa West is a National Master, a chess teacher, and a writer for Chess.com. In 2017, they won the Chess Journalist of the Year award.

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