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Isle of Man: Nach der vierten Runde liegen 7 Spieler gleichauf

Isle of Man: Nach der vierten Runde liegen 7 Spieler gleichauf

MikeKlein
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

"Das Hauptmerkmal von Genialität ist nicht Perfektion, sondern Originalität - die Erschließung von Neuland," - Arthur Koestler

In der vierten Runde des 2017 Chess.com Isle of Man International Turniers, zeigte keiner der 4 führenden Perfektion, aber zumindest einer von ihnen zeigte Originaliät. Und das schon ab dem ersten Zug.

GM Magnus Carlsen eröffnete die Partie mit der Nimzowitsch Verteidigung. Nein, nicht die "Nimzoindische Verteidigung", die ja oft gespielt wird -- wir sprechen über 1. e4 Sc6! GM Rustam Kasimdzhanov sagte zu Chess.com, dass er sowieso nicht damit gerechnet hatte, Carlsens Eröffnung in der ersten klassischen Partie gegen den Norweger zu "erraten", aber diesen ersten Zug hatte er nun wirklich überhaupt nicht erwartet.

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GM Magnus Carlsen spielt mit Schwarz absolut unberechenbar. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Auch an Brett 2 wurde etwas Neues versucht, zumindest aus der Sicht eines Spielers. GM Aleksandr Lenderman konnte ja vor wenigen Wochen beim Weltcup GM Pavel Eljanov mit 2:0 besiegen und so spielte der Ukrainer heute nicht sein übliches Holländisch, sondern wählte eine Eröffnung, die er erst einmal zuvor gespielt hatte: Das angenommene Damengambit.

Da beide Top-Partien mit Remis endeten, ist nun kein einziger Spieler mehr ohne Verlustpunkt. Von den 19 Spielern, die mit 2.5 Punkten in die vierte Runde gestartet waren konnten 3 gewinnen und somit schließen GM Laurent FressinetGM Julio Granda Zuniga und GM Vidit Santosh Gujrathi zu den führenden auf.

Ein Großmeister war fast froh, dass er nicht gewonnen hatte. GM Nigel Short war einer der vielen Spieler, die mit 2.5 Punkten auf der Habenseite ein Remis erzielten, aber er erklärte nach der Partie, dass er in einem Turnier viel lieber in Lauerstellung liegen würde. Das ist ein ziemlich trickreicher Zug des Veteranen!

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GM Nigel Short zeigt gerade die Position in der Tabelle an, die er momentan gerne einnehmen möchte!  | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Kommen wir aber zurück zu Brett 1. Carlsen erschien schon wieder zu spät zur Partie. Kasimdzhanov zog seinen Königsbauern und wartete. Nach etwa 5 Minuten kam er dann in den Turniersaal, entschuldigte sich bei seinem Gegner für die Verspätung und zog den selben Zug, den GM Richard Rapport gestern gezogen hatte: 1...Sc6.

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GM Rustam Kasimdzhanov hatte noch nie eine lange Partie gegen Carlsen gespielt und etwa 5 Minuten lang war es unklar, ob sich das wirklich ändern würde. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Der Springer wurde dann wieder nach Hause geschickt. Es ist eine Stellung, in der Schwarz zwei Tempi opfert, um die schwarzen Felder des Gegners zu schwächen und Kasimdzhanov sagte nach der Partie, dass er vom Norweger "provoziert" worden wäre. Zuerst sah es danach aus, als ob Weiß beliebig Druck aufbauen könnte, aber als sich Schwarz stabilisiert hatte, drehte sich das Blatt und Kasimdzhanov dachte schon, dass ihn der Weltmeister zerquetschen würde.


Kasimdzhanov sprach mit Chess.com über diese Partie und über seine Beziehung und die Vorbereitungen mit GM Fabiano Caruana.

Durch das Remis bleibt Kasimdzhanov einen halben Punkt vor seinem "Schützling", der heute, nachdem er gründlich auf Waffen durchsucht worden war (...), ebenfalls remisierte.

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GM Fabiano Caruana beim Security Check.... | Foto: Mike Klein/Chess.com.

An Brett zwei versuchte Lenderman, einen Spieler, der 150 ELO Punkte mehr hat, zum dritten Mal in einem Monat zu besiegen. Er erreichte gegen Eljanov dann auch eine vorteilhafte Stellung dank seines Einfallsreichtums konnte er sogar einen entfernten Freibauern schaffen. Der Ukrainer, der mit seiner Mannschaft bei der Schacholympiade die Silbermedaille gewann  und nur um einen halben Punkt von den von Lenderman trainierten US-Amerikanern geschlagen wurde, fand aber einen nützlichen Abtausch und konnte sich in ein Remis retten. Elianov hat aber trotzdem, in nur einem Monat, 17 ELO Punkte wegen Lendermann verloren.


Chess.com sprach mit Lendermann über die Partie und über seine fantastischen Ergebnisse im letzten Monat:

Da keiner der Top 4 gewinnen konnte, hatte die große Verfolgergruppe die Möglichkeit, zu den führenden aufzuschließen. GM Nils Grandelius und Caruana trafen wie schon 2016 beim Isle of Man Turnier aufeinander und wieder endete die Partie unentschieden. GM Alexei Shirov hatte zum zweiten Mal in Folge Weiß, konnte aber gegen GM Viswanathan Anand's Berliner Mauer nichts ausrichten und musste sich ebenfalls mit einem Remis zufrieden geben.

Nach einer frühen Neuerung inklusive eines Bauernopfers in der Cambridge Springs Variante, versuchte GM Hikaru Nakamura über sechs Stunden lang aus einem ausgeglichenen Endspiel gegen GM S.P. Sethuraman etwas herauszupressen. Der Inder hielt aber das Remis und so endete eine Partie nach der anderen ohne Sieger.

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GM Hikaru Nakamura konnte keinen Gewinn finden. Weder am Brett noch in der Luft. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Nakamura sagte nach der Partie zu Chess.com, dass er seinen achten Zug bereits einmal gespielt hatte:

Drei Spieler mit 2.5 Punkten brachen aber den Trend und 2 von ihnen besiegten die beiden Damen, die sich ebenfalls in dieser Verfolgergruppe befanden. Vidit gewann gegen GM Benjamin Bok, Fressinet schlug GM Harika Dronavalli und Grand Zuniga erwies sich gegen IM Jovanka Houska nicht als Gentleman.

Die Partie des Franzosen stach aber heraus. Warum? Er hatte fast die gleiche Bauern- und Figurenstruktur auf dem Brett wie Carlsen gestern gegen GM Jeffery Xiong. Der Chinese hatte gestern ja diesen bemitleidenswerten Läufer auf e6, der von den Bauern auf d5, f5 und f7 umringt war. Dronavalli schaffte das Kunststück, heute das gleiche Desaster zu erreichen. Die Bauern, in Form einer Triskele machen sie ja vielleicht gut auf der Manx Fahne, aber sicher nicht gut auf einem Schachbrett.

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GM Laurent Fressinet hat jetzt 3.5 Punkte aus 4 Partien. Wird er gegen seinen "Teilzeit-Chef" Magnus Carlsen spielen müssen? In der fünften Runde sicher nicht, denn er nahm sich einen  Ruhetag und verbucht dadurch einen halben, kampflosen Punkt. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Zuerst sah es danach aus, als ob Fressinet mit einer Königswanderung die Verteidiung seines Gegners durchbrechen könnte. Wie in der berühmten Partie von Short war die Idee, den König auf h6 zu ziehen, um Dg7 Matt zu drohen. Stattdessen veranstaltete Fressinets König aber nur etwas Hokuspokus. Er ging einen Schritt vor, dann einen zurück, und schließlich bemerkte der Franzose, dass der h-Bauer die Arbeit des Königs genauso gut erledigen kann.

Hier ist Vidit's siegreiche Partie, in der es viele interessante Varianten und Abspiele gab, obwohl die Partie fast zu einer Schlaftablette geworden wäre. Es schien, als ob Bok die Züge Sg5 und Sf3 wiederholen wollte, was ja bei vielen geschlossenen Spaniern schon geschehen ist. Die Schachfans waren froh, dass dieses Remis nicht zustande kam. Bok war darüber weniger erfreut.

Die komplette Partieanalyse des Siegers könnt ihr euch im nachstehenden Video ansehen.

Kommen wir zu Kramnik: Seine beiden Niederlagen in diesem Turnier haben seine Chancen, sich über die ELO für das Kandidatenturnier zu qualifizieren sicher nicht gesteigert. Trotzdem gab er sich heute angriffslustig und besiegte mit Weiß die Königsindische Verteidigung von WGM Altan-Ulzii Enkhtuul. Für die meisten Fans war es sehr ungewöhnlich, Kramnik an einem so niedrigen Brett spielen zu sehen und Kramnik selbst war ebenfalls nicht daran gewöhnt.

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GM Vladimir Kramnik an Brett 50!? Nein, das Bild ist nicht mit Photoshop bearbeitet -- und es kommen auch wirklich keine Kabel aus dem Brett. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Als die Partie beendet war, stellte er automatisch die beiden Könige auf e4 und d5 um dem Computer anzuzeigen, dass Weiß gewonnen hat.

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Gewohnheiten wird man nur schwer wieder los. | Foto: Mike Klein/Chess.com.

Es gab da nur ein Problem: Er spielte auf gar keinem digitalen Brett!

Die einen hoffen, dass seine nächste Partie dann aber wieder live übertragen wird, und falls nicht, dann wird IM Lawrence Trent den gesamten Partieverlauf sicher ausgiebig auf Twitter veröffentlichen.

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GM Vladimir Kramnik nächster Gegner: Der Sith Lord, IM Lawrence Trent. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

GM Hou Yifan wird in der fünften Runde nicht gegen eine Frau spielen, denn die beste Schachspielerin der Welt nahm die Dinge jetzt einfach selbst in die Hand. Nachdem Sie heute zum vierten Mal in Serie gegen eine Frau gelost wurde (sie gewann gegen WGM Yuliya Schvayger), nimmt Hou morgen eine Auszeit und bekommt dafür einen halben Punkt auf ihr Konto gutgeschrieben.

Zwei sehr kompetente Parteien äußerten heute noch ihre Meinung zu Hou Yifans ungewöhnlichem "Losglück". Zuerst bestätigte der Turnierdirektor Alan Ormsby, dass sich kein einziger Spieler (und auch keine Spielerin!) bei der Turnierleitung über die Auslosung beschwert hatte. Und dann sagte noch GM David Smerdon, der einen Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften hat, dass er die Wahrscheinlichkeit für Hou Yifans ungewöhnlicher Auslosung berechnet habe und er sei auf 1:3.000 bis 1:4.000 gekommen.

"Das ist schon ein sehr großer Zufall," sagte Smerdon. Aber eben nicht unmöglich. Damit man eine Relation zu dieser Zahl bekommt, fügte er noch hinzu, dass GM Ding Lirens Chance den Weltcup zu gewinnen, vor dem Turnier bei 1:30.000 lag -- also 10 Mal unwahrscheinlicher als Hou´s Chance, in 14 Partien 11 Mal gegen eine Frau gelost zu werden.

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Wie groß war die Chance, dass GM David Smerdon gegen GM Magnus Carlsen ein Remis erreicht?  | Foto: Mike Klein/Chess.com.

Die beiden Sensationssieger der dritten Runde hatten auch in der vierten Runde etwas gemeinsam: Sowohl GM James Tarjan als auch IM Nino Batsiashvilli entschieden sich für die 2 Springer Verteidigung!

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IM Nino Batsiashvilli (rechts) scheint gegen starke Gegner regelrecht aufzublühen.  | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Batsiashvilli war auch der nächsten Herausforderung gewachsen und remisierte gegen den 2700+ Großmeister Francisco Vallejo. Tarjan hätte zur Sensation des Turniers werden können, wenn er seine bessere Stellung gegen GM Niclas Huschenbeth in einen Sieg umgemünzt hätte. Stattdessen verlor er aber die Partie gegen den Deutschen:


Alle Chessbrahs Fans sind natürlich enttäuscht, dass es IM Aman Hambleton noch nicht auf die vorderen Bretter, die digital Übertragen werden, geschafft hat. Heute spielte er gegen einen IM Remis und obwohl dieses Turnier eher glanzlos verläuft, haben Hambleton und GM Eric Hansen wie immer eine Menge zu sagen. Chess.com sprach mit den beiden im Analyseraum.

Die Paarungen der 5. Runde findet ihr hier.

2017 Chess.com Isle of Man International | Tabelle nach der 4. Runde, Top 35

Platz Gesetzt Land Titel Name ELO Punkte
1 1 GM Carlsen Magnus 2827 3,5
8 GM Eljanov Pavel 2734 3,5
12 GM Vidit Santosh Gujrathi 2702 3,5
18 GM Kasimdzhanov Rustam 2676 3,5
26 GM Fressinet Laurent 2657 3,5
27 GM Granda Zuniga Julio E 2653 3,5
46 GM Lenderman Aleksandr 2565 3,5
8 3 GM Caruana Fabiano 2799 3
4 GM Anand Viswanathan 2794 3
5 GM Nakamura Hikaru 2781 3
6 GM Adams Michael 2738 3
7 GM Gelfand Boris 2737 3
14 GM Short Nigel D 2698 3
15 GM Rodshtein Maxim 2695 3
16 GM Sutovsky Emil 2683 3
17 GM Leko Peter 2679 3
19 GM Rapport Richard 2675 3
20 GM Movsesian Sergei 2671 3
21 GM Adhiban B. 2670 3
23 GM Jones Gawain C B 2668 3
24 GM Riazantsev Alexander 2666 3
28 GM Grandelius Nils 2653 3
29 GM Sargissian Gabriel 2652 3
30 GM Xiong Jeffery 2633 3
31 GM Shirov Alexei 2630 3
33 GM Sethuraman S.P. 2617 3
34 GM L'ami Erwin 2611 3
35 GM Sokolov Ivan 2603 3
38 GM Huschenbeth Niclas 2596 3
41 GM Tari Aryan 2588 3
47 GM Pichot Alan 2565 3
49 GM Deac Bogdan-Daniel 2559 3
55 GM Swapnil S. Dhopade 2532 3
68 IM Batsiashvili Nino 2472 3
97 IM Harsha Bharathakoti 2394 3

Das Chess.com Isle of Man International ist ein 9 Runden Elite Turnier. Es beginnt am 23. September und dauert bis zum 1. Oktober. Die Bedenkzeit beträgt 100 Minuten für die ersten 40 Züge, dann 50 Minuten für die nächsten 20 Züge und 15 Minuten für den Rest der Partie zuzüglich 30 Sekunden pro Zug. Das Preisgeld beträgt £133,000 wobei £50,000 an den Sieger gehen. Alle Partien der ersten 8 Runden beginnen um 14.30 Uhr, nur die letzte Runde startet bereits um 13.00 Uhr. Das Turnier wird täglich und kostenlos, mit Kommentaren von GM Simon Williams und WIM Fiona Steil-Antoni live auf Chess.com/TV übertragen.


Zum weitersurfen:

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Mike Klein began playing chess at the age of four in Charlotte, NC. In 1986, he lost to Josh Waitzkin at the National Championship featured in the movie "Searching for Bobby Fischer." A year later, Mike became the youngest member of the very first All-America Chess Team, and was on the team a total of eight times. In 1988, he won the K-3 National Championship, and eventually became North Carolina's youngest-ever master. In 1996, he won clear first for under-2250 players in the top section of the World Open. Mike has taught chess full-time for a dozen years in New York City and Charlotte, with his students and teams winning many national championships. He now works at Chess.com as a Senior Journalist and at ChessKid.com as the Chief Chess Officer. In 2012, 2015, and 2018, he was awarded Chess Journalist of the Year by the Chess Journalists of America. He has also previously won other awards from the CJA such as Best Tournament Report, and also several writing awards for mainstream newspapers. His chess writing and personal travels have now brought him to more than 85 countries.

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