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Ian Nepomniachtchi hat das Kandidatenturnier 2022 gewonnen

Ian Nepomniachtchi hat das Kandidatenturnier 2022 gewonnen

PeterDoggers
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Ian Nepomniachtchi hat sich durch sein Remis gegen Richard Rapport bereits eine Runde vor Schluss den Sieg beim Kandidatenturnier 2022 gesichert und sich damit für eine Weltmeisterschaft 2023 gegen Magnus Carlsen qualifiziert.

Da die Partien Firouzja gegen Ding und Radjabov gegen Caruana ebenfalls Remis endete, liegt Hikaru Nakamura nach seinem Sieg über Jan-Krzysztof Duda nun auf dem alleinigen zweiten Platz.

In der letzten Runde am Montag kommt es zwischen Ding und Nakamura zum direkten Duell um den zweiten Platz. Der Chinese muss dieses Duell mit Weiß gewinnen, um Nakamura noch überholen zu können. Falls Carlsen sich entscheidet, seinen Titel nicht zu verteidigen, würde Nepomniachtchi stattdessen gegen den Zweitplatzierten um die Weltmeisterschaft spielen.

So könnt Ihr das Kandidatenturnier 2022 verfolgen

Wie übertragen das Kandidatenturnier 2022 täglich ab 15.00 Uhr. Die deutschsprachige Übertragung findet Ihr auf Chess.com/TV, unserem Twitch-Kanal und auf YouTube, die englischsprachige Übertragung auf YouTube.com/ChesscomLive.

Alle Partien des Kandidatenturniers findet Ihr hier auf unserer Live Events Plattform.

Hier seht Ihr die Aufzeichnung der Übertragung der dreizehnten Runde mit den Kommentatoren Steve Berger und Elisabeth Pähtz.


Das Turnier ist zwar noch nicht vorbei, aber mit dem beeindruckenden Ergebnis von 9 Punkten aus 13 Partien hat sich Nepomniachtchi bereits eine Runde vor Schluss eine zweite Teilnahme in Folge an einer Weltmeisterschaft gesichert. Damit ist er nach Vasily Smyslov, dem dies in den Jahren 1953 und 1956 gelungen war, der zweite Spieler der Geschichte, der das geschafft hat. Die Großmeister Boris Spassky, Viktor Korchnoi und Anatoly Karpov haben zwar später ebenfalls zwei Kandidatenturniere in Folge gewonnen, diese wurden allerdings nicht als Turnier gespielt.

Nepomniachtchi hofft nun, sich der kleinen Gruppe von Spielern anschließen zu können, die im zweiten Anlauf Weltmeister wurden: Smyslov, Spassky, und Garry Kasparov.

Anish Giri, der heute vor Ort war und sich der Übertragung von Chess.com angeschlossen hatte, wies darauf hin, dass Nepomniachtchi auch das vorherige Kandidatenturnier bereits eine Runde vor Schluss gewonnen hatte. Diesmal schaffte es der russische Großmeister sogar ohne eine einzige Niederlage und Giri war beeindruckt: "Er hat ein wahnsinniges Niveau gezeigt."

Laut dem holländischen Großmeister machte es den entscheidenden Unterschied, dass Nepomniachtchi vor ein paar Jahren begann, viel härter am Schach zu arbeiten: "Er ist jetzt einer der am besten vorbereiteten Spieler der Welt."

Anish Giri Daniel son
Anish Giri mit seinem Sohn Daniel im Studio. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Nepomniachtchis eigene Reaktion nach der heutigen Partie: "Ich fühle mich extrem erschöpft. Es ist ein wahnsinnig schwieriges Turnier. Trotz des Punktestands war es nie einfach. Jede Partie war gefährlich und ich konnte mich nie sicher fühlen. Erst als sich zwei Runden vor Schluss zwei Punkte Vorsprung hatte, hatte ich das Gefühl, dass ich eine gute Chance habe."

Ob er Carlsen etwas sagen möchte? "Hör bitte auf, diesen Unsinn mit h4 und a4 zu spielen!"

Nepomniachtchi interview
Nepomniachtchi wurde auch von Ulrich Stock von "Die Zeit" interviewt. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Obwohl der Sieger also feststeht, hat die letzte Runde noch Inhalt: Wir haben immer noch diesen großen Kampf zwischen Ding und Nakamura. Da wir die Bedeutung des zweiten Platzes noch nicht kennen, müssen wir einfach davon ausgehen, dass es sehr wichtig sein könnte und Ding daher All-In gehen sollte.

Nakamura, blieb in Bezug auf diese Partie bodenständig und sagte, sein Turnier sei "unabhängig von morgen bereits ein Erfolg". Der Grund? Weil er "gutes Schach" gespielt hat und das war sein Hauptziel bei diesem Turnier.

Nepomniachtchi-Rapport ½-½

Rapport hatte zuvor im Turnier die Taimamov- und die Sveshnikov-Variante gespielt und daher muss seine Wahl des klassischen Sizilianers heute eine kleine Überraschung gewesen sein. Er hatte diese Variante zwar auch vor einigen Monaten einmal beim FIDE Grand Prix gespielt, aber das war das erste Mal seit fünf Jahren.

Anders als im Najdorf, wo es viele sechste Züge gibt, gilt die Rauzer-Variante mit 6.Lg5 heutzutage eigentlich als die einzige vernünftige Option für Weiß, und genau diese hat Nepomniachtchi auch gewählt.

Nepomniachtchi Rapport Candidates 2022
Nepomniachtchi spielte gegen Rapports Sizilianer die Rauser-Variante. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Im neunten Zug musste Weiß eine wichtige Entscheidung treffen und er entschied sich für das solide Schlagen auf c6 und f2-f3. Schließlich benötigte Nepomniachtchi in dieser Partie ja nur ein Remis.

"Ich wusste, dass dieses f3-System sehr solide ist, aber ich war mir nicht sicher", sagte er hinterher und merkte an, dass Rapport seinen Läufer mit 13...La5 am Brett hätte halten können, was er als unklar einschätzte. Nach dem gespielten 13...Lxc3 "hat Weiß eine sehr schöne Stellung", sagte Nepomniachtchi.

Play Like Nepo

Nur ein paar Züge später folgten weitere willkommene Entwicklungen in Form von vielen Abtäuschen. "Dieses Endspiel kann man mit Weiß nur absichtlich verlieren", sagte der Turniersieger hinterher und hatte keine Mühe, ein Remis zu erzwingen.

Anmerkungen von GM Rafael Leitao.

Anish Giri family Nepo
Anish Giri gratuliert dem Turniersieger. FIDE Präsident Arkady Dvorkovich und Giris Ehefrau Sopiko Guramishvili sehen zu. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Nakamura-Duda 1-0

Nakamura hatte für heute eher eine russische Verteidigung als den Najdorf erwartet, aber Duda hatte sich für Letzteres entschieden!

Nakamura Duda Candidates 2022
Judit Polgar machte in der Partie Nakamura-Duda den ersten Zug. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Für Nakamura war es eine "seltsame" Partie, denn er dachte, dass er nach der Eröffnung besser stand und vielleicht immer noch, nachdem er den e4-Bauern aufgegeben hatte. Als er dann danach die Engine-Bewertung sah, stellte er überrascht fest, dass er die Stellung möglicherweise falsch eingeschätzt hatte.

Es gab aber noch weitere Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Computer und dem Menschen: Nakamura nannte seinen Zug 28.Sg4 "einen dummen Zug", aber die Engine ist der Meinung, dass es der beste Zug war.

Ein wenige später verlor Nakamura den Faden: "Ich konnte einfach keinen Plan finden und begann zu driften." 

Mit der Taktik 31...Lg5 und 32...b5 konnte Duda die Initiative ergreifen, aber dann wurde der Pole zu optimistisch.

Die Stellung nach 33.La3.

Hier hatte Nakamura 33...b4 erwartet, wonach Weiß wirklich keine Kompensation für den Bauern hat und in Schwierigkeiten gerät. Nach 10 Minuten spielte Duda aber stattdessen 33...d5 und Nakamura nutzte seine Chance mit 34.cxd5 Tc2 35.Ld6! Txe2 36.Lxc7 Sc5 und 37.d6:

Die Stellung nach 37.d6.

Zweifellos war Duda vom 35. Zug von Weiß völlig überrascht worden und geriet völlig aus der Spur. Als er dann noch sechs Minuten für seine letzten vier Züge hatte, spielte er nach nur 14 Sekunden den Zug 37...Sd7, wonach die Stellung schon so gut wie verloren war.

Nakamura: "Die Sache ist, dass er so lange über 33...d5 nachgedacht hat und dachte, dass er viel besser steht. Und sobald ich 35.Ld6 gespielt hatte, war es wie: "Hey, was ist hier passiert?". Das hat ihn völlig aus der Bahn geworfen. Er hatte zwar noch 15 Minuten Zeit, aber mental war es sehr ärgerlich für ihn. Er fand einfach nicht zurück in die Spur.

In der am Brett entstandenen Stellung dauert es einige Zeit, bis man merkt, dass Schwarz kaum ziehen kann. Und da Schwarz einfach überhaupt kein Gegenspiel hatte, konnte Weiß seine Stellung langsam aber sicher immer weiter verbessern. Ein weiterer sehr enttäuschender Tag für Duda, während Nakamura nur noch ein Remis vom zweiten Platz entfernt ist.

"The Big Greek" Georgios Souleidis hat sich diese Partie natürlich ganz genau angesehen:

Und Großmeister Sam Shankland hat sie auch analysiert:

In der vorletzten Runde des Kandidatenturniers wurde das, was alle schon eine Weile wussten, zu einer mathematischen Gewissheit – Nepo hat das Turnier gewonnen. Ich bin eigentlich sehr gespannt, wie er morgen spielen wird. Das letzte Kandidatenturnier hatte er ebenfalls schon eine Runde vor Schluss gewonnen und wurde dann in der letzten Runde mit Schwarz völlig vernichtet. Aber dieses Mal hat mich sein Spiel viel stärker beeindruckt und ich denke, eine solche Katastrophe wird sich nicht wiederholen. Aber auch Kampf um den zweiten Platz ist immer noch sehr relevant und Nakamura hat heute in einer chaotischen Partie einen großen Sieg errungen.

Und schließlich zeigt auch Nakamura höchstpersönlich die Partie auf seinem YouTube-Kanal:

Jan-Krzysztof Duda chess
Es ist einfach nicht Jan-Krzysztof Dudas Turnier. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Firouzja-Ding ½-½

Wie schon Nepomniachtchi, entschied sich auch Firouzja in seiner Partie gegen Ding für das Vierspringerspiel. War das ein Zeichen dafür, dass Firouzja genug von dem Turnier hatte und im Gegensatz zu all seinen vorherigen Partien jetzt auf Remis spielte?

Firouzja Ding Candidates 2022
In der Partie Firouzja-Ding bekamen wir ein Vierspringerspiel zu sehen. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Auf jeden Fall beschloss Ding, von seinem schnellen und ereignislosen Remis gegen den Russen abzuweichen. "Ich bin von dieser Partie abgewichen und habe versucht, etwas Neues zu spielen", sagte er, obwohl er weiterhin einer Partie folgte, die er 2019 in China gegen Rapport gespielt hatte.

Das änderte sich erst, als Firouzja 20.Lg4 statt 20.Ld7 spielte, woraufhin Ding mit einem überraschenden Bauernopfer aufwartete. Hättet Ihr auch nur daran gedacht, in dieser Stellung Euren h-Bauern zu ziehen?

Die Stellung nach 20.Lg4.

Ding spielte 20...h5 und Firouzja nahm den Spießrutenlauf nach 21.Txe5 fxe5 22.Lxh5 an. Er hatte jetzt zwar einen Bauern gewonnen, aber Schwarz hatte dafür drei schöne Bauern im Zentrum. Das war zwar eine schöne Kompensation, aber auch nicht mehr als das.

"20...h5 war riskant, aber ich denke, nachdem ich einen Bauern geopfert hatte, sollte ich nicht schlechter stehen. Am Ende wurde es dann aber sehr schwierig", sagte Ding. Er hatte das Gefühl, dass es noch ziemlich gefährlich hätte werden können, wenn Firouzja seinen Läufer nicht geopfert hätte, aber nachdem er es getan hat, war es ein klares Remis.

Anmerkungen von GM Rafael Leitao.

Radjabov-Caruana ½-½

In der ruhigsten Partie der Runde sahen wir eine gründliche Vorbereitung von Caruana gegen die Katalanische Eröffnung. Einem ersten Bauernopfer auf b4 ließ er ein weiteres folgen. Und dann noch eines!

Gegen ein solch dynamisches Spiel, das eigentlich häufiger im Grünfeld als in der katalanischen Eröffnung zu sehen ist, ist schwer anzukommen. Besonders, wenn der Gegner die Züge blitzt (mit Ausnahme von Zug acht, wo Caruana sieben Minuten lang nachdachte) und so entschied sich Radjabov, nicht auf die kritische Variante mit 13.Dxb6 zu setzen und somit das dritte Bauernopfer abzulehnen. Nach einem weiteren etwas zaghaften Zug des Aserbaidschaners hatte Caruana dann nach 16 Zügen ausgeglichen.

Anmerkungen von GM Rafael Leitao.

Radjabov-Caruana Candidates 2022
Radjabov-Caruana. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Die Tabelle nach 13 von 14 Runden

FIDE Candidates 2022 round 13 standings

Die Paarungen der letzten Runde

Runde 14 4. Juli 2022 15:00 Uhr
Rapport - Radjabov
Caruana - Firouzja
Ding - Nakamura
Duda - Nepomniachtchi


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PeterDoggers
Peter Doggers

Peter Doggers joined a chess club a month before turning 15 and still plays for it. He used to be an active tournament player and holds two IM norms.

Peter has a Master of Arts degree in Dutch Language & Literature. He briefly worked at New in Chess, then as a Dutch teacher and then in a project for improving safety and security in Amsterdam schools.

Between 2007 and 2013 Peter was running ChessVibes, a major source for chess news and videos acquired by Chess.com in October 2013.

As our Director News & Events, Peter writes many of our news reports. In the summer of 2022, The Guardian’s Leonard Barden described him as “widely regarded as the world’s best chess journalist.”

In October, Peter's first book The Chess Revolution will be published!


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