FIDE Schacholympiade, Tag 7 - Deutschland wieder auf der Siegerstraße
Die deutschen Herren feiern einen knappen, aber souveränen Sieg gegen Serbien. Österreich erlebt ein Waterloo und über die Leistung der Schweizer Herren decken wir besser den höflichen Mantel des Schweigens.
Bei den Damen sehen wir ein ähnliches Bild. Deutschland gewinnt souverän, die Schweizerinnen schlagen sich achtbar, aber erfolglos gegen Indien und die Damen aus Österreich holen immerhin einen Punkt gegen Kanada. Obwohl die Österreicherinnen aufgrund von Corona weiterhin nur zu dritt antreten können, wäre hier aber mehr zu holen gewesen.
Wie Ihr sicher schon gemerkt habt, gehört zwar die Schlagzeile und das Titelbild den Deutschen, wir versuchen aber genauso ausführlich von den Mannschaften aus Österreich und der Schweiz und vor allem vom Damenturnier genauso ausführlich wie vom Open zu berichten.
Wir hoffen, die richtige Balance gefunden zu haben und jetzt auf zum heutigen Geschehen.
Open:
Liechtenstein, Uruguay und andere Teams
Damen:
Deutschland - Serbien
Das Duell zwischen Deutschland und Serbien begann mit 2 Remis von Matthias Blübaum und Liviu-Dieter Nisipeanu.
Danach bewies Dmitrij Kollars seinem Gegner zuerst, dass ein Läuferpaar nicht immer genügend Kompensation für einen Bauern bietet und danach, dass ein Läufer in einem Endspiel gegen einen Springer und einen Mehrbauern überhaupt keine Chance haben kann, selbst wenn die Bauern auf beiden Flügeln verteilt sind!
Vincent Keymer brachten den vierten Sieg in Folge dann mit einem verrückten Remis unter Dach und Fach.
Deutschland | 2.5:1.5 | Serbien | ||
Keymer, Vincent | 2686 | 0.5-0.5 | Indjic, Aleksandar | 2620 |
Blübaum, Matthias | 2673 | 0.5-0.5 | Ivic, Velimir | 2581 |
Nisipeanu, Liviu-Dieter | 2642 | 0.5-0.5 | Markus, Robert |
2616 |
Kollars, Dmitrij | 2648 | 1-0 | Ivanisevic, Ivan | 2561 |
Schweiz - Andorra
Fabian Bänziger hat sich wohl von den Partien der Schweizer Damen aus der letzten Runde inspirieren lassen. Gegen Paraguay konnten gleich 3 Schweizer Spielerinnen in weniger als 30 Zügen gewinnen und Fabian wollte sich auf keinen Fall nachsagen lassen, dass er das nicht auch kann! Er benötigte nur 24 Züge, um die Schweiz mit 1:0 in Führung zu bringen.
Etwas überraschend verlor dann Nico Georgiadis an Brett 1, aber da Sebastian Bogner auf Brett 2 auf Gewinn stand und Yannick Pelletier an Brett 3 überhaupt keine Probleme zu haben schien, war eigentlich noch alles in bester Ordnung. Unglücklicherweise geriet dann Yannick aber in eine zuerst schlechte und dann in eine verlorene Stellung und Sebastian schaffte es nicht nur, ein Endspiel mit Dame, Turm und 3 Bauern gegen Dame, Läufer und einen Bauern nicht zu gewinnen - er musste sich am Ende sogar in ein Dauerschach retten, um es wenigstens nicht zu verlieren. Aus Mannschaftssicht war dieses Remis aber gleichbedeutend mit einer Niederlage.... gegen Andorra....
Schweiz | 1.5-2-5 | Andorra | ||
Georgiadis, Nico | 2578 | 0-1 | Henderson de La Fuente, Lance | 2490 |
Bogner, Sebastian | 2545 | 0.5-0.5 | Fluvia Poyatos, Jordi | 2451 |
Pelletier, Yannick | 2551 | 0-1 | De La Riva Aguado, Oscar | 2424 |
Bänziger, Fabian | 2451 | 1-0 | Ribera Veganzones, Serni | 2203 |
Österreich - Ungarn
Die Österreicher erlebten gegen die leicht favorisierten Ungarn ein wahres Waterloo. Markus Ragger musste nach 40 Zügen aufgeben, Dominik Horvath nach 42, Valentin Dragnev nach 54 und am Ende versemmelt auch noch Felix Blohberger sein zunächst ausgeglichenes Endspiel und musste seinem Gegner zum Sieg gratulieren.
Aber wie sagt man im Fußball? Besser einmal 0:4 verlieren als viermal 0:1! Morgen ist ein neuer Tag und noch schlechter könnte er ja nur werden, wenn es auch noch zu regnen beginnen würde und das ist in Indien so gut wie ausgeschlossen.
Österreich | 0:4 | Ungarn | ||
Ragger, Markus | 2647 | 0-1 | Erdos, Viktor | 2586 |
Dragnev, Valentin | 2557 | 0-1 | Berkes, Ferenc | 2649 |
Blohberger, Felix | 2492 | 0-1 | Banusz, Tamas | 2611 |
Horvath, Dominik | 2488 | 0-1 | Kantor, Gergely | 2582 |
Was sonst noch so geschah
Während die meisten Spieler den gestrigen Ruhetag nutzten, um sich von der "Bermuda-Party" vom Mittwochabend zu erholen, oder um ihr Können auf dem Fußballplatz zu zeigen, nutzte ihn "The Big Greek" Georgios Souleidis, um noch eine weitere Partie der sechsten Runde zu analysieren. Seine Wahl fiel auf die Partie Magnus Carlsen gegen Anton Smirnov:
Heute dachte Liechtenstein, dass sie gegen Dominica leichtes Spiel haben würden. Nur 2 der Spieler aus der Karibik hatten überhaupt schon eine Elo und die liegt bei beiden unter 1500 und die anderen beiden haben im bisherigen Turnierverlauf auch nicht gerade gezeigt, dass sie das Zeug zum Großmeister haben. Das Duell wurde aber spannender als erwartet und Liechtenstein konnte nur dank der beiden Siege an den hinteren Brettern von Dejan Jelic und Renato Frick mit 2.5 : 1.5 gewinnen.
Uruguay war ohne Georg Meier gegen die Türkei chancenlos und Tabellenführer Armenien konnte die Tabellenführung durch ein 2:2 gegen die USA behaupten. Aus diesem Match stammt auch die Partie Wesley So gegen Hrant Melkumyan und die hat "The Big Greek" Georgios Souleidis für uns ebenfalls analysiert!
Und damit haben wir nach 7 von 11 Runden folgenden Tabellenstand erreicht:
Open
Platz | Team | Punkte | Brettpunkte* |
1 | Armenien | 13 | 19.5 |
2 | Usbekistan | 12 | 23.0 |
3 | Indien 2 | 12 | 22.5 |
4 | Indien | 12 | 20.0 |
5 | USA | 12 | 18.0 |
6 | Deutschland | 12 | 19.0 |
46 | Österreich | 9 | 15.0 |
60 | Schweiz | 8 | 15.5 |
101 | Liechtenstein | 7 | 12.5 |
Jetzt aber zu den Damen!
Bei den Damen konnte Tabellenführer Indien die Führung durch einen Sieg gegen Aserbaidschan nicht nur verteidigen, sondern sogar ausbauen.
Damentabelle nach 7 von 11 Runden
Platz | Team | Punkte | Brettpunkte* |
1 | Indien | 14 | 21.0 |
2 | Ukraine | 12 | 21.0 |
3 | Armenien | 12 | 22.5 |
4 | Georgien | 12 | 21.5 |
5 | Polen | 11 | 17.5 |
17 | Deutschland | 10 | 19.0 |
38 | Österreich | 9 | 17.5 |
39 | Schweiz | 9 | 17.0 |
*Die Brettpunkte sind erst nach der Buchholz-Wertung maßgeblich für die Platzierung
Deutschland - Türkei
Josefine Heinemann ging mit Schwarz auf Nummer Sicher und bot ihrer Gegnerin eine Zugwiederholung an, die diese dankend annahm. Das konnte sich Josefine aber auch locker leisten, denn sie hatte natürlich längst gesehen, dass Dinara Wagner am Brett neben ihr praktisch aus der Eröffnung heraus auf Gewinn stand.
Dinara jagte dann den König ihrer Gegnerin von links nach rechts und wieder zurück und nahm dabei alles mit, was ihr im Weg stand:
Elli Pähtz, von der wir gestern ein neues Video mit dem Titel "Provokation - Das Herauskitzeln eine Schwäche" veröffentlicht haben und Jana Schneider gewannen anschließend ihre Partien fast gleichzeitig.
Damit sind die deutschen Damen wieder voll im Rennen um einen der vorderen Plätze!
Deutschland | 3.5:0.5 | Türkei | ||
Pähtz, Elisabeth | 2484 | 1-0 | Atalik, Ekaterina | 2422 |
Heinemann, Josefine | 2321 | 0.5-0.5 | Aydin, Gulenay | 2100 |
Wagner, Dinara | 2341 | 1-0 | Okuyaz, Duru | 2090 |
Schneider, Jana | 2342 | 1-0 | Kocyigit, Buse Naz | 1991 |
Schweiz - Indien 3
Selbst eingefleischte Fans vom Damenschach dürften die Namen der Spielerinnen der dritten Mannschaft aus Indien noch nie gehört haben. Fakt ist aber, dass es selbst die Schweizer Meisterin Lena Georgescu wohl nicht in diese Mannschaft geschafft hätte.
Die Mädels aus der Schweiz, die sich bisher so hervorragend geschlagen haben, gingen also als ganz klarer Außenseiter in dieses Duell, aber nach etwa drei Stunden Spielzeit, waren drei Partien völlig ausgeglichen und Laura Stoeri stand sogar etwas besser!
Lag hier etwa eine Sensation in der Luft? Tja, leider nur, bis Lena Georgescu die Idee hatte, einen Angriff auf ihren Läufer mit einem Gegenangriff auf den Läufer ihrer Gegnerin zu beantworten. Die Inderin brachten dann ihren Läufer mit einem geschickten Manöver in Sicherheit, aber um Lenas Läufer war es geschehen und Indien führte mit 1:0.
Gundula Heinatz erzielte mit Schwarz ein achtbares Remis und hielt die Schweiz damit, vor allem weil Laura Stoeri weiterhin eine brillante Stellung hatte, am Leben, aber dann verlor Ghazal Hakimifard an Brett 2 in einem komplizierten Mittelspiel die Übersicht und ihre Stellung brach mehr und mehr und schließlich völlig zusammen.
Am Ende konnte dann auch Laura Stoeri aus ihrer Stellung nicht mehr als ein Turmendspiel mit Mehrbauern herausholen, das ihre Gegnerin Remis halten konnte. Schade eigentlich, denn es wäre ein großer Sieg für Laura gewesen.
Schweiz | 1:3 | Indien 3 | ||
Georgescu, Lena | 2279 | 0-1 | Karavade, Eesha | 2339 |
Hakimifard, Ghazal | 2296 | 0-1 | Nandhidhaa, P V | 2312 |
Heinatz, Gundula | 2196 | 0.5-0.5 | Pratyusha, Bodda | 2310 |
Stoeri, Laura | 2106 | 0.5-0.5 | Vishwa, Vasnawala | 2305 |
Österreich - Kanada
Den Kampf gegen Corona haben die Österreicherinnen erneut verloren und konnten auch gegen Kanada nur zu dritt antreten.
In Bericht der vierten Runde hat uns der rumänische Internationale Meister Adrian Petrisor die Partie von Hanna Marie Klek gegen die Rumänin Alessia Colacu analysiert und uns dabei anschaulich erklärt, dass man, wenn ein Spieler die kreative Idee hat, den König in der Mitte zu behalten, ruhig eine oder sogar zwei Figuren opfern kann, um zum gegnerischen Monarchen vorzudringen. Elisabeth Hapala hat diese Analyse wohl gelesen und sich genau in die Vorschläge von Adrian gehalten! Nach nur 17 Zügen hatte sie eine Figur weniger und eine Stellung erreicht, die der Variante, die uns Adrian gezeigt hat, verdächtig ähnelt. Im 21. Zug gewann Elisabeth dann die Dame und im 24. Zug gab die Kanadierin auf. Eine fast perfekte Partie von Elisabeth!
Kurz danach remisierte Denise Trippold gegen Svitlana Demchenko und leider kam auch Nikola Mayrhuber heute nicht über ein Remis hinaus und so endete der Kampf von drei Österreicherinnen gegen vier Damen aus Kanada 2:2 Unentschieden.
Östereich | 2:2 | Kanada |
||
Polterauer, Chiara | 2183 | - + | Ouellet, Maili-Jade | 2239 |
Trippold, Denise | 2151 | 0.5-0.5 | Demchenko, Svitlana | 2122 |
Mayrhuber, Nikola | 2141 | 0.5-0.5 | Mills, Morgen | 1993 |
Hapala, Elisabeth | 2113 | 1-0 | Guo, Yu Han | 1630 |
Morgen, am Samstag dem 6. August um 11.30 Uhr gehts weiter. Dann spielen bei den Herren:
Deutschland - Usbekistan
Österreich - Irland
Schweiz - Marokko
Liechtenstein - Trinidad & Tobago
Und bei den Damen:
Deutschland - Vietnam
Österreich - Kuba
Schweiz - Norwegen
Weitere Berichte von der Schacholympiade: