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FIDE Schacholympiade Tag 6: Deutschland im Glück und Österreich schafft eine Sensation
Deutschland gegen Italien. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

FIDE Schacholympiade Tag 6: Deutschland im Glück und Österreich schafft eine Sensation

Merlin2017
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Riesenglück für die Deutschen - Riesenpech für die Schweizer - Und Österreich schafft eine Sensation! So kann man den sechsten Tag der FIDE Schacholympiade 2022 in Chennai zusammenfassen.

Bei den Damen erlebte das deutsche Team eine herbe Enttäuschung. Die Österreicherinnen, die weiterhin coronabedingt nur zu dritt antreten können, erkämpften sich den zweiten Sieg in Folge und die Schweizer Damen schienen heute Dynamit gefrühstückt zu haben und stehen in der Tabelle jetzt sogar vor Deutschland!

Bei weit über 1000 Partien jeden Tag ist es natürlich so gut wie unmöglich, über wirklich alle Geschehnisse zu berichten. Wir haben zwar unser Bestes versucht, freuen uns über alle Verbesserungsvorschläge im Kommentarfeld.

Open:

Deutschland - Italien

Schweiz - Frankreich

Österreich - England

Liechtenstein, Uruguay und andere Teams

Damen:

Deutschland - Israel

Schweiz - Paraquay

Österreich - Costa Rica

Deutschland - Italien

Im Schach hat das Duell Deutschland gegen Italien weit weniger Tradition als im Fußball und bis es zwischen den beiden Ländern zu einem WM-Finale kommen wird, wird noch sehr viel Wasser den Rhein hinauf, bzw. den Po hinunterfließen. Beide Nationen sind aber auf einem sehr guten Weg und kommen der Weltspitze langsam aber stetig immer näher.

Liviu-Dieter Nisipeanu, der die letzten beiden Runden pausiert hatte, ersetzte heute den zuletzt etwas glücklosen Matthias Blübaum und brachte Deutschland mit 1:0 in Führung:

Dmitrij Kollars und Vincent Keymer legten mit zwei Remis nach und sicherten Deutschland zumindest schon mal ein Unentschieden, aber die Partie von Rasmus Svane war noch am Laufen und es sah nicht gut aus.

In einem unglaublich kompliziertem Endspiel mit zuerst 4 gegen 4 Bauern, dann mit 1 gegen 2 Bauern und schließlich mit Dame gegen Dame und Bauer kämpfte Rasmus aber wie ein Löwe. Selbst die Engines zeigten sich bei diesem Endspiel total überfordert, aber die Endspiel Tablebase zeigt mehrmals Gewinne für den Italiener.

Endspielfetischisten können sich mit diesem Endspiel sicher tagelang beschäftigen:


Ab dem 42. Zug könnt Ihr von der Analyse zur Tablebase wechseln. Hier seht Ihr bereits, dass Weiß nach Kxg6 gewinnt und nach jedem anderen Zug verliert. Das wird sich im Laufe der nächsten 65 Züge aber noch oft ändern.

Auf jeden Fall hat sich der heldenhafte Kampf von Rasmus aber gelohnt. Nach 107 Zügen hatte er ein Remis erreicht und Deutschland hatte gegen Italien gewonnen.

Deutschland   0:0 Italien  
Keymer, Vincent 2686  0.5-0.5 Moroni, Luca Jr. 2584
Svane, Rasmus 2649  0.5-0.5 Lodici, Lorenzo 2553
Nisipeanu, Liviu-Dieter 2642 1-0 Sonis, Francesco

2443

Kollars, Dmitrij 2648 0.5-0.5 Brunello, Sabino 2520
Rasmus Svane avancierte zum Matchwinner für die deutsche Mannschaft. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Schweiz - Frankreich

Als die haushoch favorisierten Franzosen sahen, dass Maxime Lagarde an Brett 4 gegen Oliver Kurmann ganz klar auf Gewinn stand, boten sie zeitgleich an den ersten drei Brettern Remis und da keiner der Schweizer auch nur den kleinsten Vorteil beanspruchen konnte, willigten Georgiadis, Bogner und Pelletier zähneknirschend ein und nahmen wenigstens einige Elo-Punkte als Trost für die Niederlage im Mannschaftskampf mit.

Georgiadis, Bogner und Pelletier denken nach, während sich die Franzosen zu einer "Mannschaftsbesprechung" versammelt hatten. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Dann geschah das unglaubliche. Lagarde verspielte in Zeitnot seine Gewinnstellung und plötzlich zeigte die Engine eine Bewertung von 0.00! Hatten sich die Franzosen verpokert?

Td3 (egal welcher Turm) und danach Kg6 hätte remisiert. Die Dame musste von der dritten Reihe abgelenkt werden, damit sie nach Kg6 nicht mit einem Schach auf g3 in das schwarze Lager eindringen und alle Bauern abgrasen kann. Sofort Kg6 verliert (...leider).

Bedauerlicherweise fand Oliver Kurmann aber dann nicht die richtige Koordination für seinen Turm und seinen Läufer, die in einem sehr komplizierten Endspiel gegen die Dame des Franzosen kämpften und musste die Partie nach 48 Zügen aufgeben.

Eine extrem unglückliche Niederlage für die Schweizer.

Schweiz   1.5:2.5 Frankreich  
Georgiadis, Nico 2578  0.5-0.5 Moussard, Jules 2672
Bogner, Sebastian 2545  0.5-0.5 Fressinet, Laurent 2631
Pelletier, Yannick 2551 0.5-0.5 Cornette, Matthieu 2551
Kurmann, Oliver 2463 0-1 Lagarde, Maxime 2631

Österreich - England

Die Österreicher waren gegen England zwar die klaren Außenseiter, aber in dieser Rolle haben sie ja jetzt schon mehrfach und unter anderem auch gegen Deutschland überrascht.

Das Duell begann zwar mit zwei achtbaren Remis an den Spitzenbrettern, aber da Felix Blohberger dem Angriff von David Howell nur wenig entgegensetzen konnte, schienen diese nicht viel wert zu sein.

Dann aber unterlief Gawain Jones in Zeitnot ein Fehler und Dominik Horvath erreichte ein Endspiel mit Springer und Bauer gegen 2 Bauern und das ließ er sich nicht nehmen!

Damit hat Österreich England einen Punkt abgeknöpft und heute war es kein Computerfehler! Das Ergebnis blieb bestehen!

Österreich   2:2 England  
Ragger, Markus 2647  0.5-0.5 Adams, Michael 2696
Dragnev, Valentin 2557  0.5-0.5 McShane, Luke J 2649
Blohberger, Felix 2492 0-1 Howell, David W L 2650
Horvath, Dominik 2488 1-0 Jones, Gawain C B 2652
Markus Ragger & Co. schafften die nächste Überraschung. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Was sonst noch so geschah

Georg Meier hat zum 3:1 Sieg von Uruguay über Japan ein Remis beigesteuert und Liechtenstein hatte beim 0.5 : 3.5 gegen El Salvador nicht den Hauch einer Chance. Den halben Punkt erspielte Marcel Mannhart.

"The Big Greek" Georgios Souleidis hat sich derweil die Partie an Brett 1 im Duell der beiden Spitzenreiter Indien und Armenien angesehen. D. Gukesh gegen Gabriel Sargissian. Hochinteressantes Zeugs! Das solltet Ihr Euch unbedingt ansehen!

Mittlerweile macht es wohl auch Sinn, den Tabellenstand zu posten:

Open

Platz Team Punkte Brettpunkte*
1 Armenien 12 17.5
2 USA 11 16.0
3 Indien 2 10 19.0
4 Usbekistan 10 19.0
5 Frankreich 10 18.0
10 Deutschland 10 16.5
22 Österreich 9 15.0
50 Schweiz 8 14.0
120 Liechtenstein 5 10.0

Damen

Platz Team Punkte Brettpunkte*
1 Indien 12 18.5
2 Aserbaidschan 11 18.5
3 Rumänien 11 16.5
4 Polen 10 19.5
5 Ukraine 10 17.5
21 Schweiz 9 16.0
25 Deutschland 8 15.5
41 Österreich 8 15.5

*Die Brettpunkte sind erst nach der Buchholz-Wertung maßgeblich für die Platzierung

Und damit kommen wir gleich zu den Damen

Deutschland - Israel

Bei den deutschen Damen ging heute alles schief, was schiefgehen konnte. Dinara Wagner konnte mit ihrer Alapin-Variante der sizilianischen Verteidigung nie ausgleichen und wurde nach und nach völlig überspielt. Jana Schneider konnte sich in einer spanischen Partie zu keinem Zeitpunkt einen echten Vorteil erspielen und musste sich mit einem Remis zufriedengeben und Hanna Marie Klek warf ihre Partie gegen die bekannte Twitch-Streamerin und YouTuberin Dina Belenkaya in einer eigentlich sehr angenehmen Stellung einzügig in die Tonne. Und damit war der Mannschaftskampf auch schon entschieden.

Dina Belenkaya nutzte einen Fehler von Hanna Marie Klek gnadenlos aus. Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Das abschließende Remis von Elli Pähtz mit den schwarzen Figuren war dann nur noch für die Statistiker interessant. Ansehen können wir uns es aber ja trotzdem:

Solche .gifs könnt Ihr Euch auch von Euren eigenen Partien erstellen. Einfach unter jeder Partie auf "teilen" und dann "animated Gif" klicken.

Deutschland   1:3 Israel  
Pähtz, Elisabeth 2484  0.5-0.5 Efroimski, Marsel
2456
Klek, Hanna Marie 2366  0-1 Belenkaya, Dina 2256
Wagner, Dinara 2341 0-1 Lahav, Michal

2185

Schneider, Jana 2342 0.5-0.5 Levitan, Ronit 2091

Schweiz - Paraguay

Die Schweizer Damen scheinen heute Dynamit gefrühstückt zu haben. Sie erspielten sich allesamt klar bessere Stellungen und schienen auf einen der schnellsten 4:0 Siege der Geschichte zuzusteuern. Den Anfang machte Lena Georgescu, die ihre Gegnerin mit einer großmeisterlichen Genauigkeit vom Brett fegte:

Dass Gundula Heinartz dann nicht einfach auf fröhliche Bauernjagd ging, sondern stattdessen Haus und Hof opferte, um einen vermeintlichen Mattangriff Ihrer Gegnerin, der aber eh nicht funktioniert hätte, abzuwehren und deshalb ihre schöne Stellung verlor, war zwar schade, da aber Laura Stoeri und Ghazal Hakimifard die Schweizerinnen zu diesem Zeitpunkt schon mit 3:0 in Führung gebracht hatten, änderte dies am hochverdienten Sieg der Eidgenossinnen nichts mehr.

Schweiz   3:1 Paraguay  
Georgescu, Lena 2279  1-0 Vargas, Gabriela 2140
Hakimifard, Ghazal 2296  1-0 Perez, Dalila 1799
Heinatz, Gundula 2196 0-1 Montiel Caceres, Helen 1763
Stoeri, Laura 2106 1-0 Mayeregger Gonzalez, Renata 1479

Hatte Laura Stoeri heute Dynamit gefrühstückt? Für ihren Sieg benötigte sie nur 28 Züge! Foto: Maria Emelianova/Chess.com

Österreich - Costa Rica

Österreichs Damenteam muss weiterhin nur zu Dritt kämpfen, aber das machen die Spielerinnen von Teamchef Siegfried Baumegger hervorragend. Auch heute konnten Nikola Mayrhuber und Elisabeth Hapala ihre Partien gewinnen und Denise Trippold brachte den Sieg mit einem Remis sicher nach Hause.

Hier ist der fünfte Sieg in Folge von WFM Nikola Mayrhuber. Wenn sie so weitermacht, winkt ihr nicht nur eine WIM, sondern gleich eine GM Norm! Ihre bisherige Turnierleistung: 2691!!!

Wir können nur weiterhin darauf hoffen, dass Katharina Newrkla und Chiara Polterauer bald wieder zum Einsatz kommen können. Wir wünschen den beiden auf jeden Fall eine gute Genesung.

Östereich   2.5:1.5 Costa Rica
 
Newrkla, Katharina 2265  - + Hernandez Alvarez, Tania Regla 1841
Trippold, Denise 2151  0.5-0.5 Diaz Charpentier, Kristel Meliss 1615
Mayrhuber, Nikola 2141 1-0 Mayorga Araya, Sofia 1874
Hapala, Elisabeth 2113 1-0 Ramirez Gonzalez, Maria Jose 1591

Morgen, am Donnerstag dem 4. August haben die Spieler einen Ruhetag.

Am Freitag, dem 5. August um 11.30 Uhr gehts weiter. Dann spielen bei den Herren:

Deutschland - Serbien

Österreich - Ungarn

Schweiz - Andorra

Liechtenstein - Dominica

Und bei den Damen:

Deutschland - Türkei

Österreich - Kanada

Schweiz - Indien 3


Weitere Berichte von der Schacholympiade:

Die 5. Runde (deutsch)

Die 5. Runde (englisch)

Die 4. Runde (deutsch)

Die 4. Runde (englisch)

Die 3. Runde (deutsch)

Die 3. Runde (englisch)

Die 2. Runde (deutsch)

Die 2. Runde (englisch)

Die 1. Runde (deutsch)

Die 1. Runde (englisch)

Die Eröffnungsfeier

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