FIDE richtet "dringenden Visa-Appell" an kanadische Regierung bezüglich Kandidatenturnier
Eines der prestigeträchtigsten Turniere der Welt steht vor einer großen Hürde, denn die FIDE hat einen öffentlichen Appell an die kanadischen Behörden angekündigt, um das Visumverfahren für mehrere Spieler:innen zu beschleunigen. Update, 2. März: Der Präsident des kanadischen Schachverbands, Vladimir Drkulec, sagt, dass er eine Deadline von einer Woche gibt, um das Problem zu lösen, ansonsten wird das Turnier nach Spanien verlegt.
Zum ersten Mal in der Geschichte soll das mit Spannung erwartete Turnier in Kanada stattfinden, aber jetzt sind dunkle Wolken am Himmel erschienen. 33 Tage vor dem ersten Schachzug am 4. April in Toronto hat die FIDE "ernste Bedenken" hinsichtlich der "rechtzeitigen Ankunft der Spieler:innen" geäußert.
Der bemerkenswerte Aufruf, der von der FIDE auf X/Twitter veröffentlicht wurde, forderte die kanadische Regierung auf, Maßnahmen zu ergreifen und Visa sowie die Erlaubnis zur Einreise in das Land auszustellen.
Bedauerlicherweise haben Spieler:innen aus verschiedenen Ländern weltweit, die ihre Visumsanträge [vor] einigen Monaten eingereicht haben, noch keine Informationen über ihren Status erhalten. Da es nur noch einen Monat bis zum FIDE-Kandidatenturnier ist, gibt es große Bedenken, ob die Spieler:innen rechtzeitig in Toronto ankommen werden.
Players from various countries worldwide, who submitted their visa applications [a] few months ago, have not yet received any updates.
—FIDE
Die FIDE hat auch die X-Konten des kanadischen Einwanderungsministers Marc Miller und anderer kanadischer Einwanderungsbehörden getaggt.
In Anbetracht der Popularität des Spiels im Land und seiner wachsenden Rolle in der Schachwelt bitten wir die kanadische Regierung um Unterstützung bei der dringenden Lösung dieser Angelegenheit. Die sichere und rechtzeitige Ankunft der Spieler:innen ist entscheidend für den Erfolg und die Integrität des FIDE-Kandidatenturniers und für die Anerkennung Kanadas als Gastgeber des wichtigsten Schachturniers des Jahres, das von Millionen von Zuschauer:innen weltweit verfolgt wird.
Der Generaldirektor der FIDE, GM Emil Sutovsky, teilte den Appell, indem er Kanadas Premierminister Justin Trudeau markierte und damit andeutete, dass die Veranstaltung verlegt werden könnte.
@JustinTrudeau @CitImmCanada @MarcMillerVM
— Emilchess (@EmilSutovsky) March 1, 2024
Urgent action is required for Canada to remain the hosts of the most important chess tournament of the year! https://t.co/GGQEs6LRRM
Es besteht dringender Handlungsbedarf, damit Kanada Gastgeber des wichtigsten Schachturniers des Jahres bleibt! - Emilchess
Die FIDE nannte keine Spieler:innen und verriet auch keine Details darüber, welche Spieler:innen von den Visaproblemen betroffen sind, aber nach Angaben der kanadischen Einwanderungsbehörde dauert die Bearbeitung eines Antrags auf ein Besuchervisum aus Russland durchschnittlich 182 Tage. Für Inder:innen beträgt die Bearbeitungszeit derzeit 27 Tage. Eine Arbeitserlaubnis dauert wesentlich länger.
Das würde insgesamt acht Spieler:innen betreffen. Aus Indien sind dies die GMs Praggnanandhaa Rameshbabu, Vidit Gujrathi, Gukesh Dommaraju, Vaishali Rameshbabu und Humpy Koneru. Aus Russland könnten die GMs Ian Nepomniachtchi, Kateryna Lagno und Alexandra Goryachkina Probleme bekommen.
Die Beziehungen zwischen Indien und Kanada haben sich nach der Ermordung eines kanadischen Sikh-Aktivisten im Juni auf kanadischem Boden verschlechtert. Im vergangenen September behauptete Trudeau, dass indische Agent:innen daran beteiligt waren. Indien wies diese Behauptungen entschieden zurück und nannte sie laut NPR "absurd".
Russlands umfassender Einmarsch in der Ukraine hat auch dazu geführt, dass seine Athlet:innen mit Sanktionen belegt wurden, die ihre Teilnahme an internationalen Veranstaltungen einschränken.
Am 21. Februar hat die kanadische Regierung Andrej Filatow, den Präsidenten des russischen Schachverbands, zusammen mit neun weiteren Personen sanktioniert, "die Knotenpunkte der direkten und indirekten Unterstützung der russischen Invasion in der Ukraine durch Finanzierung, Logistik und Umgehung von Sanktionen darstellen".
Es ist nicht das erste Mal, dass die FIDE einen öffentlichen Appell an eine Regierung richtet. Letztes Jahr veröffentlichte der Weltschachverband einen offenen Brief auf seiner Website, in dem er die Ukraine aufforderte, GM Vasyl Ivanchuk am FIDE Weltcup teilnehmen zu lassen. Der legendäre Großmeister reiste schließlich trotz der Ausreisebeschränkungen für Männer zwischen 18 und 60 Jahren nach Aserbaidschan, obwohl die ukrainische Regierung behauptete, die FIDE habe einen PR-Trick eingefädelt.
Update, 2. März:
Der Präsident des kanadischen Schachverbands, Vladimir Drkulec, sagte dem Toronto Star, dass insgesamt über 40 Personen auf ein Visum warten und dass einige bereits vor über vier Monaten einen Antrag gestellt haben. Er sagt, dass nur noch eine Woche bleibt, um über das Schicksal des Turniers zu entscheiden: "Wenn wir in einer Woche keine wesentlichen Fortschritte machen, wird es abgesagt. Man kann kein Kandidatenturnier ohne die Kandidat:innen veranstalten."
You can't have a candidates tournament without the candidates.
—Vladimir Drkulec
Er sagt, dass die FIDE einen Ersatzplan hat, um das Turnier nach Spanien zu verlegen, und kommentiert: "Wir haben eine Woche Zeit. Und wenn in dieser Woche nichts passiert, dann wird es in Spanien stattfinden und ich werde es im Internet verfolgen."