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FIDE Grand Prix Berlin Runde 5: Nakamura gewinnt die zweite Partie in Folge
Nakamura liefert sich mit Aronian ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Gruppensieg. Foto: World Chess.

FIDE Grand Prix Berlin Runde 5: Nakamura gewinnt die zweite Partie in Folge

chansen64
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

In der fünften Runde des FIDE Grand Prix Turniers in Berlin konnten vier Spieler ihre Partien gewinnen. Hikaru Nakamura und Levon Aronian teilen sich nach ihren Siegen die Tabellenführung der Gruppe A. Die Gruppe B wird nach zwei Remis weiterhin von Leinier Dominguez Perez und Shakhriyar Mamedyarov angeführt. Auch in der Gruppe C teilen sich zwei Spieler nach ihren Siegen in der fünften Runde die Tabellenführung: Wesley So und Sam Shankland. Und in der Gruppe D liegen weiterhin alle vier Spieler gleichauf.  

Die sechste und letzte Runde der Gruppenphase beginnt am, Montag, dem 28. März, um 15.00 Uhr.

Wollt Ihr den Grand Prix Live ansehen?

Alle Partien des FIDE Grand Prix findet Ihr auf unserer Event-Seite. Die deutschsprachigen Übertragungen mit Kommentaren von IM Steve Berger findet Ihr auf Twitch, YouTube, ChessTV und Chess.com/Events. Die englischsprachige Übertragung auf unserem YouTube-Kanal Chess.com Live.
Hier seht Ihr eine Aufzeichnung der Übertragung der fünften Runde:

Offensichtlich hatten viele Spieler den Ruhetag genutzt, um Energie für die Schlussphase zu sammeln und sich gründlich vorzubereiten. GM Andrey Esipenko erlebte jedoch gleich einen Schock, als er den Spielsaal betrat.

Nach der Partie sagte er: "Ich war überrascht, dass ich heute gegen Aronian spielen muste. Ich dachte, ich würde gegen Hikaru spielen! Da war ich schon ziemlich geschockt. Und dann musste ich ja auch noch mit Schwarz spielen."

I thought I was playing against Hikaru!

—GM Andrey Esipenko

Esipenko konnte trotz seiner Niederlage noch lächeln. Foto: World Chess.

Als Nakamura das gehört hatte, sagte er: "Das erklärt seine Eröffnung!"

Durch ihre Siege haben sich vier der fünf amerikanischen Teilnehmer vor der letzten Runde in eine hervorragende Ausgangslage gebracht.


Gruppe A

Die Gruppe A erlebte eine weitere aufregende Runde mit zwei siegreichen Partien. Grigoriy Oparin musste seine Tabellenführung an Nakamura und Aronian abgeben, die jetzt punktgleich in Führung liegen.

Als erstes war die Partie zwischen Aronian und Esipenko beendet. Der junge Russe hatte in der vierten Runde eine sehr lehrreiche Partie gegen Oparin verloren und wollte in der heutigen Partie wohl zurückschlagen. Über die Ragosin-Variante des abgelehnten Damengambits landeten die Spieler jedoch in einer Nimzo-Indischen Stellung, die der Partie zwischen Nakamura und Esipenko aus der zweiten Runde ähnelte. Aronian hatte jedoch etwas ganz anderes im Sinn. Er spielte 11.Sg5 gefolgt von 12.h4 und griff ohne Rücksicht auf Verluste den schwarzen König an.

Das war aber nicht die erste Überraschung des Tages für Esipenko, denn er war davon ausgegangen, heute mit Weiß gegen Nakamura und nicht mit Schwarz gegen Aronian spielen zu müssen.

Der heutige Tag war voller Überraschungen. Vor allem für Esipenko. Foto: World Chess.

Esipenko antwortete ungenau mit 12...c5 und Aronian erklärte nach der Partie, dass er wusste, dass dies bereits ein Verlustzug war. Die bessere Option war 12...Lg7 und Esipenko gestand, dass er an diesen Zug nicht einmal gedacht hatte. Danach wurde Schwarz nach allen Regeln der Kunst auseinandergenommen. Aronian opferte Material um den schwarzen König offenzuglegen und als Esipenko dann aufgab, hatte Aronian noch fast so viel Zeit auf seiner Uhr wie zu Beginn der Partie!

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Ein atemberaubender Sieg von. Foto: World Chess.

Nakamura wollte in seiner letzten Partie mit Weiß in der Gruppenphase natürlich an seinen Sieg über Aronian anknüpfen.

Wie Aronian spielte auch Nakamura in einer bekannten Stellung der Nimzo-Indischen Verteidigung schnell den ungewöhnlichen Zug h4. Dieser Zug war schon vor fünf Jahren beim Sinquefield Cup in St. Louis von der Schachlegende Garry Kasparov mehrmals gespielt worden und bei einer dieser Partie saß Nakamura höchstpersönlich am Brett. Allerdings auf dem Stuhl, der hinter den schwarzen Figuren platziert war.

Oparin war von dieser Idee, die später auch Ding Liren gegen Nakamura versucht hatte, allerdings nicht besonders beeindruckt und sicherte sich eine nahezu gleichwertige Stellung. Wie in der vierten Runde konnte Nakamura aber seinen Gegner unter Druck setzten und nach dem Schlagen auf a7 hatte er sich eine Bauernmehrheit am Damenflügel gesichert.

Nakamura konnte erneut gewinnen. Foto: World Chess.

Da Weiß aber Probleme hatte, seinen Läufer auf f1 in die Partie zu bringen, stand Schwarz nur unwesentlich schlechter. Erst als der Läufer im 39. Zug in die Partie eingreifen konnte, wurde langsam klar, dass Nakamura gewisse Gewinnchancen hatte. Diese Chancen wurden dann aber erst konkret, nachdem Oparin einen Damentausch zugelassen hatte.

Nach der Partie sagte Nakamura über die Entscheidung seines Gegners, den Damentausch anzubieten: "Entweder ist es danach ein leichtes Remis oder es ist komplett verloren."

Nakamura: "Entweder ist es ein leichtes Remis oder es ist komplett verloren." Foto: World Chess.

Nach einer Ungenauigkeit von Nakamura hätte sich aber Oparin vielleicht noch retten können, obwohl Kommentator Robert Hess erklärte, dass er den erforderlichen Zug niemals auch nur in Betracht gezogen hätte. Als Nakamura nach dem Spiel danach gefragt wurde, kaute er auf der Idee herum und sagte: "Das ist für Menschen einfach zu hoch!" Und auch Oparin sagte: "Das ist unmöglich zu finden." Am Ende hatte Weiß genau einen Freibauern zu viel und Nakamura hatte die zweite Partie in Folge gewonnen.

Gruppe B

Da in dieser Gruppe beide Partien Remis endeten, liegen Mamedyarov und Dominguez weiterhin punktgleich in Führung.

Diese beiden hatten dann auch das Vergnügen, gegeneinander zu spielen. Obwohl beide Spieler ein großes Eröffnungsrepertoire haben, war es keine besonders große Überraschung, dass wir die offene Variante der spanischen Eröffnung zu sehen bekamen, denn in seinen letzten Partien mit Schwarz hat Mamedyarov schon des Öfteren darauf zurückgegriffen.

Die beiden Tabellenführer vor ihrem direkten Duell. Foto: World Chess.

Laut Dominguez soll die von Mamedyarov gewählte Variante besser für Weiß sein, aber Dominguez sagte: "Weil ich in all meinen vorherigen Partien in Zeitnot war, hatte mich entschieden, sehr schnell zu spielen. Heute bin ich aber in eine schlechte Stellung geraten. Ich muss es einfach irgendwie schaffen, den richtigen Mix zu finden." Tatsächlich hatte Weiß eine gute Gelegenheit, sich einen Vorteil zu verschaffen, aber den hatten beide Spieler übersehen. Am Ende tauschten die Spieler in ein Doppelturmendspiel, das remis sein sollte, wenn keiner der Spieler übermütig wird. Aber das ist natürlich nicht passiert.

 

Beim ersten Grand-Prix Turnier hatte Daniil Dubov gegen Vincent Keymers Caro Kann praktisch aus der Eröffnung heraus gewonnen. Offensichtlich hatte Keymer keine Lust diese Variante noch einmal zu diskutieren und entschied sich daher, wie schon in der zweiten Runde gegen Dominguez, für 1...e5.

Es entstand eine spanische Partie und Dubov versuchte Keymer zuerst mit dem vorübergehenden Figurenopfer 9.Sbd2 und dann mit dem dauerhaften Opfer 16.Sxf6 erneut zu überlisten.

Dubov spielte erneut sehr scharf. Foto: World Chess.


Zu einem Zeitpunkt hatte Weiß dann sogar vier Bauern für die geopferte Figur, aber er konnte nichts Konkretes daraus machen. Obwohl Dubov dachte, dass die Stellung gewonnen sein müsste, sah es für die neutralen Zuschauer nie wirklich danach aus und Keymer fand ein ums andere Mal die besten Verteidigungszüge.

Nach der Partie war Dubov ziemlich frustriert und sagte: "Das ist eindeutig nicht mein Turnier."

Gruppe C

Dank ihrer gewonnenen Partien führen Shankland und So punktgleich die Tabelle an und beide dürfen in der letzten Runde mit Weiß spielen.

Sam Shankland gewann mit Schwarz gegen Aleksandr Predke, der sich bereite im fünften Zug für b3 entschieden hatte. Dieser Zug taucht in den Datenbanken nur ein einziges Mal auf. Shankland hätte dann sofort die Damen tauschen können, entschied sich aber für einen dynamischen Aufbau und hatte dank seines Drucks auf der d-Linie sofort ausgeglichen.

Shankland spielte sehr dynamisch. Foto: World Chess.

Predke wollte anscheinend in seiner letzten Partie mit Weiß unbedingt auf Gewinn spielen und opferte mit 11.b4 einen Bauern. Objektiv gesehen bekommt Weiß für den geopferten Bauern eine mehr oder weniger ausreichende Kompensation, aber die Stellung schien Shankland viel besser zu liegen und er fand einen Weg den Bauern zu halten. Nach ein paar weiteren ungenauen bis zweifelhaften Zügen von Weiß war Schwarz ganz klar auf der Siegerstraße und konnte einen vollen Punkt verbuchen. Von Predke war es aber eine überraschend schwache Leistung.

Nach dem Sieg von Maxime Vachier-Lagrave über Predke in der vierten Runde waren alle vier Spieler dieser Gruppe punktgleich. In der fünften Runde überraschte der Franzose, der ja eigentlich immer mit 1.e4 eröffnet, seinen Gegner Wesley So mit dem Eröffnungszug 1.d4. Daraus entstand eine weitere Nimzo-Indische Eröffnung und Vachier-Lagrave entschied sich für 4.f3. Obwohl er mit g2-g4 gefolgt von Sg3 eine interessante Idee hatte, wurde schnell klar, dass er mit dieser Art von Stellung nicht besonders vertraut war und schon bald rutschte er in eine unangenehme Stellung, in der So seinen Vorteil allmählich vergrößern und schließlich den vollen Punkt einfahren konnte.

Nach der Partie dankte Wesley So Gott für seinen Sieg. Hier dachte er aber wohl nur nach. Foto: World Chess.

Gruppe D

Nach zwei weiteren Remis liegen in der Gruppe D weiterhin alle Spieler gleichauf.

Yu Yangyi kennt diese Tabellensituation bereits vom zweiten Grand-Prix Turnier in Belgrad. Auch dort hatte er exzellente Chancen sich durch einen Sieg für das Halbfinale zu qualifizieren, aber dann überzog er gegen Predke und der Russe zog ins Halbfinale ein. 

In Berlin hatte es er mit Amin Tabatabaei zu tun, der in der letzten Runde gegen Nikita Vitiugov gewinnen konnte. Am Tag der Nimzo-Indischen Eröffnungen spielte Tabatabaei die interessante Neuerung 7.a4, die Schwarz zwar keine Probleme bereiten sollte, aber zu Fehler verleiten kann. Der Chinese entschied sich für die über-aggressive Antwort 7...Se4, 8...Sxc3 und 9...cxd4 und schon hatte Weiß einen großen Vorteil. Viele Zuschauer dachten zu diesem Zeitpunkt, dass Tabatabaei jetzt vielleicht so schnell gewinnen kann, dass er noch sein Viertelfinale in der Rapid Chess Championship spielen kann, für das er sich am Samstagabend qualifiziert hatte.

Tabatabaei (links) hatte heute eine Menge vor. Foto: World Chess.

Am Ende zerplatzen aber gleich beide Träume. Nach ein paar schlechten Zügen hatte Weiß seinen Vorteil zuerst verspielt und dann stand sogar Schwarz besser. Yu übernahm das Kommando, überspielte Weiß und erreichte ein gewonnenes Endspiel. 

Aber dann geschah, Zitat Tabatabaei, "ein Wunder" und er konnte eine verlorene Stellung in ein Remis retten.

In der Partie Vitiugov gegen Giri spielte der russische Großmeister mit 9.h4 einen Zug, der ursprünglich von GM Mikhail Botvinnik eingeführt und 2011 von Aronian in einer Partie gegen GM Magnus Carlsen wiederbelebt wurde. Giri musste sich dieser Variante bereits 2013 stellen, aber seitdem nicht mehr. Weiß schien etwas Initiative zu haben, aber er erreichte nie wirklich viel und schließlich tauschten die Spieler in ein Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern ab und einigten sich nach Erreichen des 30. Zugs auf ein Remis.

Giri sieht sich seine Stellung aus einiger Entfernung an. Foto: World Chess.

Da Yu und Giri in der letzten Runde mit Weiß spielen dürfen, sollten sie etwas bessere Chancen auf den Einzug ins Halbfinale haben, aber natürlich kann in dieser Gruppe noch alles passieren. 

Ergebnisse & Tabellen

Alle Partien der fünften Runde

Der FIDE Grand Prix in Berlin ist das dritte und letzte Turnier des FIDE Grand Prix 2022. Es findet vom 22. März bis um 4. April statt. Die Partien beginnen jeden Tag um 14.00 Uhr.


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