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FIDE Grand Prix Berlin Finale Tag 1: Ein großer Kampf und ein spannendes Remis
Nakamura und Aronian lieferten sich ein unvergessliches Duell. Foto: WorldChess.

FIDE Grand Prix Berlin Finale Tag 1: Ein großer Kampf und ein spannendes Remis

VSaravanan
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Hikaru Nakamura und Levon Aronian lieferten sich in der ersten Finalpartie des FIDE Grand Prix in Berlin ein spannendes und hochklassiges Duell. Beide Spieler hatten zu verschiedenen Zeitpunkten der Partie die Oberhand und am Ende, als Nakamuras Initiative die Partie zu entscheiden drohte, fand Aronian ein einfallsreiches Dauerschach.

Obwohl es Nakamura war, der in der Eröffnung eine Neuerung spielte, war es Aronian, der besser vorbereitet zu sein schien und die Anfangsphase der Partie kontrollierte. Aronian hielt den Druck aufrecht und gewann im 22. Zug mit einer hübschen Zugfolge einen Bauern. Sowohl auf dem Brett als auch auf der Uhr mit dem Rücken zur Wand zeigte sich Nakamura der Situation aber gewachsen, schuf ein Gegenspiel und zwang seinen Gegner, im 54. Zug ein einfallsreiches Dauerschach zu finden, um sich in ein Remis zu retten.

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Alle Partien des FIDE Grand Prix findet Ihr auf unserer Event-Seite. Die deutschsprachigen Übertragungen mit Kommentaren von IM Steve Berger findet Ihr auf Twitch, YouTube, ChessTV und Chess.com/Events. Die englischsprachige Übertragung auf unserem YouTube-Kanal Chess.com Live.
Hier seht Ihr die Aufzeichnung der Übertragung der ersten Finalpartie:

Aronian und Nakamura genossen einen dringend benötigten Ruhetag vor Beginn des Finales und zeigten in einigen Tweets ihre entspannte Stimmung. Da am Sonntag in den USA der Superbowl stattgefunden hatte, war Nakamura mit seinen Gedanken offensichtlich in seiner Heimat: 

Aronian hingegen kommentierte ein aktuelles Thema in der Schachwelt. Das gehackte Twitter Account von Anish Giri:

Aber der, sagen wir, "faszinierendste" Tweet des Tages kam von World Chess, dem offiziellen Organisator der Veranstaltung, der es für einen geeigneten Zeitpunkt hielt, die Schachwelt an einen Zwischenfall mit der Berührt-Geführt-Regel zwischen Aronian und Nakamura beim Kandidatenturnier 2016 in Moskau zu erinnern:

Dann aber begann die Partie und die beiden Protagonisten kämpften um drei Extrapunkte in der Grand-Prix-Wertung (der Sieger erhält 13 Punkte und der Zweitplatzierte 10), die für einen Startplatz im Kandidatenturnier maßgeblich ist und auch um die zusätzlichen 6000 Euro Preisgeld (der Sieger bekommt €24.000 und der Zweitplatzierte €18.000).

Beide Finalisten sind in bestimmten Aspekten des Schachs an der absoluten Weltspitze zu finden. Aronian gilt als einer der am besten vorbereiteten Spieler und auch in Berlin hat er in allen Eröffnungen praktisch geblitzt.

Nakamura ist einer der besten Spieler aller Zeiten bei kurzen Bedenkzeiten und für seinen Einfallsreichtum, insbesondere wenn es darum geht, sich aus schwierigen Lagen zu befreien, berüchtigt.

Und es waren dann auch genau diese beiden Elemente, die wir in der ersten Finalpartie zu sehen bekamen.

Wenn Einfallsreichtum auf Vorbereitung trifft. Foto: WorldChess.

Aronians Eröffnungsrepertoire mit Schwarz gegen 1.e4 ist um 1...e5 herum aufgebaut, wobei der Marshall-Angriff in der Spanischen Partie und die Russische Verteidigung seine Hauptwaffen sind. Gegen 1.d4 scheint er ein viel breiteres Repertoire einzusetzen. Als Nakamura, der mit Weiß ebenfalls über ein breites Repertoire verfügt, sich entschied, in der Partie 1.e4 zu spielen, wurde angenommen, dass er einen bestimmten Plan im Sinn hatte.

Nakamura - gut vorbereitet? Foto: WorldChess.

Es gibt Fälle im Spitzenschach, bei denen einer der Spieler eine Neuerung spielt, der Gegner aber ziemlich schnell mit den Antworten kommt. Neben der Heimvorbereitung gibt es zwei Arten von Partiedatenbanken, die für die Eröffnungsvorbereitung eines Top-Schachprofis von zentraler Bedeutung sind: Fernschachdatenbanken und Computerschachdatenbanken. Aber Nakamuras Wahl schien eine komplette Neuheit zu sein, die sich überhaupt nirgendwo finden lässt.

In einer Stellung, in der 12.d4 oder 12.Se2 die Hauptzüge sind, spielte Nakamura 12.Sh2, was scheinbar ein Spiel auf dem Königsflügel einleitete. Aber Aronian war von diesem Zug nicht beeindruckt, hatte sofort eine Antwort bereit und war sogar schon bald auf der Uhr voraus. Ungefähr im 17. Zug war es offensichtlich, dass Nakamura unter Druck stand. Kommentator Daniel Naroditsky sagte dazu: "Hikaru hat eine enorme Fähigkeit, sich aus Situationen mit hohem Druck zu befreien, aber das wird langsam etwas besorgniserregend: 17 Züge und Hikaru hat bereits weniger als eine Stunde auf der Uhr, während Levon noch eine Stunde und 20 Minuten hat. Er hat bisher nur 10 Minuten seiner Bedenkzeit verbraucht. Wenn ihm das kein Selbstvertrauen gibt, dann weiß ich auch nicht."

Levon Aronian - voller Selbstvertrauen? Foto: WorldChess.

Im 30. Zug schien Nakamuras klassische Dame-Springer-Combo gegen Dame und Läufer den Mehrbauern von Aronian gründlich neutralisiert zu haben, aber dann beschloss Aronian, nach den Sternen zu greifen, anstatt sich neu zu kalibrieren und sich mit einem Remis zufriedenzugeben und wir bekamen einen fantastischen Kampf zu sehen.

Chess.com game of the day

Die Partie war an Spannung nicht zu überbieten:

Bemerkenswert war, dass Nakamura trotz knapper Bedenkzeit ein präzises Gegenspiel fand. Mit weniger als zwei Minuten auf der Uhr musste Nakamura im 39. Zug eine wichtige Entscheidung treffen. Er wirkte konzentriert, aber auch angespannt, schüttelte ein wenig den Kopf, zögerte ein wenig und entschied sich schließlich für 39.f4. Etwas später war es dann Aronian, der einfallsreiche Züge finden musste, um das Remis zu retten.

Nakamura ließ sich von seiner Zeitnot nicht aus der Ruhe bringen. Foto: WorldChess.

Im Interview nach der Partie waren beide Spieler sehr objektiv. Auf die Frage, ob er gerne gegen den geschlossenen Spanier spielen würde, antwortete Aronian: "Ich bin immer glücklich, wenn ich Schach spielen kann! Es ist mir egal, welche Eröffnung es ist. Es ist ein großes Privileg ... Nachdem Hikaru diesen falschen Plan mit Sh2 - Sg4 gespielt hatte, hatte ich eine schöne Stellung."

I am always happy just to play chess! I don't really care what opening it is. It's a great privilege.

—GM Levon Aronian

Für Aronian ist Schachspielen ein Privileg. Foto: WorldChess.

Als er allgemein nach seiner Eröffnungswahl gefragt wurde, und ob Schwarz nach seiner Verhinderung des Marshall-Gambits nicht ok war, kam Nakamura mit dem Witz: "Mit Computern ist heutzutage alles ok! Es scheint nicht einmal wichtig zu sein, was man spielt. Ich wollte etwas Langsames ... Ich habe versucht, mit 12.Sh2 kreativ zu sein ... Ich denke, Levon stand dann irgendwann besser. Irgendwann im späten Mittelspiel, als ich einen Bauern weniger hatte, wurde es sehr kompliziert. Aber ich hatte ja auch diesen vorgerückten Bauern auf a5 und den Bauer auf b4. Es war sehr, sehr knifflig... es war eine interessante Partie."

Everything is sound with computers these days! Doesn't even matter what you play.

GM Hikaru Nakamura

Als er nach seinen Livestreams gefragt wurde, freute sich Nakamura sehr über seine Fans und Follower: "Dass mir all diese Leute zuzusehen, motiviert mich sehr. Heute habe ich vor allem auch versucht, irgendwie Schach zu spielen. Wenn du Schach spielst, passieren gute Dinge."

Nakamura passieren gute Dinge wenn er Schach spielt. Foto: WorldChess.

Turnierbaum

Der FIDE Grand Prix Berlin ist das erste von drei Turnieren. Es findet vom 4. bis zum 17. Februar statt. Die Partien beginnen jeden Tag um 15.00 Uhr.


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