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FIDE Grand Prix Belgrad Runde 6: Andreikin, Giri, Rapport und MVL stehen im Halbfinale
Andreikin won the Game of the Day and moves on to the semifinals. Photo: Maria Emelianova/Chess.com.

FIDE Grand Prix Belgrad Runde 6: Andreikin, Giri, Rapport und MVL stehen im Halbfinale

chansen64
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Wow! Die letzte Runde der Gruppenphase des FIDE Grand Prix in Belgrad bot uns alles, was wir uns erhofft hatten - und sogar noch mehr.

Nach zwei turbulenten Partien in der Gruppe A stand Dmitry Andreikin als Sieger dieser Gruppe fest. Anish Giri und Richard Rapport lösten mit souveränen Remis ihre Tickets für das Halbfinale in den Gruppen B und C und in der Gruppe D setzte sich Maxime Vachier-Lagrave durch.

Das Halbfinale beginnt am Mittwoch, dem 9. März, um 15.00 Uhr.

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Alle Partien des FIDE Grand Prix findet Ihr auf unserer Event-Seite. Die deutschsprachigen Übertragungen mit Kommentaren von IM Steve Berger findet Ihr auf Twitch, YouTube, ChessTV und Chess.com/Events. Die englischsprachige Übertragung auf unserem YouTube-Kanal Chess.com Live.
Hier seht Ihr eine Aufzeichnung der Übertragung der sechsten Runde:

Gruppe A

Vor der heutigen Runde führten Andreikin und Sam Shankland die Tabelle mit 3 Punkten an. Etienne Bacrot lag einen halben Punkt hinter den beiden und nur Alexander Grischuk war mit seinen 1.5 Punkten bereits aus dem Rennen.

Da Grischuk mit Weiß gegen Shankland spielte, hätte er als Spoiler fungieren und mit einem Sieg seinen Landsmann Andreikin zum Einzug ins Achtelfinale helfen können. Shankland, der die Notwendigkeit verstanden hatte, möglicherweise auf Sieg spielen zu müssen, falls Andreikin eine gute Stellung erreicht, wählte die sizilianische statt seiner üblichen Berliner Verteidigung, in der Weiß ja mehr oder weniger ein Remis erzwingen kann, falls er das will. Als Reaktion darauf verließ Grischuk das Offene Sizilianisch und entschied sich stattdessen für die solidere Moskauer Variante (3.Lb5+).

Nachdem Shankland den kämpferischen Zug 3...Sd7 gespielt hatte, entschied sich Grischuk, die Hauptvariante mit 10.Dd3 zu umgehen und wurde von Shanklands 12...b5!? getroffen. Eine Neuerung und ein sauberer Ausgleich für Schwarz. Bald danach fingen die Spieler an, Holz zu hacken und einigten sich auf ein Remis.

In der zweiten Partie spielte Andreikin mit Weiß gegen Bacrot und eröffnete mit 1.d4, worauf Bacrot mit dem soliden angenommenen Damengambit antwortete. Möglicherweise hatte er die Hoffnung, damit alle möglichen Gewinnchancen von Andreikins von Anfang an zu minimieren. Es schien jedoch klar zu sein, dass es Weiß war, der Druck ausübte, obwohl er nie etwas Wesentliches hatte. Das blieb so bis zum 24. Zug von Schwarz, wonach Andreikin eine schwierige Entscheidung treffen musste: Sollte er mit einem kleinen, klaren, aber wahrscheinlich nicht ausreichenden Vorteil versuchen, irgendwie zu gewinnen, oder sollte er ein spekulatives Damenopfer versuchen? Andreikin entschied sich für Letzteres, was Weiß nach Bacrots nervöser Antwort sofort Gewinnchancen, wenn nicht sogar eine Gewinnstellung verschaffte. Das war jedoch nur der Anfang von mehr Drehungen und Wendungen und Höhen und Tiefen, als eine Achterbahn mit 6er Looping zu bieten hat. Beide Spieler hatten abwechselnd Gewinnstellungen und es gab mehr Fehler und Schnitzer zu sehen, als bei einer GothamChess "Guess The Elo" Episode auf YouTube. Ein vollständiges Bild der Partie vermittelt Euch Dejan Bojkov in der nachstehenden Analyse:

Chess.com game of the day dejan bojkov

Durch diesen Sieg stand Andreikin im Achtelfinale.

Gruppe B

In Gruppe B ging Giri mit einem vollen Punkt Vorsprung in die letzte Runde. Allerdings traf er dabei mit Schwarz auf seinen einzigen Verfolger Nikita Vitiugov, der mit einem Sieg mit Giri gleichziehen und ein Playoff erzwingen hätte können. Interessanterweise entschied sich Vitiugov für die englische Eröffnung, 1.c4, und versuchte, Giri von der Eröffnungsvorbereitung weg und in ein Gebiet zu lenken, in dem beide Spieler alleine denken mussten. Durch eine Zugumstellung erhielten die Spieler so etwas wie die Dubov-Variante des Tarrasch-Damengambits. Eine scharfe Variante, die zu massiven Komplikationen führen kann, aber gelegentlich durch zu viele Abtäusche zu ausgeglichenen Endspielen führt. Obwohl Weiß etwas Druck ausüben konnte und eine Weile pushte, schien Giri nie in ernsthaften Schwierigkeiten zu sein.

Giri hat seine Gruppe überzeugend gewonnen. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Mit diesem Remis hat sich Giri seinen Platz im Halbfinale gesichert.

In der anderen Partie dieser Gruppe spielte Pentala Harikrishna mit Weiß gegen den jungen iranischen Großmeister Amin Tabatabaei. Tabatabaei entschied sich für die offene spanische Partie, die bei diesem Event überraschend beliebt ist. Harikrishna wählte eine Variante, bei der er eine Qualität für einen Bauern und das Läuferpaar opfert, bei der aber auch die Damen getauscht werden. Die daraus resultierenden Stellungen können für Schwarz ziemlich schwierig zu spielen sein, da es schwierig ist, mit nur einer offenen Linie und ohne Einbruchsfelder eine Verwendung für die Türme zu finden.

Im frühen Mittelspiel kämpfte Weiß darum, den richtigen Plan zu finden, was es Tabatabaei ermöglichte, die Initiative zu übernehmen und sich einen Vorteil zu erspielen. Methodisch ließ er diesen immer größer werden und schließlich wurde dieser Vorteil entscheidend. In Zeitnot begann er aber zu schlampen, was Harikrishna wieder in die Partie brachte, aber ein paar weitere Fehler von Weiß ermöglichten es Tabatabaei, sich den vollen Punkt zu sichern. Ein wunderbarer Abschluss des Turniers für den jungen iranischen Großmeister.

Gruppe C

Nach seinem gestrigen Sieg über Vidit Gujrathi ging Richard Rapport mit einem vollen Punkt Vorsprung in die letzte Runde.

Rapport wollten den scharfen Varianten, die Alexei Shirov manchmal spielt, aus dem Weg gehen und eröffnete die Partie mit 1.c4. Ein symmetrisches englisches Vierspringerspiel führte zu vielen Abtäuschen und einem schnellen Remis, wodurch sich Rapport einen Platz im Halbfinale gesichert hatte. Eine interessante Tatsache ist, dass die ersten 23 Züge bereits in einer anderen Partie von Rapport gespielt wurden. In dieser Partie hatte er allerdings Schwarz!

Rapport hat seine Gruppe gewonnen. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Bei einer Niederlage von Rapport hätte auch Vidit noch um den Gruppensieg spielen können. Dafür hätte er aber mit Schwarz gegen Vladimir Fedoseev gewinnen müssen. Anstatt sich für eine scharfe kämpferische Eröffnung mit Schwarz zu entscheiden, wählte Vidit aber die solide russische Verteidigung, die, wie die offene spanische Eröffnung, bei diesem Turnier schon ziemlich häufig gespielt wurde. Fedoseev antwortete mit dem seit geraumer Zeit äußerst beliebten 5.Sc3-Abspiel.

Vidit spielte sehr aggressiv und übernahm komplett die Initiative und schon bald stand er deutlich besser und möglicherweise verpasste er sogar einen Sieg. Nachdem er seinen Vorteil verspielt hatte, drängte er weiter und erkämpfte sich erneut neuen Vorteil, nur um im 45. Zug eine sehr seltsame Entscheidung zu treffen, die es Weiß ermöglichte, den h6-Bauern mit einem Schach zu schlagen. Darauf musste er sehr genau spielen, um wenigstens ein Remis zu halten. Wenn man bedenkt, wie wenig bei dieser Partie auf dem Spiel stand, war es eine großartige Kampfpartie.

Gruppe D

In der Gruppe D ging Maxime Vachier-Lagrave mit einem halben Punkt Vorsprung Shakhriyar Mamedyarov und Yu Yangyi in die letzte Runde.

MVL musste mit Schwarz gegen Mamedyarov spielen und der kannte seine Aufgabe: Gewinnen oder ein Ticket für den Heimflug buchen. Auch MVL kannte seine Ausgangslage: Ein Sieg sichert ihm den direkten Einzug ins Halbfinale und bei einem Remis hat er zumindest einen Platz im Playoff sicher. Infolgedessen bekamen wir natürlich eine spannende Partie zu sehen. In einer Abtauschvariante des abgelehnten Damengambits rochierten die Spieler auf entgegengesetzte Seiten und spätestens jetzt war der Kampf eröffnet. Anfangs sah es so aus, als hätte MVL keine Probleme, aber dann lenkte Mamedyarov seine Dame von c2 über a4, d7 und f5 auf g4 um und plötzlich sah es so aus, als würde der Franzose in Schwierigkeiten geraten. Mit seinem Zug 23...b3! konnte er aber gerade genug Gegenspiel erzeugen, um die Balance zu halten. Am Ende musste Mamedyarov seine Ambitionen einstellen und eine Zugwiederholung zulassen.

MVL gewann seine Gruppe mit nur einem einzigen Sieg. Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

In der anderen Partie stand Yu Yangyi vor einer ähnlichen Aufgabe wie Mamedyarov, obwohl seine Aufgabe auf dem Papier etwas einfach aussah: Er musste mit Weiß gegen den Tabellenletzten Aleksandr Predke gewinnen, um noch eine Chance auf den Einzug ins Halbfinale zu haben. Obwohl Weiß in einem geschlossenen Spanier eine schöne Stellung erhielt und Oberhand zu gewinnen schien, kämpfte Schwarz, als wäre er derjenige, der um einen Platz in den Playoffs spielen würde. Um den 30. Zug herum schwang das Pendel in die Richtung von Schwarz, aber in Zeitnot fand er nicht jedes Mal den besten Zug. Da es Weiß aber genauso erging, raste der Bewertungsbalken neben dem Brett auf und ab und hielt MVLs Blutdruck auf einem konstant hohem Niveau, während die Kommentatoren Benjamin Bok und Keti Tsatsalashvili zu erklären versuchten, was um alles in der Welt hier passierte. Am Ende sicherte sich Predke aber den vollen Punkt.

Ergebnisse

Der Weg ins Finale:

Alle Partien der sechsten Runde

Der FIDE Grand Prix in Belgrad ist das zweite von drei Turnieren. Es findet vom 1. bis zum 14. März statt. Die Partien beginnen jeden Tag um 15.00 Uhr.


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