FIDE Chess.com Grand Swiss Runde 9: Caruana besiegt Firouzja
Fabiano Caruana bezeichnete die Partie gegen Alireza Firouzja als super-wichtig und auch als totales Chaos. Er konnte das Chaos aber gewinnen und zog damit beim FIDE Chess.com Grand Swiss nach 9 Runden mit dem Führenden gleich. Die beiden teilen sich die Führung mit David Howell, der als einziger anderer Spieler mit 5.5 Punkten seine Partie gewinnen konnte. Bei den Damen gewann Lei Tingjie erneut und braucht jetzt am Samstag nur noch ein Remis, um sich bereits eine Runde von Schluss den Turniersieg zu sichern.
Alle Partien und die Live-Übertragung findet Ihr hier: FIDE Chess.com Grand Swiss | FIDE Chess.com Damen Grand Swiss.
Jetzt gehts beim FIDE Chess.com Grand Swiss um die Wurst: Das Turnier hat endlich seine spannendste Phase, in der jedes einzelne Ergebnis an den Spitzenbrettern über das Endergebnis entscheiden kann, erreicht. Caruanas Sieg gegen Firouzja könnte eines dieser Schlüsselergebnisse sein, aber ob es wirklich so ist, werden es erst nach zwei weiteren Runden wissen.
Der WM-Herausforderer von 2018 erzielte seinen großen Sieg passenderweise mit der Mikhail Tal Variante im Caro-Kann.
Vielleicht inspiriert von dem niederländischen Großmeister Jorden van Foreest, der diesen Zug gestern bereits im siebten Zug gespielt hatte, zog auch Caruana seinen b-Bauern schon früh nach vorne. Nachdem die Damen getauscht waren folgte ein ziemlich kompliziertes Mittelspiel.
"Ich weiß nicht genau, ab wann er schlechter stand", sagte Caruana. "Ich fand das Endspiel angenehm für mich. Er kontrolliert zwar viele Felder, aber er hatte auch viele schwache Bauern. Es war kompliziert, aber meine Züge waren immer einfacher zu finden."
Firouzjas Stellung sah zwar ziemlich solide aus, war seine Uhr überhaupt nicht. Als der Youngster seinen 20. Zug ausgeführt hatte, hatte er nicht einmal mehr acht Minuten auf der Uhr. Caruana hatte zu diesem Zeitpunkt noch über eine Stunde.
Als sich die Spieler der ersten Zeitkontrolle näherten, wurde die Stellung auf dem Brett immer schärfer. Firouzja fand trotz des Zeitdrucks zunächst alle richtigen Züge (einschließlich des Opfers seines g-Bauern), aber im 38. Zug irrte er sich.
Caruana verbrauchte dann für seinen nächsten Zug fast seine ganze Bedenkzeit, aber dann hatte er den schmalen Gewinnweg gefunden. Nachdem die Zeitkontrolle erreicht war, spielte der Amerikaner präzise weiter und brachte den vollen Punkt nach Hause.
Im Nachhinein wurde aber klar, dass er die Partie nicht immer unter Kontrolle hatte und er nannte die Zeitnotphase "ein totales Chaos". Erst nach dem 40. Zug hatte er das Gefühl, dass er gewinnen würde.
"Die letzten beiden Runden liefen besser, als ich es mir erhofft hatte", sagte er. "Besonders diese Partie war super wichtig."
Anmerkungen von GM Robert Hess:
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Die Namen Caruana und Firouzja hatten viele zu diesem Zeitpunkt des Turniers an der Tabellenspitze erwartet, aber den 34. der Setzliste, David Howell, hatte wohl niemand auf der Rechnung. Neben Caruana gab es noch neun weitere Spieler mit 5,5 Punkten, aber der 30-jährige englische Großmeister war der einzige unter ihnen, der heute seine Partie gewinnen konnte.
Bisher hatte Howell sehr viele sehr lange Partien gespielt, aber heute benötigte Howell nur rund dreieinhalb Stunden, um den Ukrainer Anton Korobov zu besiegen.
"Ich habe in dieser Partie etwas zu langsam gespielt und das hat die Partie dann verkürzt, falls das irgendeinen Sinn macht", sagte er. "Ich hatte nach 20 Zügen weniger als 10 Minuten auf der Uhr. Ich konnte sehen, dass er ständig auf die Uhr schaute und versuchte, mich unter Zeitdruck zu setzen. Vielleicht war es also ein Segen, dass ich am Anfang so viel Zeit verbraucht habe."
Howell war der Meinung, dass die mangelnde Vertrautheit mit der entstandenen Struktur beide Spieler betraf, aber seinen Gegner noch mehr als ihn selbst. Schließlich sperrte Korobov seinen eigenen Turm auf d3 ein:
Die Partie Shirov gegen Vitiugov endete bereits nach 20 Minuten mit einem Remis und später stand das gleiche Ergebnis auch bei den Partien Oparin gegen Predke, Harikrishna gegen Sevian und Anton gegen Vachier-Lagrave auf der Anzeigetafel. Die letztere Partie war die interessanteste. Vor allem wegen der Eröffnung:
Hinter den drei Spitzenreitern liegen nun 10 Spieler mit einem halben Punkt Rückstand. Einer von ihnen ist der armenische Großmeister Gabriel Sargissian, dem heute eine schöne Kombination gelang:
Veteran GM Boris Gelfand, der im Jahr 2012 um die Weltmeisterschaft gespielt hatte, erlebte bislang ein enttäuschendes Turnier mit sechs Remis und zwei Niederlagen. Heute erzielte der Israeli seinen ersten Sieg - und was für ein Sieg das war. Bereits in der Eröffnung konnten sich beide Spiele eine zusätzliche Dame sichern und nach vielen Abenteuern wandelte Weiß sogar noch einen Bauern in eine Dame um.
"Ich bin einfach nur glücklich, Schach spielen zu können... Das Turnier läuft zwar nicht gut für mich, aber ein solcher Sieg ist ein schöner Trost", sagte Gelfand. "Es gab viele schöne Varianten. Zu einem bestimmten Zeitpunkt hatte ich einen Turm und zwei Figuren weniger, aber dann konnte ich mir eine fünfte Dame holen. Ich hoffe, die Partie ist eine würdige Hommage an Mikhail Tal, denn das Turnier findet ja in seiner Heimatstadt statt."
Mit seinen Gedanken noch bei der Champions League und dem zweiten Sieg von Ajax Amsterdam gegen Borussia Dortmund witzelte Gelfand, sein Sieg sei "im Stil von Ajax" gewesen und erklärte:
"Ich bin, wie wahrscheinlich jeder weiß, ein großer Fan von Johan Cruijff und seinem Vermächtnis und deshalb halte ich immer zu Barcelona und Ajax und der holländischen Nationalmannschaft. Ajax und Barcelona sind mehr als Fußball ... sie sind ein Markenzeichen. Sie haben einen eigenen Stil und selbst wenn die Dinge einmal nicht so gut laufen, bleiben sie ihrem eigenen Stil treu."
In der zehnten Runde werden alle Augen auf die Partien Firouzja gegen Howell und Vachier-Lagrave gegen Caruana gerichtet sein.
Die Tabelle nach der 9. Runde (Top 20)
Platz | Gesetzt | Land | Name | Elo | Punkte | TB1 | TB2 | TB3 | |
1 | 3 | GM | Firouzja, Alireza | 2770 | 6.5 | 46.5 | 50 | 34.5 | |
2 | 1 | GM | Caruana, Fabiano | 2800 | 6.5 | 44.5 | 49 | 35.75 | |
3 | 34 | GM | Howell, David | 2658 | 6.5 | 38.5 | 42 | 29.75 | |
4 | 54 | GM | Sasikiran, Krishnan | 2640 | 6 | 43.5 | 46 | 29.75 | |
5 | 11 | GM | Yu Yangyi | 2704 | 6 | 43 | 47.5 | 31 | |
6 | 4 | GM | Vachier-Lagrave, Maxime | 2763 | 6 | 43 | 47 | 30 | |
7 | 26 | GM | Predke, Alexandr | 2666 | 6 | 42 | 46 | 28.25 | |
8 | 32 | GM | Shirov, Alexei | 2659 | 6 | 41 | 44.5 | 28.25 | |
9 | 39 | GM | Oparin, Grigoriy | 2654 | 6 | 40.5 | 43.5 | 28 | |
10 | 33 | GM | Anton Guijarro, David | 2658 | 6 | 40 | 42.5 | 26.5 | |
11 | 27 | GM | Sargissian, Gabriel | 2664 | 6 | 39.5 | 43 | 28 | |
12 | 40 | GM | Sevian, Sam | 2654 | 6 | 39 | 42.5 | 27.5 | |
13 | 5 | GM | Vitiugov, Nikita | 2727 | 6 | 38 | 41.5 | 28 | |
14 | 89 | GM | Petrosyan, Manuel | 2605 | 5.5 | 44.5 | 48 | 28.75 | |
15 | 65 | GM | Keymer, Vincent | 2630 | 5.5 | 43 | 47 | 27.75 | |
16 | 41 | GM | Nihal, Sarin | 2652 | 5.5 | 42.5 | 46 | 27 | |
17 | 63 | GM | Shevchenko, Kirill | 2632 | 5.5 | 40.5 | 43 | 23.5 | |
18 | 20 | GM | Korobov, Anton | 2690 | 5.5 | 39.5 | 43.5 | 25.5 | |
19 | 6 | GM | Esipenko, Andrey | 2720 | 5.5 | 39.5 | 43 | 25.25 | |
20 | 8 | GM | Dubov, Daniil | 2714 | 5.5 | 39.5 | 43 | 25 |
(Die gesamte Tabelle findet Ihr hier.)
Die Geschichte des Damenturniers ist fast schon zu Ende erzählt. Lei pflügt weiter unaufhaltsam durch das Feld und hat jetzt sieben ihrer neun Partien gewonnen. Die chinesische Großmeisterin hat jetzt zwei Punkte Vorsprung auf ihre Verfolgerinnen.
In der neunten Runde besiegte sie die ehemalige Weltmeisterin Alexandra Kosteniuk, die gegen das Caro-Kann der Chinesin kein gutes Rezept fand und bereits etwas schlechter stand, als die Damen getauscht wurden. Das Endspiel, bei dem Schwarz einen sehr starken Springer und die offene g-Linie hatte, war für Weiß dann extrem unangenehm:
Elisabeth Pähtz musste gegen Mariya Muzychuk ihre erste Niederlage in diesem Turnier einstecken. Das war besonders ärgerlich, weil sich Elisabeth mit einem Remis fast schon sicher den Großmeistertitel sichern hätte können. Zwei Normen und die erforderliche Elo von 2500 hat sie ja bereits vorzuweisen. Laut dem Hauptschiedsrichter wird Elli aber trotzdem Großmeisterin werden, wenn sie ihre nächste Partie gewinnt.
Eine hochinteressante Partie spielten Nino Batsiashvili und Deysi Cori, die mit drei Niederlagen in das Turnier gestartet war und dann 5 Partien in Serie gewinnen konnte. In der neunten Runde spielte die Peruanerin jetzt zum ersten Mal Remis, wobei sie unter anderem mit einer Unterumwandlung in einen Springer eine verlorene Stellung überlebte:
Die Tabelle nach der 9. Runde (Top 20)
Platz | Gesetzt | Land | Name | Elo | Punkte | TB1 | TB2 | TB3 | |
1 | 7 | GM | Lei Tingjie | 2505 | 8 | 41.5 | 45.5 | 39.75 | |
2 | 12 | IM | Pähtz, Elisabeth | 2475 | 6 | 48 | 53 | 34.5 | |
3 | 15 | WGM | Zhu Jiner | 2455 | 6 | 44 | 47.5 | 30.25 | |
4 | 1 | GM | Muzychuk, Mariya | 2536 | 6 | 43.5 | 47.5 | 31.75 | |
5 | 4 | GM | Harika, Dronavalli | 2511 | 6 | 41.5 | 44.5 | 28.75 | |
6 | 18 | IM | Javakhishvili, Lela | 2446 | 6 | 41 | 44 | 27.5 | |
7 | 2 | GM | Dzagnidze, Nana | 2524 | 5.5 | 47 | 51 | 29.5 | |
8 | 10 | GM | Batsiashvili, Nino | 2484 | 5.5 | 47 | 51 | 28.75 | |
9 | 3 | GM | Kosteniuk, Alexandra | 2518 | 5.5 | 46 | 50 | 28.5 | |
10 | 34 | IM | Assaubayeva, Bibisara | 2400 | 5.5 | 43 | 47 | 28 | |
11 | 13 | WGM | Pogonina, Natalija | 2467 | 5.5 | 43 | 47 | 26.5 | |
12 | 21 | IM | Munguntuul, Batkhuyag | 2433 | 5.5 | 37.5 | 41 | 23.75 | |
13 | 37 | WGM | Cori, Deysi | 2382 | 5.5 | 36 | 36 | 19.75 | |
14 | 8 | IM | Kashlinskaya, Alina | 2493 | 5 | 42.5 | 46 | 22 | |
15 | 22 | WGM | Zawadzka, Jolanta | 2428 | 5 | 41 | 44 | 21.25 | |
16 | 20 | IM | Badelka, Olga | 2438 | 5 | 40.5 | 42.5 | 21 | |
17 | 5 | IM | Shuvalova, Polina | 2509 | 5 | 39.5 | 42.5 | 20.75 | |
18 | 11 | GM | Stefanova, Antoaneta | 2475 | 5 | 37.5 | 41 | 20.25 | |
19 | 23 | IM | Osmak, Iulija | 2423 | 5 | 36.5 | 39.5 | 19.75 | |
20 | 9 | IM | Saduakassova, Dinara | 2491 | 5 | 36 | 39.5 | 20.75 |
(Die gesamte Tabelle findet Ihr hier.)
In der zehnten Runde spielen an den Spitzenbrettern: Lei gegen Muzychuk, Harika Dronavalli gegen Elisabeth Pähtz und Javakhishvili gegen Zhu. Genau wie Pähtz kann sich auch Zhu mit einem Sieg eine GM-Norm sichern.
Alle Turnierpartien findet Ihr hier: FIDE Chess.com Grand Swiss | FIDE Chess.com Damen Grand Swiss.
Viele der Teilnehmer dieses Turniers werden auch am Lindores Abbey Blitzturnier teilnehmen. Das Turnier findet am 8. November, einen Tag nach Ende des Grand Swiss und an Mikhail Tals 85. Geburtstag statt. Die Partien und die Live-Übertragung findet Ihr hier. Das dürft Ihr auf keinen Fall verpassen.
Das FIDE Chess.com Grand Swiss Turnier und das Damen Grand Swiss Turnier finden vom 27. Oktober bis 7. November 2021 in Riga, Lettland, statt. Das Format ist ein 11-Runden-Turnier nach Schweizer System. Die Bedenkzeit im offenen Turnier beträgt 100 Minuten für die ersten 40 Züge, dann 50 Minuten für die nächsten 20 Züge und schließlich 15 Minuten für den Rest der Partie, mit einem 30-Sekunden-Inkrement ab dem ersten Zug. Bei den Damen sind es 90 Minuten für die ersten 40 Züge, gefolgt von 30 Minuten für den Rest der Partie und ebenfalls ein 30-Sekunden-Inkrement ab dem ersten Zug. Die beiden Erstplatzierten im Open und die Siegerin bei den Damen qualifizieren sich für die jeweiligen Kandidatenturniere 2022.
Weitere Berichte aus Riga:
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- Runde 1: Caruana und Firjouza unter den Siegern
- Runde 2: Firouzja, Predke und Saric mit 2 aus 2
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- Runde 4: Firouzja weiter in Führung
- Runde 5: Najer und Shirov holen Firouzja ein
- Runde 6: MVL und Sasikiran schließen zu den Führenden auf
- Runde 7: Firouzja führt wieder alleine
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