Ein Schachspieler aus Venezuela wird mit 88 Jahren FIDE-Meister
Ein 88-jähriger Schachspieler aus Venezuela erhielt kürzlich eine sehr schöne Überraschung: Den FM-Titel. Ihm wurde mitgeteilt, dass die FIDE den Titel aufgrund von Ergebnissen, die er in den 1960er Jahren erzielt hatte, anerkennt.
Es ist ein Rekord, der nicht leicht zu schlagen sein wird: Mit 88 Jahren einen offiziellen FIDE-Titel zu erhalten. Genau das hat der dreimalige venezolanische Meister Salvador Diaz Carias aus Caracas, der jetzt in San Cristobal lebt, geschafft. Er erhielt den FM-Titel am vergangenen Mittwoch, kurz vor seinem 88. Geburtstag.
Ein Video von Diaz' Sohn, in dem er seinen Vater mit der Nachricht überrascht..
Diaz wurde am 23. Juni 1933 geboren und begann erst 1953 im Alter von 20 Jahren mit dem Schachspielen. Es war seinem guten Freund Luis Alberto Matos zu verdanken, der zu diesem Zeitpunkt bereits ein starker Turnierspieler war und sich vor allem mit Eröffnungen bestens auskannte , dass er sein erstes Turnier an der Universität von Los Andes in der Stadt Merida bestreiten konnte.
Diaz konnte dann auch gleich in diesem Turnier für eine große Überraschung sorgen, denn er besiegte den amtierenden venezolanischen Meister Andres Sadde mit einer Eröffnungsvariante, die ihm Matos beigebracht hatte!
Dieses unerwartete Ereignis hatte zwei Konsequenzen: "Eine gute und eine schlechte", schrieb Diaz auf Chess.com. "Die schlechte war, dass ich mein Studium der Ingenieurwissenschaften abgebrochen habe, weil ich seit diesem Tag völlig vom Schach besessen bin."
Seit diesem Tag bin ich vom Schach besessen.
—Salvador Diaz Carias
Von 1953 bis 1960 widmete er sich dem Studium von Eröffnungen und Endspielen sowie dem Studium der Großmeisterpartien. In diesen sieben Jahren wurde er zu einem der besten Spieler des Landes und 1960 konnte er in der Stadt Maracaibo die venezolanische Meisterschaft gewinnen. Ein Jahr später verteidigte er seinen Titel in einem Duell mit Celso Sanchez Pouso, einem IM im Fernschach, der fast alle Turniere gewonnen hatte, die in Caracas ausgetragen worden waren. Viel später, 1978, gewann Diaz in San Cristobal dann seinen dritten und letzten nationalen Titel.
Nach seinem zweiten Titel 1961 musste Diaz das Turnierschach aufgeben, da er zunächst als Mathematiklehrer und ab 1965 dann als Computerprogrammierer bei IBM anfing zu arbeiten. Das Schach hat er aber nie ganz aufgegeben; 1964 spielte er beispielsweise für Venezuela in der First Caribbean Series in San Juan, Puerto Rico. Bei diesem Event für Vierer-Mannschaften gewann er alle seine Partien und verhalf damit der venezolanischen Mannschaft zur Meisterschaft.
Schacholympiade in Havanna 1966
Diaz nahm auch an der berühmten Schacholympiade in Havanna 1966 teil, wo er 11,5 von 20 möglichen Punkten erspielte. Es war die beste Leistung der fünf venezolanischen Spieler und er teilte die folgende Anekdote:
Während der Olympiade wohnten wir im Habana Libre Hotel, das damals noch Habana Hilton hieß. Ich und zwei Mitglieder des Puerto Ricanischen Teams, die ich bei der Caribbean Series kennengelernt hatte, gingen in die oberste Etage des Hotels, um ein paar Drinks zu trinken. Als wir eintraten, sahen wir GM Bobby Fischer, der ganz alleine vor einem Drink saß. Da ich ihn seit 1962, als er sich zusammen mit Miguel Najdorf bei der Rückreise vom berühmten Turnier in Mar del Plata in Caracas aufgehalten hatte, persönlich kannte, begrüßten wir uns.
Bobby und ich haben dann eine zwanglose Partie gespielt. Schwarz kam in der sizilianischen Verteidigung in einer Variante, die ich aus einem russischen Schachmagazin kannte, in eine schlechte Stellung. Er konnte die Stellung aber Ausgleichen und hat am Ende natürlich gewonnen.
Ich möchte sagen, dass Bobby damals ein ganz normaler Mensch war. Höflich, immer gut gelaunt und einfach ganz anders als der Bobby Fischer, der nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft ein sehr seltsames Verhalten zeigte.
Diaz spielte auch 1968 bei der Olympiade in Lugano und erzielte dort seine beste internationale Leistung erzielte: 10,5 von 15 möglichen Punkten und dank dieser Leistung stieg seine Elo auf 2300 und auch bei der Olympiade 1978 in Buenos Aires, Argentinien, war er am Start.
Heute spielt Diaz immer noch Schach. Erst 2020 gewann er ein lokales Turnier im Rahmen einer Messe in San Cristobal.
FIDE Titel
Vor etwa einem Jahr begannen Diaz' guter Freund Nicola Nigro, ein großer Förderer des venezolanischen Schachs, und Luisana Mujica, eine ehemalige venezolanische Meisterin der Damen, die Daten venezolanischer Schachspieler zu prüfen. Sie stießen dabei auf eine Ausgabe des Schachinformanten aus dem Jahr 1971, die Diaz mit einer Elo von 2300 aufführt. Da sie wussten, dass diese Bestätigung für den Titel eines FIDE-Meisters ausreichen würde, begannen sie sofort die Bestätigung seines Titels zu arrangieren.
Ein Jahr später bestätigte die FIDE, dass sie den Titel unter der Bedingung verleihen wird, dass die üblichen Verwaltungskosten von 70 Euro bezahlt werden. Da sich die Familie von Diaz diese Summe aufgrund der unglaublichen Inflation, die das Land in den letzten Jahren erlebt hat, nicht leisten konnte, übernahm Nigro die Zahlung selbst.
Diaz selbst hatte von all dem keine Ahnung. Er schrieb: "Sie, meine Herren von Chess.com, können sich sicher vorstellen, wie groß meine Freude war, als ich letzte Woche erfuhr, dass mir mit 88 Jahren dieser internationale Titel verliehen wurde. Diese Freude möchte ich vor allem mit Nico, mit Euch und natürlich mit all den Fans, die dieses schöne Spiel lieben, teilen."
Zusammen mit einem wunderbaren Brief voller Informationen über sein Schachleben schrieb Diaz an Chess.com: "Ich möchte meinen Dank ausdrücken und Sie wissen lassen, wie überwältigt ich bin, dass eine so angesehene Seite wie Ihre, Interesse an meiner Person zeigt und mich dazu aufgemuntert hat, von meinen Erfahrungen im Schach zu erzählen."
Die große Begeisterung, diese Geschichte zu erzählen, beruht auf Gegenseitigkeit.