Das Damengambit: Eine Netflix Serie, bei der Schach richtig dargestellt wird
Das Damengambit ist eine Serie mit sieben Folgen, die am 23. Oktober auf Netflix debütierte. Sie spielt zur Zeit des kalten Krieges und dreht sich um das Leben der hochtalentierten Schachspielerin Beth Harmon und den Preis, den sie für ihren Erfolg zahlen muss.
Ursprünglich sollte The Queen's Gambit ein Film werden. Allan Scott erwarb vor 30 Jahren die Rechte an dem Roman von Walter Tevis und ließ verschiedene Regisseure daran arbeiten. Der letzte davon war Heath Ledger der jedoch mitten in den Vorbereitungen der Dreharbeiten für den Film starb.
Kurz nachdem er mit der Arbeit an Godless (einem erfolgreichen amerikanischen Western-Drama, das 2016-2017 entstanden war) fertig war, kam Scott Frank die Idee, "Das Damengambit" in eine Miniserie zu verwandeln. "Netflix hat sich in die Idee verliebt und das OK gegeben", sagte Frank.
Die beiden Schöpfer teilten den Wunsch, die Serie kraftvoll emotional zu gestalten. Allan Scott: "Es geht um ein Kind, das aufwächst und diese brillanten Talente hat. Es ist sehr schwierig, ein normales Leben zu führen, wenn man in fast jedem Bereich über eine besondere Fähigkeit verfügt. In dieser Geschichte geht es also viel mehr um ihre Dämonen als um ihre Besessenheit vom Schach und so kann man die Serie genießen, ohne dass man etwa über Schach wissen muss."
Die Serie wird ganz besonders für ihre Kinematografie und ihr Produktionsdesign gelobt. Ein wichtiger Grund dafür ist die erneute Zusammenarbeit zwischen Scott Frank und dem Kameramann Steven Meizler (Armageddon), die auch schon bei Godless zusammengearbeitet haben. Auch auch der deutsche Produktionsdesigner Uli Hanisch (Cloud Atlas) spielte in der Serie eine wichtige Rolle.
Viele Schachfans fragen sich aber: Was ist mit dem Schach? Waren die Figuren richtig aufgestellt? Waren die Stellungen real? Oder verhunzen sie die Stellungen, wie in so vielen anderen Filmen und Werbespots auch? Die Antwort lautet: absolut nicht - das Schach ist richtig dargestellt.
Die Macher wollten vermeiden, dass die Zuschauer mit Schachkenntnissen aufgrund einiger Ungenauigkeiten aus der Serie aussteigen würden. Außerdem wollten sie, dass die Partien aufregend sind. Dafür fungierten sowohl Garry Kasparov als auch der berühmte Schachtrainer Bruce Pandolfini als Berater. Letzterer, der auch an dem Film Auf der Suche nach Bobby Fischer mitgearbeitet hat, zeigt auch den Schauspielern wie Schachspieler ihre Figuren ziehen und auf natürliche Weise auf die Schachuhr drücken.
Anya Taylor-Joy, die die Hauptfigur spielt, sagte: "Obwohl es so ein mentales Spiel ist, denke ich, dass wir in der Serie die Schachszenen mit einem anderen Verständnis choreografiert haben. Einige von ihnen sind ein bisschen sexier, einige von ihnen sind sehr intensiv. Zum Beispiel, wenn sie tief verärgert ist und dann mit ihrer Sucht zu kämpfen hat. Das hat ein ganz anderes Element hinzugeführt. Solche Szenen werden wie Action-Sequenzen gespielt und das sind eigentlich auch meine Lieblingsszenen in der Serie."
Beth (die als Kind von Isla Johnston und als Erwachsene von Anya Taylor-Joy gespielt wird) landet im Alter von neun Jahren in einem Waisenhaus und entwickelt ein besonderes Talent für Schach – und eine Vorliebe für die im Heim ausgeteilten Beruhigungsmittel.
Von ihren persönlichen Dämonen heimgesucht und von einem Cocktail aus Betäubungsmitteln und Besessenheit angetrieben, verwandelt sie sich in eine beeindruckend geschickte und glamouröse Einzelgängerin die entschlossen ist, die traditionellen Grenzen zu überwinden und in der von Männern dominierten Welt des Wettbewerbsschachs zu bestehen.
Entwickelt wurde die Serie von Scott Frank (Minority Report, Logan, Godless) und Allan Scott (Don’t Look Now, The Preacher’s Wife). Scott Frank übernahm auch die Regie für die Serie. Die Dreharbeiten zur Miniserie begannen im August 2019 in der kanadischen Stadt Cambridge. Teile der Serie wurden auch in Berlin gedreht.
Chess.com sprach mit dem Autor, Regisseur und ausführenden Produzenten Frank Scott - der sogar auch ein Mitglied von Chess.com ist! (Er spielt jeden Tag mit einem befreundeten Kameramann.)
Beginnen wir mit einer offensichtlichen Frage: Inwieweit sind Sie dem Roman von Walter Tevis gefolgt und können Sie einige der verschiedenen Abweichungen erklären, für die sie sich sicher entschieden haben?
Ich bin dem Roman ziemlich genau gefolgt und habe nur hier und da einige Änderungen an den Charakteren vorgenommen, weil ich sie vertiefen wollte. Er hat das Buch 1983 geschrieben und seitdem ist viel passiert. Ich wollte auch einige andere Themen einbringen und etwas tiefer gehen, um den Charakter eines Genies zu erforschen."
Allan Scotts ursprünglicher Plan war ein Film. Sie sagten, es wäre ein Sportfilm geworden, in dem es darum geht, wer das Match gewinnt. Was hat Ihnen daran nicht gefallen?
Es war nicht so, dass mir das nicht gefallen hätte. Ich dachte mir nur, wir könnten eine Art tiefere Geschichte in diese Struktur eines Sportfilms einbauen und wir könnten etwas anderes daraus machen. Eine Art Charaktergeschichte, in der es nicht nur darum geht, wer gewinnt oder verliert.
Schachspielern liegt noch ein anderes Thema am Herzen. Wir alle kennen die Geschichten von Paul Morphy und Bobby Fischer... Kann eine Schachgeschichte im Kino ohne einen Spieler mit einem verwirrten Geist auskommen?
Diese Art von Geschichte wird in der Serie viel erwähnt. Menschen, die irgendwie den Verstand verloren haben. Aber ich wollte nicht auf dem Klischee herumtreten. Garry Kasparov und ich hatten viele Gespräche darüber und ich wollte das nicht zu sehr thematisieren. Es geht hauptsächlich um Genie im Allgemeinen und darum, welchen Preis man dafür zu zahlen hat. Die Sache mit Beth Harmon ist, dass sie sowohl die Protagonistin als auch ihre eigene Antagonistin in der Geschichte ist.
Inwieweit haben Sie sich von früheren Schachfilmen wie The Luzhin Defense, Pawn Sacrifice oder Queen of Katwe inspirieren lassen?
Ich liebe den Film Queen of Katwe und mag auch das Buch The Luzhin Defense. However. Ich habe jedoch versucht herauszufinden, wie man Schach filmt, und bei Pawn Sacrifice habe ich gemerkt, dass man dafür nicht eine ganze Partie zeigen muss. Man kann auch nur einzelne Stellungen zeigen und das kommt genau so gut rüber.
Schachfans werden sofort darauf achten, ob die Figuren richtig aufgestellt sind. Aber mit Kasparov und Pandolfini haben Sie den schachtechnischen Details viel Aufmerksamkeit geschenkt. Warum war Ihnen das wichtig?
Ich fand das super wichtig, weil ich wollte, dass es real ist. Ich wusste, dass das Buch eine große Anhängerschaft unter Schachspielern hatte und ich wollte nicht, dass ein Schachspieler entdeckt, dass unten links ein weißes Feld ist. Man kann alle Züge auf dem Brett verfolgen und selbst wenn wir das Brett nicht zeigen, spielen die Schauspieler echte Partien. Wenn Sie sehen, dass sie einen Zug machen, dann haben sie eine echte Stellung vor sich und spielen auch den Zug. Und die Schachspieler wussten auch, was dieser Zug bewirkt. Das war mir sehr wichtig.
Wir hatten Bruce und wir hatten Garry und auch am Set in Deutschland hatten wir zwei Spieler, die darauf achteten, dass die Stellungen immer korrekt sind und den Schachspielern dabei halfen, zu verstehen, was auf dem Brett los ist. Nur manchmal stimmt die Stellung nicht genau mit den Gesichtszügen überein, weil wir die ein oder andere Szene nachbearbeiten mussten, das sind wirklich nur kleinste Details. Hauptsächlich ging es mir darum, dass jede Schachpartie korrekt ist.
Kommen in der Serie auch berühmte Partien vor?
Ja. Ich kann zwar nicht aus dem Stegreif sagen welche, aber ich weiß, dass Bruce auch eine von Garrys Partien verwendet hat. Und die letzte Partie am Ende der Serie hat Garry selbst entworfen. Bruce trainierte auch die Schauspieler. Er brachte ihnen bei wie man spielt, wie man die Uhren benutzt und so weiter.
Die New York Times hat eine Kritik über die Serie geschrieben und sich dabei fast ausschließlich auf das Schach in der Serie konzentriert. Beth haben sie dabei als "weiblichen Rocky mit Hirn" beschrieben. Was denkst Du darüber?"
[Lacht] Das ist interessant. Ich kann nicht kontrollieren, wie die Leute über die Serie denken, aber mich freut es, wenn die Serie jemandem gefällt. Das ist für mich der wichtigste Teil. Ich weiß nicht, ob ich Beth schon einmal als "weiblichen Rocky mit Hirn" gesehen habe, aber irgendwie mag ich diese Beschreibung!
Anfangs hatten Sie sechs Folgen geplant, aber dann haben Sie festgestellt, dass Sie sieben benötigen. Auf die Frage nach dem Grund antworteten Sie: "Schach braucht Zeit." Können Sie das näher erläutern?
Wir zeigen in der Serie viele Schachpartien und ich wollte jeder Partie die gebührende Zeit widmen. Jede Partie hat eine Art eigene Persönlichkeit und Bedeutung und ist ein Teil der Entwicklung der Geschichte. Ich wollte nur sicherstellen, dass sie nicht alle angehäuft sind. Wenn es in einer Episode zu viele Schachpartien gibt, fühlte es sich nicht richtig an. Es fühlte sich an, als gäbe es einfach zu viel Schach. Als ich dann darüber nachdachte, eine Partie oder ein Turnier zu streichen, konnte ich mich nicht entscheiden welche ich streichen sollte und die Lösung bestand dann darin, dass wir die Serie neu ausbalanciert haben und auf sieben kürzere Episoden aufteilten. Sobald wir das gemacht hatten, schien alles viel besser zu harmonieren.
Welche Art von Input hat Garry gegeben und was können wir davon in der Serie sehen?
Das ist eigentlich eine gute Frage. Er half uns nicht nur bei den technischen Details, sondern auch zu verstehen, was in den Köpfen der Schachspieler, insbesondere in denen der russischen Schachspieler, vor sich geht. Er gab mir alle möglichen Charakterideen und schlug sogar einige Dialoge vor. In dieser Hinsicht war er eine gigantische Hilfe.
Das Damengambit ist seit 23. Oktober 2020 auf Netflix zu sehen.