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Aronian gewinnt das Gibraltar Chess Masters 2018

Aronian gewinnt das Gibraltar Chess Masters 2018

MikeKlein
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

GM Levon Aronian hat das zweite Open in Folge gewonnen und es liegen "nur" 13 Jahre zwischen diesen beiden Siegen!

Nachdem er beim Tradewise Gibraltar Chess Festival in der 10. und letzten Runde gegen Hikaru Nakamura remisiert hatte und danach sowohl Richard Rapport als auch Maxime Vachier-Lagrave im Playoff besiegen konnte, war ihm der Siegescheck in Höhe von £25,000 sicher. Das letzte Mal, dass er in einem Turnier, bei dem auch Amateure mitspielen durften antrat, war 2005 ebenfalls hier in Gibraltar und Aronian belegte auch damals einen geteilten ersten Platz.

"Ich bekomme immer mehr Respekt vor Hikaru," witzelte Aronian bei seiner Siegesrede und er meinte damit die spezielle Atmosphäre bei offenen Turnieren. Er startete ja mit einem Remis in der ersten Runde in das Turnier und rollte dann das Favoritenfeld von Hinten auf.

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GM Levon Aronian und GM Hikaru Nakamura remisierten in der letzten Runde. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Nakamura's Traum von 4. Sieg in Gibraltar ist damit geplatzt. Da die Siegerehrung bis nach Mitternacht dauerte, wurde das Turnier technisch gesehen erst am Murmeltier-Tag beendet. Vachier-Lagrave stellte aber sicher, dass dieser Tag für Nakamura nicht wie im Film "Und täglich grüßt das Murmeltier" ablief.

 

GM Pia Cramling, gewann im zarten Alter von 54 den Damenpreis in Höhe von £15,000.

Das Turnier hätte auch 5 Stunden früher enden können, denn nach der 9. Runde lagen 5 Spieler mit 7 Punkten gleichauf und Aronian hatte die besten Chancen mit einem Sieg den Turniersieg unter Dach und Fach zu bringen.

Die neuen Regeln haben dann zur Spannung beigetragen. Vor der Runde gab es noch die mathematische Möglichkeit, dass zehn Spieler punktgleich auf dem ersten Platz liegen könnten. Da aber nur die besten 4 von ihnen ins Playoff gekommen wären konnte sich niemand sicher fühlen. Am Ende waren es dann sieben Spieler die das Turnier mit  7,5 von 10 möglichen Punkten beendeten und die 3 mit der niedrigsten Leistungsbewertung (TPR) wurden eliminiert.

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Nakamura und Vachier-Lagrave stellen sich nach der 10. Runde den Fragen der Journalisten. Vielleicht deutet Vachier-Lagrave gerade an, dass er sich in den Playoffs für seine Niederlage im letzten Jahr revanchieren will. | Foto: John Saunders/Gibraltar Chess.

Nakamura sagte, dass er am Morgen noch dachte, dass er einen Sieg brauchen würde, um seinen vierten Titel in Gibraltar einzufahren. Sein TPR war zwar dank seinen 5 Auftaktsiegen in Folge fantastisch, aber er hatte Angst, von einem der anderen Spieler mit 7 Punkten überholt zu werden.

Also zauberte der König von Gibraltar die Pirc-Eröffnung, die bei diesem Turnier erstaunlich oft gespielt wurde (unter anderem auch von Aronian in der ersten Runde), aus dem Hut.

Aronian schuf zuerst am Königsflügel des Amerikaners einige gefährliche Schwächen, aber nach einem Rechenfehler musste er sich dann in eine Stellungswiederholung retten. Das führte zu einer zweistündigen Pause, gefolgt von einem Vier-Spieler-Playoff mit fast drei Stunden Spielzeit.

Der Armenier gab der Schachwelt also eine unfreiwillige Zugabe.

"Es war eine ziemlich schlechte Partie von mir", sagte Nakamura. "Lev spielte ziemlich prinzipientreu, aber dann hat er zu viel Gas gegeben."

"Eigentlich hat der Tag mit einer Enttäuschung begonnen, denn ich hatte gegen Hikaru eine vielversprechende Stellung" sagte Aronian. Dann ging er mit seinem Berater GM Boris Gelfand essen und der Israeli baute Aronian wieder auf. 

Auch die anderen führenden konnten ihre Partien nicht gewinnen. Vachier-Lagrave spielte gegen Rapport an Brett 2 ebenfalls Remis und GM Daniil Dubov verlor sogar gegen GM Le Quang Liem.

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Der Spanier Lance Henderson de La Fuente wurde bester Jugendspieler des Turniers. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Aronian musste bis zur letzten Partie um seine Teilnahme an den Playoffs zittern, denn er hatte den niedrigsten TPR der 4 führenden. Hätte sich Dubov noch gerettet oder hätte es bei der Partie GM Wang Hao gegen GM David Howell einen Sieger gegeben oder hätte GM Mikhail Antipov gewonnen, wäre das Turnier für Aronian beendet gewesen.

Cramling

Die bescheidene Pia Cramling (6.5/10) hatte die bessere Feinwertung als GM Kateryna Lagno (ebenfalls 6.5/10) und gewann dadurch den Damenpreis. | Foto: John Saunders/Gibraltar Chess.

Aronian sagte, er hätte sich schon im Flugzeug nach Hause sitzen sehen, aber alle Ergebnisse fielen zu seinen Gunsten aus. Dubov und Antipov verloren und Wang und Howell spielten Remis (Howell sagte, er verpasste die Chance auf ein Turm und Läufer gegen Turm Endspiel, indem er sein Glück immerhin noch 50 Züge lang versuchen hätte können!)

Und so haben 7 Spieler das Turnier mit 7.5 Punkten beendet: Nakamura, Rapport, Vachier-Lagrave und Aronian, sowie die ausgeschiedenen GM Nikita Vitiugov, GM Michael Adams und Le.

Aronian Rapport

 In der ersten Playoff-Runde spielte der älteste gegen den jüngsten. | Foto: John Saunders/Gibraltar Chess.

Die Auslosung für die Playoffs ergab folgende Halbfinals: Aronian gegen Rapport und Vachier-Lagrave gegen Nakamura. Die Zuschauer hatten die Qual der Wahl.

"Lev," was auf Russisch "Löwe" heißt, erschien mit einem T-Shirt, auf dem eine vieräugige Katze abgebildet war, unter seinem Sacko.

"In einem Playoff willst du dich wohlfühlen und das ist mein bequemstes T-Shirt", sagte er.

Aronian cats

Der "Löwe" hat 2 Augen für seine eigene Partie und 2 Augen für die Partie am Tisch dahinter. | Foto: John Saunders/Gibraltar Chess.

Aronian gewann gleich die erste 10+5 Partie. Wie so oft im Blitzen waren seine 2 Springer trickreicher als das Läuferpaar seines Gegners.

In der zweiten Partie änderte Rapport seine Taktik. Da er mit Schwarz gewinnen musste, spielte er unglaublich schnell und hatte sich zwischenzeitlich ein Plus von 6 Minuten Bedenkzeit erspielt.

Die Playoff-Begegnungen wurden ausgelost. | Foto: John Saunders/Gibraltar Chess.

Aronian hatte aber gerade genügend Zeit um sich durch die Komplikationen zu winden und am Ende ging dem Ungarn der Sprit aus und Aronian gewann das erste Halbfinale mit 2:0.

"Das war hart," sagte Aronian nach dem Halbfinale. "In der ersten Partie spielte ich viel zu unruhig. Er war in beiden Partien besser."

"Irgenwie spiele ich viel schlechter, wenn ich nur ein Remis brauche, als wenn ich gewinnen muss!"

Ein weiterer "Gewinn" für Aronian war die 20 minütige Pause, die er sich verdient hatte, da er keine 3+2 Partien absolvieren musste, denn am Tisch nebenan setzten Nakamura und Vachier-Lagrave das Remisfestival von 2016 fort.

Nakamura MVL

Während des Turniers breitete sich ein Virus im Teilnehmerfeld aus von dem auch GM Hikaru Nakamura nicht verschont blieb. Der Mangel an Schlaf hat ihn wirklich beeinträchtigt. | Foto: John Saunders/Gibraltar Chess.

Damals hatten die beiden 4 Partien remisiert, bevor Nakamura den Titel in einer Armageddon Partie gewinnen konnte. Diesmal remisierten sie allerdings "nur" die beiden 10 Minuten Partien und dann konnte Vachier-Lagrave ein wildes Endspiel für sich entscheiden.

Das war für Nakamura die erste Niederlage seit 4 Jahren in Gibraltar.

Nakamura zog sich nach dieser Partie für einige Momente zurück und sinierte über all die vergebenen Chancen bei so vielen Freibauern.

In der zweiten Partie spielen die beiden dann die wahrscheinlich wildeste Playoff Partie des Turniers. Jetzt hatte Nakamura eine Mehrfigur, die gegen eine Bauernarmee kämpfte. Die Computerbewertung sprang wie wild zwischen -3 und +5 hin und her.

Als alles danach aussah, als ob Nakamura am Ende mit Läufer und Springer Matt setzen würde, fand der Franzose einen Trick um das Brett "leer zu tauschen".

Damit waren Nakamura's Titelträume geplatzt. Als er Vachier-Lagraves Hand schüttelte, sagte er ihm noch, wie er die vorige Partie gewinnen hätte können.

Vachier-Lagrave hatte dafür aber schon kein Gehör mehr, denn jetzt stand das Finale gegen Aronian auf dem Programm und die beiden sollten den spannenden Kampf des letztjährigen Weltcups fortsetzen.

Die beiden remisierten sowohl die beiden 10+5 als auch die erste 3+2 Partie. Aber genau eine Partie vor einem erneuten Armageddon-Entscheid gewann Aronian die Partie und damit das Turnier.

Aronian Vachier-Lagrave

Aronian gewinnt die letzte Partie des Turniers und damit auch den Titel. | Foto: John Saunders/Gibraltar Chess.

"Vielleicht hab ich die Stellung hier irgendwie versaut, aber er hatte einfach zu viele Schwächen," sagte Aronian. "Meine einzige Schwäche war, dass ich nur noch 8 Sekunden Bedenkzeit hatte."

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Aronian sagte zu Chess.com, dass er in 3+2 Partien schnell nervös wird. In dieser Partie blieb er jedoch so ruhig wie man in so einer Situation nur bleiben kann. Er hat in der ganzen Partie nur einmal etwas fester auf die Uhr geschlagen und sie ansonsten immer ganz ruhig gedrückt.

Vacher-Lagrave

Vachier-Lagrave gibt auch nach Niederlagen Interviews. | Foto: John Saunders/Gibraltar Chess.

Aronian hat das Gibraltar Masters als letzte Vorbereitung für das Kandidatenturnier in Berlin genutzt, aber auch das milde Klima genossen. Er wurde des Öfteren am morgen beim Radfahren oder bei Stadtbesichtigungen gesehen.

"Es war eine tolle Zeit," sagte Aronian. "Ich habe die Heiligtümer, die Lemuren und die Affen gesehen. Es war eine sehr animalische Erfahrung."

Viele Teilnehmer nahmen an dem Turnier teil um sich Normen zu erspielen und der Hauptscheidsrichter Laurent Freyd konnte eine rekordverdächtig lange Liste präsentieren.

FM Andrey Esipenko, IM Nino Batsiashvili, Lance Handerson de La Fuente, IM Adam Kozak und Prithu Gupta erspielten sich GM Normen.

Esipenko hat seinen Antrag auf den Großmeistertitel bereits eingereicht und Batsiashvili wird das sicher in Kürze tun, denn diese Norm ist ihre dritte.

IM Norman haben erzielt: WGM Aleksandra Goryachkina, FM Johnathan Bakalchuk, FM Alan Tate, FM Raunak Sadhwani, FM Eric de Haan und FM Andrew Merario.

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Spieler mit ihren IM-Normen. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

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FM Gabriela Antova und WFM Daniela Movileanu haben WIM Normen erhalten. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

2018 Tradewise Gibraltar | Abschlußtabelle (Top 25)

Platz Gesetzt Land Titel Name ELO Punkte Leistung
1 3 GM Nakamura Hikaru 2781 7.5 2822
2 12 GM Rapport Richard 2700 7.5 2763
3 2 GM Vachier-Lagrave Maxime 2793 7.5 2759
4 1 GM Aronian Levon 2797 7.5 2746
5 7 GM Vitiugov Nikita 2732 7.5 2731
6 11 GM Adams Michael 2709 7.5 2731
7 6 GM Le Quang Liem 2737 7.5 2713
8 16 GM Howell David W L 2682 7 2760
9 31 GM Gupta Abhijeet 2610 7 2732
10 81 GM Debashis Das 2501 7 2728
11 9 GM Duda Jan-Krzysztof 2724 7 2713
12 33 GM Oparin Grigoriy 2607 7 2713
13 10 GM Wang Hao 2711 7 2710
14 32 GM Vocaturo Daniele 2609 7 2679
15 14 GM Gelfand Boris 2697 7 2673
16 25 GM Sethuraman S.P. 2646 7 2672
17 19 GM Sutovsky Emil 2673 7 2668
18 15 GM Dubov Daniil 2694 7 2658
19 116 Henderson Lance 2429 7 2642
20 93 GM Kobo Ori 2477 7 2638
21 13 GM Cheparinov Ivan 2699 7 2634
22 18 GM Motylev Alexander 2673 7 2633
23 45 GM Narayanan S. L. 2573 7 2633
24 66 GM Epishin Vladimir 2536 7 2595
25 35 GM Bindrich Falko 2605 7 2594

Die gesamte Tabelle findet ihr hier.

Das 16. Tradewise Gibraltar Chess Festival war ein 10 Runden Open, das vom 23. Jänner bis zum 1. Februar 2018 im Caleta Hotel in Gibraltar stattfand. Livekommentare von GM Simon Williams und IM Jovanka Houska sowie Spielerinterviews mit IM Tania Sachdev findet ihr auf Twitch.tv/Chess oder der offiziellen Seite.

nullElisabeth Paehtz, Anna Muzychuk, Lei Tingjie, Nino Batsiashvili, Valentina Gunina | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

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Sarah Hoolt, Anastasia Paramzina, Lilit Mkrtchian, Dinara Saduakassova, Mariya Muzychuk. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

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Irine Sukandar, Bela Khotenashvili, Antoaneta Stefanova, Aleksandra Goryachkina, Ticia Gara | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

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Michael Adams, Nikita Vitiugov, Le Quang Liem. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

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Wang Hao, Daniil Dubov, Boris Gelfand, Sethuraman S.P., Daniele Vocaturo, Stuart Conquest. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

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Diese wunderbare Familie ist jedes Jahr in Gibraltar am Start: Pia Cramling, Anna Cramling-Bellon und Juan Bellon Lopez | Foto: Maria Emelianova/Chess.com

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James Humphreys (Tradewise), Brian Callaghan (Turnierdirektor) und Levon Aronian. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.


Mehr über das Gibraltar Masters (alle Artikel auf englisch):

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Mike Klein began playing chess at the age of four in Charlotte, NC. In 1986, he lost to Josh Waitzkin at the National Championship featured in the movie "Searching for Bobby Fischer." A year later, Mike became the youngest member of the very first All-America Chess Team, and was on the team a total of eight times. In 1988, he won the K-3 National Championship, and eventually became North Carolina's youngest-ever master. In 1996, he won clear first for under-2250 players in the top section of the World Open. Mike has taught chess full-time for a dozen years in New York City and Charlotte, with his students and teams winning many national championships. He now works at Chess.com as a Senior Journalist and at ChessKid.com as the Chief Chess Officer. In 2012, 2015, and 2018, he was awarded Chess Journalist of the Year by the Chess Journalists of America. He has also previously won other awards from the CJA such as Best Tournament Report, and also several writing awards for mainstream newspapers. His chess writing and personal travels have now brought him to more than 85 countries.

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