Arkady Dvorkovich ist neuer FIDE Präsident
Arkady Dvorkovich wurde bei der Generalversammlung des Weltschachbundes in Batumi, Georgien, für die kommenden vier Jahre zum FIDE-Präsidenten gewählt. Er besiegte Georgios Makropoulos mit 103 zu 78 Stimmen. Nigel Short hatte seine Kandidatur in letzter Minute zurückgezogen.
Über 160 Delegierte hatten sich zur FIDE-Generalversammlung im Sheraton Batumi Hotel in Georgia versammelt, um die Präsidentschaftswahlen abzuhalten. Zunächst erhielten alle drei Kandidaten die Möglichkeit, ihre Programme vorzustellen.
Die 89. Generalversammlung der FIDE in Batumi. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Eine Auslosung hatte Dvorkovich als ersten Redner bestimmt. Die internationale Schiedsrichterin Carol Jarecki, der zur Vorsitzenden des Prüfungsausschusses ernannt worden war, stellte ihn versehentlich als "Großmeister" Dvorkowitsch vor. Er hat aber lediglich drei GMs in seinem Team.
Dvorkovich las von einem iPad vor und begann mit der Aussage, er wolle das Delegated Voting System abschaffen und plant den Aufbau einer "professionellen, effizienten und transparenten Institution".
Seine Botschaft beinhaltete das Bemühen um ein starkes Management, einer langfristigen Finanzierung durch Sponsoren, einer Senkung der Gebühren, einer Überprüfung der Ausgaben, der Schaffung von Kommissionen und die Investigation von Ungereimtheiten durch ein Team erfahrener Experten.
Zuletzt versprach Dvorkowitsch ein jährliches Budget von 3 Millionen Euro für Entwicklungsländer und ein Gesamtbudget von 5 Millionen Euro.
Dvorkovich präsentiert seine Ideen für die Zukunft. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Als er mit seiner Rede fertig war, konnte er seine Aufregung nicht verbergen und schüttelte zuerst die Hände seiner Team-Mitglieder und dann die der anderen beiden Kandidaten, bevor er sich setzte.
Nigel Short begann seine Rede mit der Erinnerung an die falschen Versprechen, die Ilyumzhinovs vor 4 Jahren gegeben hatte. Short sprach von dem "enormen Potenzial" des Schachs, das verschwendet wurde, und wies darauf hin, dass 92 Prozent der Einnahmen der FIDE von der Schachgemeinschaft stammen. "Sie werden von einer sehr armen Regierung gemolken. Es ist "Makroökonomie".
Er fuhr entschlossen fort und kritisierte die Verlängerung des Vertrages mit Agon, die Reisekosten und die Intransparenz der Bankensituation und nannte dies ein "Missmanagement auf der ganzen Linie". Er sprach auch von einer "offenen Kultur des Mobbings."
Nigel Short hält seine Ansprache. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Dann ließ Short eine kleine Bombe platzen. Er verkündete seinen Rückzug aus dem Rennen um die Präsidentschaft und gab seine Unterstützung für Dvorkovich bekannt.
Short erwähnte die "vielen gemeinsamen Ziele" und wies Dvorkovichs Beteiligung an der Organisation der Fußballweltmeisterschaft in Russland hin.
Er beendete seine Rede mit der Bemerkung "United, und nicht Liverpool", was ein Wortspiel gegen Malcolm Pein war. Pein ist ein Mitglied von Makropoulos Team und bekennender Liverpool Fan.
Der Rückzug von Short kam für Insider nicht völlig überraschend, denn er hat in den letzten Wochen einen bescheidenen Wahlkampf geführt und des Öfteren mit Dvorkowitsch zusammengearbeitet.
Dennoch sagte Short gegenüber Chess.com, dass er die Entscheidung erst einen Tag vor der Wahl getroffen hatte:
"Wir hatten gestern ein Treffen", sagte Short. "Nicht alle waren sofort derselben Meinung, aber wir haben einen Konsens erreicht. Viele Leute sind für Veränderungen und wir wissen, dass viele Delegierte in der ersten Runde für mich und erst im zweiten Wahlgang für Arkady stimmen wollten. Jetzt bestand die leichte Gefahr, dass ich zu viele Stimmen bekomme und Arkady dadurch psychologisch in Nachteil gerät. Es ist im Grunde ein Anti-Makro-Schachzug."
Meanwhile @nigelshortchess is being interviewed on his withdrawal. “We realized we wouldn’t win, and change is the main priority.” Plans on lunch and a few glasses of wine. pic.twitter.com/XhtbXR17P2
— ChesscomNews (@ChesscomNews) October 3, 2018
Währenddessen wird @nigelshortchess zu seinem Rückzug interviewt. "Uns wurde klar, dass wir nicht gewinnen würden, aber Veränderungen haben oberste Priorität." Plane Mittagessen und ein paar Gläser Wein.
Short erklärte, dass sie sich während des Wahlkampfes mehr als einmal getroffen und festgestellt haben, dass ihre Ideen sehr ähnlich sind. Außerdem hat er keine antirussischen Gefühle, die so stark sind wie andere (der englische Schachbund hat wegen des Fall Skripal teilweise für Makropoulos gestimmt).
Short: "Russland ist vielleicht nicht mein Lieblingsland auf der Welt, aber wir haben seit 23 Jahren einen russischen Präsidenten [Ilyumzhinov-PD]. Ich mache mir mehr Sorgen um die Vetternwirtschaft in der aktuellen Verwaltung und ich könnte auch ein anderes Wort verwenden, das mit "K" beginnt. Die aktuelle Verwaltung ist absolut hoffnungslos und bösartig."
Short kritisierte direkt die FIDE Führung. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Als letzter hilt Georgios Makropoulos seine Rede, aber dieser fehlte es an Pep. Er begann mit der Aussage, dass er nicht auf Short antworten würde, tat es aber trotzdem. Er nannte den Rückzug von Short "unehrlich" und fasste die Erfolge der Vergangenheit, wie die Organisation der Olympiaden in den 1980er Jahren, zusammen.
Was auch immer man über den 65-jährigen Griechen denkt, es ist klar, dass er sein Leben dem Schach gewidmet hat. "Von den drei Kandidaten bin ich der Einzige, der weiß, was die Föderationen brauchen", sagte er. Er plädierte für "Würde und Stabilität in der FIDE-Familie", aber mit weniger Energie als üblich.
Makropoulos hält seine Rede. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Rest day for me in #BatumiChess2018. Watched little bit of chess election speeches (https://t.co/uKjh5z3XJT ). Its only me or Makro speech is looking like farewell words?
— Pavel Eljanov (@Eljanov) October 3, 2018
Ruhetag für mich beim # BatumiChess2018. Sah mir ein bisschen die Wahlkampfreden an. Denke ich das nur, oder hört sich die Makro-Rede wie eine Abschiedsrede an?
Die Abstimmung selbst dauerte dann mehr als 1,5 Stunden und die Auszählung eine weitere Stunde.
Dann kehrte Jarecki zurück und gab das Ergebnis bekannt. Eine Stimme wurde für ungültig erklärt, da der Ausschuss die Stimme nicht zuordnen konnte. Dann das Ergebnis:
Makropoulos 78 Stimmen. (Der Jubel hat bereits begonnen.) Dvorkowitsch: 103 Stimmen. Mehr, lautes Jubeln, und Dvorkovich war schnell von Gratulanten und Fotografen umringt.
Makropoulos schüttelte auch ein paar Hände und wurde dann von seinem Sohn Iannis umarmt. Drei Jahrzehnte Arbeit für die FIDE sind zu Ende gegangen.
Dvorkovich got 103 votes, Makropoulos 78, 1 vote invalid. pic.twitter.com/uI0vGX77Hg
— ChesscomNews (@ChesscomNews) October 3, 2018
Dvorkovich erhielt 103 Stimmen, Makropoulos 78, 1 Stimme ungültig.
Damit ist Dvorkovich der Nachfolger seines Landsmannes Ilyumzhinov, der von 1995 bis 2018 FIDE-Präsident war. Zunächst wollte dieser noch für eine weitere Amtszeit kandidieren, doch Ende Juni, nachdem Russland Dworkowitsch nominiert hatte, zog er seine Kandidatur zurück.
Ilyumzhinov war der Präsident mit der zweitlängsten Amtszeit in der Geschichte der World Chess Federation. Alexander Rueb, der erste Präsident der Organisation, hielt die Position zwei Jahre länger, von 1924 bis 1949.
Bei den letzten Wahlen im Jahr 2014, besiegte Ilyumzhinov noch überzeugend Garry Kasparov. Aber ein Jahr später, als er auf die Sanktionsliste des US-Finanzministeriums gesetzt wurde, da er die syrische Regierung unterstützt hatte, begannen die Probleme.
Die Schweizer Bank UBS hat aufgrund der Sanktionen das Konto der FIDE gesperrt und im April gab Makropoulos seine Kandidatur für das Amt des FIDE-Präsidenten bekannt. Damit distanzierte er sich offiziell von dem Präsidenten, dem er seit Jahrzehnten gedient hatte.
Heute beginnt eine neue Ära für den Schachsport - die Post-Ilyumzhinov-Ära. Die Wiedereröffnung des Bankkontos ist dabei nur eines von vielen Problemen und Herausforderungen, denen sich die neue Verwaltung stellen muss.
Die Vorsitzenden der FIDE vor der Wahl. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Das Team von Dvorkovich saß in der ersten Reihe... | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
...neben dem Team von Short. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Carol Jarecki leitete den Prüfungsausschuss und gab das Abstimmungsergebnis bekannt. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Makropoulos und sein Sohn. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Dvorkovich, umringt von seinen Gratulanten. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Dvorkovich hält seine Siegesrede. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
...und erhält einen Telefonanruf von seiner Mutter. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.
Von links nach rechts: Enyonam Sewa Fumey aus Togo, Dvorkovichs Ehefrau Zumrud Rustamova, Dvorkovich, Zhu Chen, Bachar Kouatly und Mahir Mamedov. Julio Granda fehlt auf diesem Foto, da er bereits in einer Sitzung war. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.