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Akobian nach Sieg auf dem geteilten ersten Platz

Akobian nach Sieg auf dem geteilten ersten Platz

MikeKlein
| 0 | Berichterstattung von einem Schach-Event

Die Ergebnisse der  U.S. Meisterschaft 2017 gleichen mittlerweile mehr einer Lottoziehung als einer Sportveranstaltung. Immer wenn man denkt, dass jetzt ein Spieler einen Lauf hat und einen großen Schritt in Richtung Meisterschaft machen könnte, wird sofort wieder alles über den Haufen geworfen.

In der achten Runde wurde wieder die französische Verteidigung gründlich getestet. In zwei Schlüsselpartien kam sie zum Einsatz und wie im gesamten Turnierverlauf, gab es auch hier verschiedene Ergebnisse.

GM Yaroslav Zherebukh spielte gestern noch die Partie seines Lebens, aber heute ging garnichts mehr bei dem Spieler, der nach dem gestrigen Sieg gegen GM Fabiano Caruana noch gesagt hatte, er habe nur 1.e4 gespielt um ein Remis zu erreichen. So spielte er auch heute 1.e4, aber es ging komplett den Bach runter. GM Varuzhan Akobian, ein eingefleischter Fan der französischen Verteidigung, gewann mit den schwarzen Figuren, und führt nun, zusammen mit GM Wesley So, die Tabelle an.

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GM Yaroslav Zherebukh's, hier noch bei einem Spaziergang in der Frühlingssonne von St. Louis, sah einige Stunden später am Schachbrett viel Schatten und nur wenig Licht.

Trotz einer Niederlage ein einer der ersten Runden des Turniers hat sich Akobian das Lob eines Experten verdient. GM Ben Finegold sagte nach der heutigen Partie, dass  Akobian der einzige Spieler sei, der konstant seine Leistung bringt. Er fügte hinzu: "Ich habe noch nie gewusst, wer das Turnier gewinnen würde. Und jetzt weiß ich es noch viel weniger."

Wesley So konnte trotz der Niederlage von Zherebukh seine Führung nicht ausbauen, denn er selbst kam auch nur zu einem Remis gegen GM Hikaru Nakamura. Der viermalige Champion hat nach seinem Erstrundensieg nun 7 Partien in Serie Remis gespielt. Bei den letzten 3 Meisterschaften, die auch alle über 11 Runden gingen, holte er zweimal fünf und einmal sogar sechs Siege!

Caruana hingegen zeigte keine Gnade mit seinem Gegner. Einen Tag nachdem der von Zherebukh förmlich an die Wand gespielt wurde, bestrafte Caruana eine dubiose Variante der französischen Verteidigung von GM Daniel Naroditsky. Er hatte die französische Verteidigung erwartet und sich darauf vorbereitet, da sein heutiger Gegner gestern mit der spanischen Eröffnung verlor.

"Also dachte ich mir, er wird wohl heute etwas anderes spielen," sagte Caruana.

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GM Fabiano Caruana (links) hat die Eröffnungszüge von GM Daniel Naroditsky, der zum zweiten Mal in Folge Schwarz hatte, richtig vorausgeahnt.

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Obwohl Caruana noch mehr Hochs und Tiefs als die anderen Spieler durchläuft, liegt er in der Tabelle mit nur einem halben Punkt Rückstand auf einem geteilten dritten Platz.

Die Runde begann mit einer Schweigeminute für den am 5. April verstorbenen US Meister von 1954, GM Arthur Bisguier.

Danach ließ der unverbesserliche Französisch-Spieler Akobian Schach so einfach aussehen. Er zeigt eigentlich garnichts spezielles, außer dass er verstand, dass sein Läuferpaar den angeknacksten Königsflügel ausgleichen würde. Ausserdem trug er heute wohl unabsichtlich zum Verkauf einiger Schachbücher über die französische Verteidigung bei.

Er spielte genau die Linie, die schon So gegen Zherebukh gespielt hatte, aber er fügte noch den verzwickten Zug 8...Dc7 ein. Eine Idee, die er sich, laut eigener Aussage, von GM Vladimir Kramnik abgeschaut hatte.

Caruana widerlegte im Grunde einen bekannten Zug. Zweimal in Folge mit schwarz spielen zu müssen war sicher kein Vorteil für Naroditsky, und dass beide Gegner über 2800 hatten, sicher auch nicht. Aber 9....b6 war noch nie ein guter Zug. Stattdessen 9....Sc6 oder 9...e7 wären besser gewesen.

Da es Schwarz verpasste seine Figuren rechtzeitig zu entwickeln tat Caruana was man immer tun sollte, wenn man einen Entwicklungsvorsprung hat: Das Zentrum öffnen. Seine sofortige Antwort 10. c4 drückte Schwarz bis zum Ende der Partie in die defensive.

Caruana lies kein gutes Haar an Naroditskys Eröffnungsvariante: "Ich glaube nicht, dass es b6 überhaupt gibt."

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Dieser Sieg bringt den Titelverteidiger zurück ins Spiel. "Momentan wäre ich sehr zufrieden mit +3," sagte Caruana. Um dies zu erreichen muss er aber 2 seiner letzten 3 Partien gewinnen.

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GM Fabiano Caruana analysiert seine Gewinnpartie.

Für die Schachfans, die spektakuläre Siege sehen wollen, war So-Nakamura eine Enttäuschung, denn das direkte Duell der beiden Mitfavoriten endetet zum dritten Mal in Folge bei den US Meiserschaften Remis. 

Einen Tag, nachdem GM Alex Shabalov mehr als eine Stunde Zeitvorsprung hatte, fiel dieser mehr als eine Stunde zurück! Der Marshall Angriff sollte ihm eigentlich liegen, auch wenn er ihn normalerweise mit den schwarzen Figuren spielt. GM Gata Kamsky  zeigte aber nichts besonderes und so endete auch diese Partie schließlich mit einem Remis.

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GM Hikaru Nakamura verlässt den Tisch und lässt GM Wesley mit seinen Gedanken alleine.

GM Jeffery Xiong zeigte sich von seiner gestrigen Niederlage gut erholt. Er gewann gegen GM Sam Shankland.

"Viermal die schlechtere Stellung gegen mich zu haben und trotzdem 2.5 Punkte zu holen ist eigentlich ziemlich unverschämt," sagte Shankland. "Ich glaube nicht, dass das irgendjemand sonst schon gegen mich geschafft hat."

Schließlich haben wir noch ein interessantes Endspiel zwischen GM Alex Onischuk und GM Ray Robson. Dame mit 3 Bauern gegen Turm mit vier Bauern sieht man nicht alle Tage. Ok, die meisten der Bauern waren blockiert und Robsons Hoffnung bestand eigentlich nur darin, sich auf dem Königsflügel irgendwie einzuigeln.

"Ich glaube Ray [Robson] hat irgendwas verpasst; er hat vielleicht Sc4 und Ta3 nicht kommen sehen" sagte Onischuk zu der Phase der Partie, in der er die Dame gewann. "Ich glaube nicht, dass das ein absichtliches Opfer war. Ich denke, er hatte nicht genug Kompensation für die Dame. Also, ich meine, es ist klar dass er nicht genügend Kompensation hatte."

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GM Alex Onischuk blickt seinen Gegner, der früher sein Schüler war, an.

Hat Onischuk bei seinem unglaublich langsamen Zug 47. Kf1 mit Robson gespielt? Wenn es so war, dann war es wohl eine Genugtuung für seine Niederlage gegen Robson im Finale der College Meisterschaften

Aber niemand will Onischuk hier Boshaftigkeit unterstellen. Wahrscheindlich war es nur ein Zug um die weitere Fortsetzung nochmals in Ruhe überdenken zu können.

"Der Rest der Partie war relativ einfach," sagte Onischuk. "Auch wenn es eine lange Partie war, war sie nicht besonders schwierig."

Onischuk ist mit diesem Sieg in den Kreis der Titelanwärter aufgestiegen. Und er selbst hat damit am allerwenigsten gerechnet.

"Ich dachte, dass die Top3 nach 7 Runden bei etwa +8 stehen," scherzte er. Dann wurde er aber wieder Ernst und sagte über seine morgige Partie gegen Nakamura: "Wenn ich diese Partie überstehe - wer weiß was dann passiert."

 

Auf jeden Fall ist das Turnier aber vor dem entscheidenden Wochenende noch völlig offen und viel spannender als erwartet!

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Alle Grafiken von: Spectrum Studios.

Ihr könnt die Berichterstattung mit Livespielen und Interviews täglich ab 20 Uhr auf Chess.com/TV oder offiziellen Seite uschesschamps.com verfolgen.

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FM Mike Klein

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Mike Klein began playing chess at the age of four in Charlotte, NC. In 1986, he lost to Josh Waitzkin at the National Championship featured in the movie "Searching for Bobby Fischer." A year later, Mike became the youngest member of the very first All-America Chess Team, and was on the team a total of eight times. In 1988, he won the K-3 National Championship, and eventually became North Carolina's youngest-ever master. In 1996, he won clear first for under-2250 players in the top section of the World Open. Mike has taught chess full-time for a dozen years in New York City and Charlotte, with his students and teams winning many national championships. He now works at Chess.com as a Senior Journalist and at ChessKid.com as the Chief Chess Officer. In 2012, 2015, and 2018, he was awarded Chess Journalist of the Year by the Chess Journalists of America. He has also previously won other awards from the CJA such as Best Tournament Report, and also several writing awards for mainstream newspapers. His chess writing and personal travels have now brought him to more than 85 countries.

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