Nakamura, Caruana schlagen zurück; Lei schließt sich der Führung bei den Frauen an
Die GMs Hikaru Nakamura und Fabiano Caruana gewannen ihre Partien in Runde 10 des FIDE-Kandidatenturniers 2024 und rücken damit näher an die Turnierführung heran. Die beiden Erstplatzierten GM Ian Nepomniachtchi und GM Gukesh Dommaraju erreichten ein Remis und werden nun von drei Spielern mit einem halben Punkt Rückstand gejagt: Nakamura, Caruana und GM Praggnanandhaa Rameshbabu.
GM Lei Tingjie hat vier ihrer letzten fünf Partien gewonnen, dieses Mal gegen GM Aleksandra Goryachkina, und liegt nun punktgleich mit GM Tan Zhongyi auf dem ersten Platz. Die chinesischen Großmeisterinnen liegen einen Punkt vor ihren engsten Konkurrentinnen, Goryachkina und GM Kateryna Lagno.
Nach einem Ruhetag wird die 11. Runde am Mittwoch, den 17. April, um 20:30 Uhr MESZ beginnen.
Tabelle - Kandidatenturnier
Tabelle - Kandidatenturnier der Frauen
Kandidatenturnier: US-Amerikaner mischen wieder im Turnier mit
Das Hauptmatch war Nepomniachtchi gegen Gukesh, der als zweiter Tabellenführer in die Runde ging. Die Eröffnung in dieser Partie war die erste, die eine Reaktion der Kommentator:innen hervorrief, denn Gukesh spielte die ungewöhnliche Cozio-Verteidigung des Ruy Lopez (Spanische Partie), eine Abweichung von seiner üblichen Berliner Verteidigung.
Nepomniachtchi entschied sich für das, was die Kommentator:innen als "Zwei-Resultate-Spiel" bezeichneten, in dem er versuchte, Druck auszuüben, ohne unnötige Risiken einzugehen. Gukesh blieb in dem Endspiel mit den Schwerfiguren unangefochten und behauptete sich.
Gukesh sagte nach der Partie: "Nun, ich war Schwarz. Er hat eine solide Partie gespielt und es war ein faires Ergebnis."
Die beiden entscheidenden Partien wurden von den US-amerikanischen Spielern gewonnen, die beide in den vergangenen Runden Rückschläge erlitten hatten.
Nach einer schweren Niederlage am Vortag wiederholte Nakamura die Eröffnung von Nepomniachtchi aus der achten Runde gegen GM Nijat Abasov, und es funktionierte. Nach Abasovs 13...b5?, das einen zu langsamen Angriff einleitete, prophezeite GM Peter Leko bereits: "Ich glaube nicht, dass Abasov das überleben wird, ehrlich gesagt."
I don't really see Abasov surviving this, honestly.
—Peter Leko
Die Nerven lagen jedoch blank, als Nakamura später neun Züge in 11 Minuten machen musste, um den 40. Zug zu erreichen, und "begann, sehr nervös zu werden", weil er möglicherweise sogar verlor. Plötzlich war es Abasov, der Vorteil erzielte, aber 36...De7?, das er spielte, nachdem er etwa eine Minute lang über die verbleibenden 18 Züge nachgedacht hatte, war der Wendepunkt im Spiel, der es Nakamura ermöglichte, sich zu erholen.
37.Le5! war "ein klassisches Holzschild", wie er es ausdrückte, und Nakamura machte den Abtausch und gewann die Partie.
"Ein großer Sieg, ein sehr turbulentes Spiel, ähnlich wie gestern", sagte Nakamura. "Ich war in den entscheidenden Momenten der Partie nicht sehr zufrieden mit meiner Zeiteinteilung, aber wir haben den Sieg geholt."
A huge win, a very topsy-turvy game, much like yesterday.
—Hikaru Nakamura
Du kannst dir Nakamuras Recap-Video hier ansehen:
Sowohl Caruana als auch GM Alireza Firouzja mussten gewinnen, wenn sie noch eine Chance auf den Turniersieg haben wollten, und so bekamen wir ein scharfes Sizilianisches Najdorf. Caruana versuchte es mit dem seltenen, aber gefährlichen 6.Tg1!? und führte den neuen Zug 7.Lc4S ein.
Caruana hätte mit 14.Lxe6 fxe6 15.e5! schon in der Eröffnung einen großen Vorteil erlangen können, eine Taktik, die beide Spieler übersahen. Aber der Wendepunkt kam viel später, im Endspiel, wo Caruana begann, seinen überforderten Gegner zu überlisten. GM Rafael Leitao bespricht die Partie des Tages im Folgenden.
Nach diesem wichtigen Sieg nimmt Caruana seinen Weg zur Spitze wieder auf. Er sagte: "Jeder hat mal einen schlechten Moment. Ich hatte meinen schlimmsten Moment gegen Hikaru in diesem Turnier. Zum Glück kämpfe ich immer noch... Dieser Sieg war sehr wichtig für mich."
Luckily, I'm still fighting.
—Fabiano Caruana
Abseits der Schachbretter ist Firouzjas Ärger mit den Veranstaltern noch nicht vorbei. Sein Vater, Hamidreza, sprach mit FM Mike Klein darüber, dass er aus dem Gebäude eskortiert wurde, nachdem er gedroht hatte, die Polizei zu rufen, um in den Zuschauerbereich zu gelangen.
Traurigerweise teilte er auch mit, dass sein Sohn ihm gesagt hat, dass er nicht mehr Schach spielen will, nachdem er Nepomniachtchi in der neunten Runde aus einer überlegenen Stellung heraus nicht besiegen konnte. Firouzjas Fans werden hoffen, dass es sich dabei um einen emotionalen Ausbruch in einer stressigen Zeit handelte und nicht um eine offizielle Erklärung.
"Last night, Alireza told me, 'Dad I don't want to play chess.'"#FIDECandidates pic.twitter.com/fxlzehh8HQ
— chess24 (@chess24com) April 15, 2024
"Gestern Abend hat Alireza zu mir gesagt: 'Papa, ich will nicht mehr Schach spielen.'" - chess24
Praggnanandhaa besiegte seinen Landsmann GM Vidit Gujrathi in der dritten Runde, aber über ihre zweite Begegnung in Runde 10 gibt es nicht viel zu sagen. Es war eine Berliner Verteidigung, in der Praggnanandhaa seinen Springer gegen einen Läufer auf d6 tauschte, genau wie Gukesh am Vortag gegen ihn in einer ähnlichen Struktur spielte. Aber danach tauschten sie ab und wiederholten die Züge kurz vor der Zeitkontrolle.
Vier Runden vor Schluss gibt es noch sechs Spieler, die um den Sieg in diesem Turnier kämpfen. Nach einem Ruhetag werden wir sie alle gegeneinander spielen sehen - nur Firouzja und Abasov, die beiden Spieler, die es am schwersten haben, haben keine Chance mehr auf den Turniersieg.
Kandidatenturnier der Frauen: Lei tut nichts anderes, als gewinnen
Tan übertrieb es in einer ausgeglichenen Stellung und verlor in Runde acht, aber diesen Fehler machte sie nicht noch einmal. In der Schottischen Eröffnung glich GM Humpy Koneru mit Schwarz bequem aus und konnte dann einen Bauern gewinnen, aber die Tabellenführerin zog die Bremse, gewann den Bauern ein paar Züge später zurück und erzielte ein Remis im Schwerfigurenendspiel.
Im Kampf der beiden zweitplatzierten Spielerinnen, Goryachkina gegen Lei, sahen wir eine Abtauschvariante der Slawischen Verteidigung, aber die bescheidene Eröffnung bedeutete keine ruhige Partie. Lei schnappte sich einen potenziell vergifteten Bauern auf b2 und das zahlte sich letztendlich aus.
"Diese Partie war, wie soll ich sagen, ein Auf und Ab", sagte Lei über ein kompliziertes Endspiel, in dem sie an verschiedenen Stellen gewann, aber mehrmals nicht in der Lage war, die besten Zugfolgen zu finden. Goryachkina machte ihren letzten Fehler in einem ausgeglichenen Endspiel mit drei Bauern gegen Springer, in dem 61.Sxe5? den halben Punkt kostete.
Als Lei 60...f5 spielte, ging sie eigentlich davon aus, dass die Stellung nur Remis war. Erst als ihre Gegnerin antwortete, wurde ihr das klar: "Ups, es gibt vielleicht ein paar Chancen... Ich war schockiert." Lei gewann das wundersame Endspiel und erzielte ihren vierten Sieg in den letzten fünf Partien.
Auf die Frage, was sich in den letzten fünf Runden geändert hat, sagte Lei: "Ich dachte, ich hätte keine Chance und es gibt keinen Druck für mich." Jetzt, da sie das Turnier anführt, stellt sich die Frage, ob sie jetzt Druck verspürt und ob sie ihre hervorragende Form beibehalten kann.
Die zukünftige GM Vaishali Rameshbabu sah aus, als wäre sie auf dem Weg, die fünfte Partie in Folge gegen IM Nurgyul Salimova zu verlieren, aber sie stoppte die Blutung in dieser Runde. Im Endspiel fand die bulgarische IM eine elegante Gewinnidee: 42.Kh2! Tc5 43.Tg2, brach aber später zusammen, als beide Spielerinnen jeweils weniger als eine Minute Zeit hatten. Sie lehnte das Angebot, die Partie zu wiederholen und Remis zu machen, hartnäckig ab, als die Stellung bereits ausgeglichen war, und verlor sogar das Endspiel, das sie so lange dominiert hatte.
Gegen Lagno spielte GM Anna Muzychuk mit Schwarz die etwas unpopuläre, aber absolut solide Offene Verteidigung der Spanischen Partie. Sie fand eine schöne Zugfolge zum Ausgleich, die mit dem einzigen Zug 16...c6! endete.
Am Ende hatte Muzychuk zwei Bauern gegen einen am Königsflügel, aber das Endspiel war durchgehend remis.
Beide Tabellenführerinnen werden nach dem Ruhetag die weißen Figuren haben. Sollten sie auf einen weiteren Sieg drängen oder sollten sie es den Verfolgerinnen überlassen, das ganze Risiko einzugehen? Wir werden ihre Strategie am Mittwoch herausfinden.
Du kannst dir die Videozusammenfassungen der Kandidatenturniere in unserer Playlist ansehen (hier klicken).
Die Live-Übertragung wurde von IM Steve Berger und GM Vincent Keymer moderiert.
Das FIDE-Kandidatenturnier ist eine der wichtigsten FIDE-Veranstaltungen des Jahres. Die Spieler:innen kämpfen um das Recht, beim nächsten FIDE-Weltmeisterschaftskampf gegen die amtierenden Weltmeister:innen GM Ding Liren und GM Ju Wenjun anzutreten.
Tägliche Berichterstattung:
- Tag 1: Das Kandidatenturnier eröffnet mit viel Kampfgeist
- Tag 2: Vidit beendet Nakamuras 47 Partien andauernde ungeschlagene Serie
- Tag 3: Bruder-Schwester-Comeback: Praggnanandhaa besiegt Vidit, Vaishali findet ihren Groove
- Tag 4: Nepo besiegt Vidit und übernimmt alleinige Führung; Tan kommt mit Schrecken davon
- Tag 5: Gukesh geht in Führung, Nepomniachtchi übersteht Praggnanandhaas starkes Spiel
- Tag 6: Tan spielt offensiv am entscheidenden Tag bei den Frauen; Vidit, Praggnanandhaa erholen sich
- Tag 7: Firouzja verdrängt Gukesh von der Spitze, Nepomniachtchi übernimmt alleinige Führung
- Tag 8: Nakamura überholt Caruana, Gukesh teilt sich wieder die Führung mit Nepomniachtchi
- Tag 9: Vidit schlägt Nakamura erneut, Tan zurück in alleiniger Führung
Vorherige Berichterstattung:
- Wie du die FIDE-Kandidatenturniere 2024 verfolgen kannst
- Magnus Carlsen schätzt die Spieler des Kandidatenturniers ein
- Wem solltest du beim Kandidatenturnier der Frauen 2024 die Daumen drücken?
- Wem solltest du beim Kandidatenturnier die Daumen drücken?
- Wer laut Statistik der nächste Herausforderer der Weltmeisterschaft wird
- How To Become The Chess World Champion