Lets Rock Teneriffa
Gleich 5 Spieler der Schachunion sind nach Teneriffa gereist und nehmen beim 2. Internationalen Open in La Laguna teil.
Arthur und ich sind schon eine Woche zuvor hergeflogen und verbrachten eine Woche am Strand von Puerto de la Cruz. Am Samstag sind wir dann nach La Laguna umgezogen und haben dem Helle in unserer Wohnung, die wir für die Turnierwoche gemietet haben, Asyl gewährt.
Der Uli ist am Freitag gekommen und wohnt eine ganze Ecke entfernt vom Turnierort beim Melik, der sich ja schon vor einigen Jahren dazu entschieden hat, ein "Teneriffianer" zu werden.
Das Turnier ging gleich mit einer Riesen-Überraschung los. Die erste Runde begann nämlich nicht, wie in der Ausschreibung angekündigt, um 18, sondern schon um 17 Uhr! Als wir kurz nach 5 eintrudelten waren die Partien dann auch schon am laufen.
Das Turnier findet in 3 Räumen statt. Hier der "Großmeister-Raum" in dem die ersten 20 Bretter stehen.
Dass sie uns überhaupt ausgelost hatten, obwohl wir nicht da waren, war zwar nett, aber sie hatten natürlich alle anderen Spieler die angemeldet und nicht erschienen waren ebenfalls ausgelost und meine Gegnerin kam leider überhaupt nicht und so gewann ich meine erste Partie genauso, wie die anderen 4 auch, nur eben kampflos. 5/5 in der ersten Runde ist aber schon ziemlich geil, obwohl ich nicht viel dazu beigetragen hab.
In der zweiten Runde trafen wir dann natürlich auf viel stärkere Gegner. Den stärksten hatte Arthur mit IM Alfredo Brito Garica erwischt, den er aber gleich mal locker weggebügelt hat.
In dieser Stellung wäre Arthur noch mit einem Remis zufrieden gewesen. Ein paar Züge später nicht mehr...
Melik gewann ganz locker gegen einen "nicht ganz so talentierten" Spieler und ich hab mich gegen einen Vereinskollegen von Meliks neuen Verein ganz furchtbar angestellt und sang- und klanglos verloren.
Zum Duell der Duelle kam es aber an Brett 15:
Der Helle spielte einfach nur fantastisch und rang dem FM ein hochverdientes Remis ab.
In der dritten Runde mussten wir dann schwere Verluste verkraften. Melik wurde von dem stärksten deutschen Teilnehmer, IM Matthias Röder genauso überspielt, wie Helle von seinem um 200 Punkte stärkeren Gegner und Arthur vom nächsten IM. Ulis Freude über sein Remis gegen einen Spanier mit 1900 hielt sich in Grenzen und ich konnte mich über meinen Sieg gegen eine 12-jährige Spanierin, die ich, anstatt sie einfach Matt zu setzten, in einem Endspiel mit 8 (!) Bauern und Springer gegen 7 (!) Bauern und Turm besiegte, auch nicht besonders freuen.
Hier ist die Partie vom Melik:
Valeria Garcia Almeida lieferte mir einen harten Kampf...
Die vierte Runde verlief dann sehr gemischt. Uli setzte seine Remisserie fort. Diesmal aber gegen einen Gegner der ihm von der ELO her fast ebenbürtig war. Ich spielte zum dritten Mal in 4 Runden gegen eine spanische Göre (wenn man die erste Runde mitzählt) und errang gegen eine 15-jährige mit ELO 2000 immerhin ein Remis. Helle war bis zum 7. Zug optimal auf das Pirk seines Gegners vorbereitet, lief aber dann schon im 9. Zug in eine ganz fiese Falle, die ihm den Läufer kostete. Arthur ging zum dritten Mal in Serie als extremer Außenseiter in die Partie und musste sich zum zweiten Mal in Serie geschlagen geben und Melik ging zum dritten Mal als Favorit in die Partie und wurde seiner Favoritenrolle zum dritten Mal gerecht.
Melik hatte heute schon früh Zeit, sich die Beine zu vertreten
Extrem kurios war übrigens der Spielverlauf an den beiden Spitzenbrettern. IM Rene Marcial Alonso Garcia hatte in dieser Stellung keine bessere Idee, als seinen Springer mit Dame c3 zu decken, was ihm natürlich nach Txd3 und Dxd3 den Turm kostet...
...und GM Ante Saric fand hier den genialen Zug Läufer d3, den seine Gegnerin IM Ana Matnadze halt einfach geschlagen hat, was die Partie erheblich verkürzte.
Am Mittwoch entschied sich Uli für einen Abstecher auf die Nachbarinsel La Gomera und nahm deshalb ein "bye". Melik spielte gegen den spanischen IM, den Arthur in der zweiten Runde besiegt hatte und bekam ziemlich schnell seine Grenzen aufgezeigt. Helle gewann schon in der Eröffnung einen Bauern, tauschte das Brett leer, lehnte alle 7 Remisgebote seines Gegners ab und gewann das Endspiel mit Mehrbauern souverän. Arthurs Gegner hatte die glorreiche Idee, seinen König im Zentrum zu belassen. Was normalerweise schon ein eher zweifelhafter Plan ist, geht natürlich gegen Arthur überhaupt nicht und die Partie war schon im 33. Zug entschieden. Und ich selbst spielte wieder gegen einen 15-jährigen Spanier mit 2000 und sicherte mir durch etwas Geschick und viel viel Glück ein weiteres Remis.
Helle vor der Partie
Am Donnestag charterten wir einen Katamaran und hatten nicht nur einen tollen Blick auf den Taide, den höchsten Berg Spaniens, sondern entdeckten sogar noch ein paar Pilotwale.
Die Abendrunde war mir nach diesem Ausflug zu stressig, aber die anderen 4 gaben natürlich alle ihr Bestes!
Arthur musste sich aber leider einem sehr starken Spanier, der irgendwie eine verblüffende Ähnlichkeit mit Novak Djokovic hat, geschlagen geben.
Arthur und Borja Molina Rodriguez nach der Partie
Uli spielte weiterhin im "Urlaubsmodus" und kam erneut nicht über ein Remis hinaus. Zu einer kleinen Kurisität kam es an Brett 22, denn dort spielte Melik gegen einen seiner neuen Vereinskameraden und Melik hatte keinen großen Ambitionen, die Partie zu gewinnen. Da bei diesem Turnier jedoch Remisgebote vor dem 30. Zug verboten waren, fanden die beiden nach dem 26. Zug eine Stellungwiederholung und dachten, die Partie wäre damit beendet. Der für dieses Brett zuständige Schiedrichter wollte die Stellungswiederholung jedoch nicht akzeptieren und forderte die beiden auf, bis zum 30. Zug weiterzuspielen!?! Also wiederholten sie die Züge noch 4 weitere Male (!!!) und beendeten die Partie zum zweiten Mal mit einem Remis. Dem Schiedsrichter gefiel das aber noch immer nicht und er drohte beide Spieler zu nullen wenn sie die Partie nicht "vernünftig" zu Ende spielen, weil sie das Turnier nicht respektieren würden. Einige Züge später war dann fast alles abgetauscht und die Spieler einigten sich zum dritten Mal auf ein Remis, aber dem Schiedsrichter war dies wieder nicht genug. Er rechnete vor, dass sie ja 8 mal die Stellung wiederholt hätten und deshalb seiner Meinung nach erst im 29. Zug wären (oder so...). Jetzt rief Melik aber die Hauptschiedsrichterin zu Hilfe und die hatte die simple Idee, keine eigenen Regeln zu erfinden und sich stattdessen einfach an die FIDE-Regeln zu halten und Melik durfte endlich Feierabend machen (mit einem halben Punkt auf dem Konto).
Einen Sieg konnten wir aber dennoch verbuchen, denn der Helle gewann das bayerische Duell gegen Markia Stiefel vom SC Sendling.
Helle und Marika Stiefel
Die siebte Runde wurde dann zur umkämpftesten Runde des Turniers. Keine einzige der 10 Partien an den Spitzenbrettern endete mit einem Remis und auch bei unseren 5 Partien kam es zu keinem einzigen Remis. Arthur, Uli, Melik und ich konnten alle gewinnen und nur der Helle musste seinem um 200 Punkte stärkeren Gegner zum Sieg gratulieren.
Jetzt lagen Uli, Arthur, Melik und ich alle mit 4.5 Punkten gleichauf in der Tabelle. In meiner grenzenlosen Bescheidenheit will ich natürlich nicht extra drauf hinweisen, wer von uns zu diesem Zeitpunkt die beste Feinwertung hatte...
Gefeiert haben wir natürlich alle zusammen und den Matthias Röder haben wir gleich mitgenommen.
Am Samstag konnten Arthur und Uli ihre Siegesserien fortsetzten. Melik hat leider verloren, aber irgendwie ist die Partie voll an mir vorbeigegangen. Helle hatte in einer absolut gewonnen Stellung eine Mattkombination seines Gegners entdeckt, die aber weder sein Gegner, noch Arthur, ich und noch nicht einmal Stockfish finden konnte. Um diese "Mattdrohung" abzuwehren opferte er seine Dame und danach war die Stellung genauso verloren, wie sie vor dem Damenopfer gewonnen war.
In der letzten Runde erspielte sich Helle wieder eine Gewinnstellung und ließ sich dieses Mal die Butter nicht vom Brot nehmen. Melik und Uli erzielten gegen starke Gegner zwei Remis und Arthur spielte vielleicht die Partie seines Lebens. Mit einem Bauern, Läufer und Springer spielte er gegen ca 25 Kibitze und einen Gegner, der über 100 Punkte mehr und drei Bauern und einen Turm hatte. Arthurs Figuren harmonierten aber so prächtig, dass er eine Mattdrohung nach der anderen aufstellen konnte, bis sein Gegner den entscheidenden Fehler beging und sich 2 Züge später gleich zwei Mattdrohungen ausgesetzt sah, von denen er nur eine abwehren konnte.
Dadurch sicherte sich Arthur nicht nur seinen sechsten Punkt in dem Turnier sondern auch gleich den u2000 Ratingpreis. Ein Sieg gegen einen IM und bester Spieler unter 2000! So ein Turnier spielt Arthur sicher nicht alle Tage und auch Uli durfte sich über ein Turnier ohne eine einzige Niederlage freuen!
Leider hab ich von der Siegerehrung kein besseres Bild, als dieses verwackelte Foto...
Einen Spieler hab ich jetzt in den letzten beiden Runden gar nicht erwähnt. Das hat den Grund, dass ich am Samstag vormittag einen mittelschweren Badeunfall hatte und danach eigentlich nicht in der Lage gewesen wäre, Schach zu spielen. Ich habs trotzdem versucht, aber bin in keiner der letzten beiden Partien über den 25. Zug hinausgekommen.
Schön wars trotzdem.
Turniersieger GM Arthur Kogan
Klein aber oho: IM Ana Matnadze gewann den Damenpreis
Uli und Helle bei der Siegerehrung
Franz Josef Becking aus dem Saarland hatten wir schon im April in Thessaloniki kennengelernt. In Teneriffa war er wieder am Start.
WIM Marija Stojanovic fungierte bei diesem Turnier als (einzige englischsprachige!!) Schiedsrichterin.
Arthur und Helle beim "schiefen Turm von La Laguna"