Besser werden durch Puzzle Rush
Vor einigen Wochen schrieb ich einen Artikel über Puzzle Rush. Obwohl ich den pädagogischen Wert sofort erkannte, war es für mich trotzdem vor allem ein neues und süchtig machendes Spielzeug. Mittlerweile ist es aber für all meine Schüler mit einem Rating von unter 1800 zu einem absoluten Muss geworden!
Natürlich empfehle ich es allen meinen Schülern, unabhängig von ihrem Rating, aber je niedriger das Rating eines Spielers ist, desto größer ist der Nutzen, den er daraus zieht. Wie ich bereits in meinem ersten Artikel erwähnt habe, geht es beim Lösen von Puzzle-Rush-Aufgaben nur darum, typische taktische Muster zu erkennen. Und genau das ist es, was weniger erfahrene Spieler am meisten brauchen!
Im Kommentarfeld des ersten Artikels schrieb Chess.com Mitglied "goodSirN": "Ihr solltet es ermöglichen, dass man den Top-Spielern beim Puzzle Rush spielen live zusehen kann, genauso wie man auch ihre Partien live verfolgen kann." Ich kann "goodSirN" da nur zustimmen! Ich weiß nicht, ob das technisch möglich ist, aber es wäre sicher sehr interessant und zugleich lehrreich, Hikaru Nakamura in Action zu sehen. Da dies aber (noch) nicht möglich ist, will ich Euch meine eigenen Erfahrungen mit Puzzle Rush schildern.
Zuerst muss ich allerdings sagen, dass ich mit meiner Bestleistung von 43 auf keinen Fall zu den Top Puzzle Rush Spielern gehöre. Laut der Tabelle, die ich in meinem ersten Artikel über Puzzle Rush erstellt habe, bin ich nicht einmal ein Großmeister. Man sollte aber nicht sein bestes Ergebnis aller Zeiten als Indikator verwenden, denn es könnte ja ein einmaliger Ausrutscher gewesen sein und auch die durchschnnittliche Leistung kann sich als sehr irreführend erweisen. Meine Durchschnittsleistung liegt bei 30.13, aber die beinhaltet alle Versuche, die meine Schüler mit meinem Login absolviert haben.
Außerdem zeige ich meinen Schülern gerne typische taktische Muster und dabei ist Puzzle Rush wirklich von unschätzbarem Wert! Oft zeige ich eine Stellung und erkläre, was dort vor sich geht, während die Uhr tickt. Dann kann ich natürlich nur fünf bis acht Stellungen zeigen, bevor meine Zeit abgelaufen ist. Eine durchschnittliche Punktzahl kann also sehr irreführend sein. Wenn Ihr eine echte Puzzle Rush Zahl messen möchtet, empfiehlt es sich, drei bis fünfmal hintereinander zu spielen und dann den Durchschnitt auszurechnen.
Das sollte Euch ein wahres Bild vermitteln. Ich habe es selbst ausprobiert und meine Ergebnisse waren 40, 40 und 33, was eine Durschnittsleistung von 37.66 bedeutet. Das liegt laut meiner Tabelle unter dem Großmeister-Level und deshalb sollte ich entweder zugeben, dass ich für einen Großmeister sehr langsam bin, oder dass meine Tabelle falsch ist.
Die beste Option beim Puzzle Rush ist aber die Möglichkeit, dass man alle gespielten Stellungen analysieren kann und somit im Nachhinein sieht, was falsch gelaufen ist. Als Beispiel zeige ich Euch eine Analyse meines letzten Versuchs, bei dem ich nur 33 Aufgaben lösen konnte. Die ersten 8 bis 10 Aufgaben sind normalerweise recht einfach und man muss sich lediglich etwas konzentrieren. Wie zum Beispiel bei dieser Aufgabe:
Nach etwa 20 Aufgaben, sind die Lösungen für erfahrene Spieler immer noch relativ einfach:
Ja, das ist eine ganz einfache Fesselung.
Wenn es aber so einfach ist, warum macht man dann Fehler? Ganz einfach: Weil man die Konzentration verliert. Hier ist eine dieser Stellungen:
Wie kann man also bei dieser Aufgabe nur versagen? Hier ist mein Fehler:
Trotz solcher dummen Fehler hatte ich 33 Aufgaben gelöst und noch 2 Minuten auf der Uhr. Ich dachte also, dass ich die 40 locker knacken könnte. Dann kam allerdings diese Aufgabe, nach der ich all meine Hoffnungen begraben konnte:
Gar nicht so schwer, oder? Hier ist, wie ich sie vermasselt habe:
Ja, als ich 34. Kg2 zog, übersah ich völlig die Idee mit 34...Lf5, gefolgt von der Fesselung 35...Le4. Man kann das jetzt natürlich einfach Pech nennen und eine neue Runde beginnen, aber wenn man Puzzle Rush richtig verwendet, kann man sich dadurch auch seiner Probleme klar werden und sich schachlich verbessern. In meinem Fall hatten beide Fehler denselben Grund: Ich habe die Ideen meines Gegners völlig ignoriert. Und wenn man denselben Fehler wieder und wieder begeht, hat man genau den Bereich entdeckt, an dem man arbeiten sollte.
Ich wünsche Euch allen viel Spaß mit Puzzle Rush und hoffe, dass Ihr damit zu besseren Schachspielern werdet!