Solltet Ihr Magnus Carlsens Eröffnungen spielen?
"Was für eine dumme Frage!"
Ich wette, dies ist die häufigste Reaktion, die diese Überschrift bei Euch hervorgerufen hat.
Es ist ja der Traum eines jeden Schachspielers, wie Magnus Carlsen zu spielen.
Deshalb formuliere ich jetzt die Frage aus der Überschrift um: Sollten wir genau dieselben Eröffnungen wie Magnus Carlsen spielen?
Ihr werdet jetzt sicher überrascht sein, aber für die meisten Schachspieler ist die Antwort ein ganz klares NEIN!
Wenn ich bei einem Schulschachturnier bin, sehe ich immer eine Reihe von Spielen, die ihre Partie mit den Zügen 1.d4 d5 2. Lf4 beginnen. In den meisten Fällen führt diese Eröffnung zu einem langsamen Spiel, was für Kinder schwierig ist, da sie nicht über das erforderliche Positionsverständnis verfügen und sich während der Partie häufig nur langweilen.
Wenn ich dann frage, warum sie eine Eröffnung spielen, die für ihr Alter und ihre Schachstufe eindeutig ungeeignet ist, lautet die übliche Antwort, dass dies eine sehr moderne Linie ist, die ja auch von Carlsen gespielt wird. In der Tat hat der Weltmeister mit dieser Eröffnung viele Partien, wie diese hier, gewonnen:
Die Kinder verstehen nicht, dass Carlsen derzeit so viel stärker ist als seine Gegner, dass er nur die Eröffnungstheorie so schnell wie möglich verlassen möchte und seine Gegner dazu zwingen will, selbstständig zu spielen.
Wie ich schon in diesem Artikel erklärt habe, ist es nicht leicht, von Carlsens Partien zu lernen. Und genauso schwierig ist es, die Eröffnungen so zu spielen, wie er sie spielt. Seht Euch zum Beispiel diese kürzlich gespielte Partie gegen Hikaru Nakamura an:
Carlsens Eröffnung war ziemlich riskant. Nach nur 15 Zügen hatte Schwarz ein starkes Zentrum und einen möglichen Angriff gegen den weißen König. Diese Variante der englischen Eröffnung heißt Mikenas-Flohr-Variante und wenn Ihr sie wirklich spielen möchtet, würde ich Euch empfehlen, Euch die Partien von Vladas Mikenas, einem der Urheber dieser Variante, anzusehen.
Natürlich kann man Mikenas Turnierergebnisse und Spielstärke nicht einmal ansatzweise mit Magnus Carlsens vergleichen, aber vielleicht macht genau dies seine Partien für uns Sterbliche verständlicher.
Zum Beispiel diese hier:
Obwohl die Qualität der Partie zwischen Carlsen und Nakamura natürlich deutlich höher ist, können Vereinsspieler aus der Partie Mikenas-Makhtas mehr lernen!
Wenn Ihr eine Eröffnung lernt, ist es sehr wichtig, typische positionelle und taktische Ideen und sogar Fehler, die häufig begangen werden, zu verstehen. Bei den nahezu perfekten Spielen von Carlsen und seinen Super-GM-Gegnern werdet Ihr das nicht schaffen.
Deshalb solltet Ihr keine Eröffnungen von Magnus Carlsen spielen!