Wenn bei einer Simultanveranstaltung etwas schiefläuft
Simultanveranstaltungen sind bei Schachspielern sehr beliebt.
Eine Simultanveranstaltung bietet einen durchschnittlichen Schachspieler die Möglichkeit, sich mit einem Großmeister oder sogar einem Weltmeister zu messen und ihn vielleicht sogar zu schlagen!
Als ich noch ein Kind war, habe ich eine solche Möglichkeit nie ausgelassen und immer wenn es eine Simultanveranstaltung in meiner Stadt gab, war ich einer der ersten, die sich angemeldet haben. Selbst als ich schon ein relativ starker Spieler war, habe ich noch bei Simultanveranstaltungen mitgespielt.
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass ein sehr starker Spieler namens Vladimir Malaniuk (ein künftiger Großmeister), beim ersten Turnier, das ich als Titelträger mitspielte, an einem Ruhetag eine Simultanveranstaltung anbot. Und ich war natürlich wieder einer der ersten, die sich dafür angemeldet hatten!
So geschah es, dass ich gegen Malaniuk zuerst eine Simultanpartie spielte und zwei Tage später im Turnier, eine Turnierpartie. Ich habe beide Partien verloren...
Der Lerneffekt aus einer Partie gegen einen sehr starken Spieler ist aber nicht der einzige Vorteil bei einer Simultanveranstaltung. Alleine schon das Erlebnis, gegen einen Großmeister spielen zu dürfen, ist unbezahlbar!
Sehen wir uns zum Beispiel diese Partie an, die einer meiner Schüler bei einer Simultanveranstaltung gegen den starken chinesischen Großmeister Bu Xiangzhi gespielt hat:
Gegen den Spieler zu gewinnen, der Magnus Carlsen beim Weltcup geschlagen hat, stärkt das eigene Selbstvertrauen ungemein!
Einen Monat später spielte Brandon gegen den nächsten Großmeister (dieses Mal war es aber ein normales Schnellschach-Turnier) und natürlich hatte er keine Angst und gewann die Partie mit einem direkten Angriff auf den König:
Wie Ihr seht, kann eine Partie in einer Simultanveranstaltung auch für einen Großmeister ein harter Test sein. Besonders wenn sie gegen unterbewertete Kinder spielen, die hungrig nach Schach und Erfolgen sind!
Es ist daher keine große Überraschung, dass es 1951, bei einer Simultanveranstaltung im sowjetischen Pioneer Palace zu einem der schlechtesten Ergebnisse aller Zeiten kam. Der britische IM Robert Wade spielte dort gegen 30 lokale Schulkinder im Alter von 14 Jahren und jünger.
Nach sieben Stunden Spielzeit hatte sich IM Wade zehn Remis erkämpft... und die restlichen 20 Partien verloren.
Um solche Katastrophen zu vermeiden, verwenden Großmeister manchmal Tricks. Der älteste Trick im Buch ist ein Remisgebot. Wenn es sich nicht um einen Sonderfall handelt (es wurde gesagt, dass Capablanca immer ein Remis angeboten hat, wenn er gegen eine Frau spielte), bedeutet ein Remisgebot von einem Großmeister normalerweise, dass er denkt, er verliert! Natürlich ist an einem Remisgebot nichts auszusetzen, aber ich habe auch von weiteren kreativen Versuchen gehört.
Hier ist eine Partie aus einer anderen Simultanveranstaltung:
Als der Großmeister seine Runde beendet hatte, schüttelte sein Gegner immer noch den Kopf.
"Gefällt Dir Deine Stellung nicht?" fragte er seinen Gegner.
"Natürlich nicht. Ich verliere in allen Varianten!" antwortete der Amateur und zeigte kurz die Varianten auf, die er berechnet hatte:
Der Großmeister hörte seinen Gegner zu und sagte: "Willst Du lieber mit Weiß weiterspielen?"
Der Amateur konnte sein Glück kaum glauben und stimmte natürlich zu. Dann drehten die beiden das Brett und die Partie ging weiter:
Ich habe schon von vielen solchen Tricks gehört, aber nichts ist besser als diese (wahrscheinlich ausgedachte) Geschichte.
Ein Meister spielte gegen einen älteren Herrn, der über jeden Zug sehr lange nachdachte. Es sah so aus, als würde sich das überlegte Spiel des alten Mannes auszahlen, denn der Meister befand sich in einer völlig verlorenen Stellung, bei der sein Gegner seinen Bauern in allen Varianten zuerst umwandeln würde.
Urteilt selbst:
Weiß wollte schon aufgeben, aber dann hatte er eine geniale Idee: Er zog sehr selbstbewusst 1.a4-a3!
Schwarz zog seinen Bauern natürlich in die entgegengesetzte Richtung: 1...h4-h5 und die Partie ging weiter: 2. a3-a2 h5-h6 3. a2-a1=D!
Jetzt merkte der ältere Herr, dass hier irgendetwas schiefgelaufen war und sagte: "Das ist wirklich komisch. Ich dachte, dass mein Bauer zuerst umwandeln würde. Ich habe wahrscheinlich in die falsche Richtung gerechnet!
Der Meister versicherte aber seinem Gegner, dass es völlig egal war, in welche Richtung die Bauern laufen würden, denn er würde immer verlieren.
"Sehen Sie her," sagte der Meister, "wenn wir Ihren Bauern nach unten ziehen (1. a4-a3 h4-h3 2. a3-a2 h3-h2 3. a2-a1=D h2-h1=D 4. Da1xh1, dann verlieren Sie Ihre Dame ebenfalls."
Der alte Mann war so verwirrt und geschockt, dass er gar nicht merkte, dass in der letzten Variante beide Bauern in dieselbe Richtung gezogen hatten und stotterte nur: "Schach ist so ein mysteriöses Spiel" und ging nach Hause.
Trotz dieser Tricks empfehle ich Euch aber, bei so vielen Simultanveranstaltungen wie nur möglich, mitzuspielen. Ihr werdet dabei nicht nur viel lernen, sondern auch eine Menge Spaß haben!