Mein Name ist Bond, Chess Bond
Filmemacher verwenden sehr oft Schach in ihren Filmen, um die intellektuellen Fähigkeiten des Protagonisten hervorzuheben.
Und da selbst ein normaler Spielberichtsbogen für Nicht-Schachspieler wie ein Geheimcode aussieht, wird Schach sehr oft in Spionagefilmen verwendet. Berichten zufolge wurde in den USA während des Zweiten Weltkriegs, aus Angst, dass die Postkarten mit Schachzügen tatsächlich geheime Nachrichten enthalten könnten, sogar Fernschach verboten.
Eine der berühmtesten Hollywood-Schachszenen kommt im zweiten Film der James Bond-Filmreihe Liebesgrüße aus Moskau vor.
Möglicherweise habt Ihr die berühmte Partie erkannt, obwohl die weißen Bauern auf d4 und c5 entfernt wurden, um die Stellung dramatischer zu gestalten.
Aber wie sieht es im wirklichen Leben aus? Es gibt Berichte über einige berühmte Schachspieler, die angeblich Spione waren. Bei Amazon gibt es sogar ein Buch namens "Paul Morphy: Confederate Spy". Da Geschichte aber wirklich nicht mein Fachgebiet ist, kann ich zu diesem Thema aber nicht viel sagen.
Ich habe aber schon von vielen Spionageversuchen gehört, wenn es darum ging, Informationen über die Eröffnungsvorbereitung eines Gegners zu erhalten. Einige von ihnen sind wohlbekannt. Als Max Euwe nach Moskau reiste, um an der Weltmeisterschaft 1948 teilzunehmen, wurden seine Notizbücher vom Zoll beschlagnahmt. Die Zollbeamten vermuteten angeblich, dass die seltsamen Symbole wie Lg5 ein versteckter Spionagecode sein könnten.
Einige Tage später war die Sachlage geklärt und die Notizbücher wurden dem Besitzer zurückgegeben. War es nur ein Zufall, dass Eure dann eines der schlechtesten Turniere seiner Schachkarriere spielte und er in einigen Partien bereits in der Eröffnung unter Druck geriet?
Eine der aufwändigsten Methoden, um Informationen über die Eröffnungen eines Gegners zu erhalten, fand bei der berüchtigten Weltmeisterschaft 1984 statt. Man konnte auf alles Wetten, was mit dem Spiel zu tun hatte: Ergebnisse, Anzahl der Züge, Eröffnungen usw. Garry Kasparov schreibt in seinem Buch über die WM:
Wie sich später herausstellte, spielte einer meiner Helfer, Iossif Dorfman, von der 1. bis zur 11. Partie heimlich auf dem Match-Totalisator und setzte vor der 7. Spiel darauf, dass es die Antwort auf 1.d4 die Tarrasch Verteidigung sein würde, aber der Totalisator wurde von einem Mann geleitet, der aus dem Umfeld von Karpov stammte.
Heutzutage, als Fabiano Caruana's Team der ganzen Welt die Eröffnungsdatenbank des Herausforderers zeigte, ist es schwierig, sich das Level der Spionage bei den großen Spielen der 1970er und 1980er Jahre vorzustellen.
Bei der WM 1972 zwischen Spassky und Fischer wurden die Stühle beider Spieler geröntgt, um dort nach möglicherweise versteckten elektronischen Geräten zu suchen. Die Angst vor einer Spionage war so groß, dass Anatoly Karpov, als er mit seinen Sekundanten die Eröffnungen besprach, nur Codenamen benutzte. Einmal wurde beschlossen, einen "Aschenbecher" zu spielen, und schon am nächsten Tag wurde die Mega-Neuheit von GM Zaitsev eingesetzt:
Es ging aber nicht immer nur um Eröffnungen. Als Bronstein 1951 sein WM-Match gegen Botvinnik bestritt, übte ein mysteriöser Tenor seine Arien neben dem Hotelzimmer des Herausforderers. Aus irgendeinem seltsamen Grund tat er das jeden Morgen um 6 Uhr. Bronstein beklagte sich bei seinem engen Freund Boris Weinstein, der einige sehr einflussreiche Freunde hatte.
Nur wenige Tage später begannen direkt neben der Residenz Botvinniks Bauarbeiten. Die Schwermaschinen wurden jeden Morgen um 6 Uhr in Betrieb gesetzt. Es wurde ein Treffen einberufen, bei dem Vertreter beider Teams die Situation diskutierten. Gleich am nächsten Morgen waren die Bauarbeiten beendet und der mysteriöse Tenor war ebenfalls verschwunden.
Heutzutage haben wir 12-jährige Großmeister und wer weiß, vielleicht wird der nächste Weltmeister ein 15-jähriges Kind sein. Deshalb müssen Kinder die Spionagespiele so früh wie möglich lernen. Aus diesem Grund hat der russische Schachverband beschlossen, die Partien der letzten nationalen Juniorenmeisterschaft nicht zu veröffentlichen. Der Cheftrainer der russischen Nationalmannschaft sagte: "Warum sollten wir unseren ausländischen Gegnern Informationen über unsere Spieler geben?"
Natürlich wurden die Partien fast sofort danach auf dem Schwarzmarkt angeboten, aber das ist eine ganz andere Geschichte.