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Magnus Carlsen gegen das Wunderkind

Magnus Carlsen gegen das Wunderkind

Gserper
| 38 | Strategie

Das letzte Grenke Schachturnier war eine One-Man-Show, denn alle sprachen nur über die unglaubliche Leistung von Magnus Carlsen.

Besonders faszinierend war Partie des Weltmeisters gegen das deutsche Supertalent Vincent Keymer.

Während das Ergebnis der Partie keine große Überraschung war, lieferte Keymer Magnus Carlsen einen sehr langen Kampf. Die Times schrieb in ihrem Artikel über die Partie: "Der 14-jährige Vincent Keymer machte dem großen Magnus Carlsen Angst."

In einem meiner letzten Artikel habe ich moderne Partien mit Klassikern verglichen. Das gleiche will ich jetzt mit der Partie Keymer-Carlsen machen.

Keymer vs Carlsen chess
Keymer gegen Carlsen. | Foto: Maria Emelianova/Chess.com.

Vor über 60 Jahren entwickelte Tigran Petrosian in seiner Partie gegen Bronstein eine sehr interessante Idee:

Während viele Schachfans diese Art von Partien (ereignislose Remis) hassen, wurden Profis auf die Partie aufmerksam.

In der Tat ist Petrosians Neuerung sehr interessant. Durch das Aufgeben seines größten Trumpfes, dem Läufer auf g7, ruiniert Schwarz den weißen Damenflügel, sodass Weiß dort nicht mehr angreifen kann. In Anbetracht der Tatsache, dass das Zentrum geschlossen ist, bedeutet dies, dass der gesamte Kampf auf dem Königsflügel stattfindet und dort hat Schwarz eine offene G-Linie und damit einen potenziellen Angriff auf den weißen König.

Nach dieser kurzen Analyse wird klar, dass Weiß versuchen sollte, den schwarzen König mit einem g2-g4-Vorstoß offenzulegen. Genau das hätte Bronstein auch gerne versucht, aber Petrosian hat es geschafft, dies zu verhindern. Am Ende konnte sich keiner der beiden Spieler einen Vorteil erspielen.

In der folgenden Partie versuchte der Gegner von Petrosian, ohne Vorbereitung sofort g2-g4 zu spielen, aber auch hier hatte Schwarz keine Probleme:

Petrosians Idee Lxc3 wurde dann so beliebt, dass sogar Boris Spassky darauf zurückgriff:

Für Petrosian, der für seine prophylaktischen Züge berühmt war, war der Tausch mit Lxc3 ein Werkzeug, um das Spiel von Weiß einzuschränken. Für Mikhail Tal war es sogar eine Vorbereitung für einen Angriff. Urteilt selbst:


Jetzt könnt Ihr sicher verstehen, was ich dachte, als ich den Beginn des Partie Keymer gegen Carlsen sah:

Mein erster Gedanken war: "Armer Junge - er kämpft gegen Petrosian, Tal, Spassky und Carlsen zugleich! Jetzt wird ihn Magnus zerquetschen."

Die Realität sah jedoch anders aus und Keymer erspielte sich irgendwann sogar einen klaren Vorteil. Also was ist passiert? Weiß schaffte es, g2-g4-g5 zu spielen und sich auf dem Königsflügel einen guten Raumvorteil zu erspielen. Nach 29 Zügen kam es dann zur kritischen Stellung.

Keymer wurde für seinen überhasteten Zug 30. g6 zu Recht kritisiert!

Hat Vincent Keymer jetzt Petrosians Idee mit Lxc3 widerlegt? Ich glaube nicht. Werfen wir einen Blick auf Tals Partie. Unmittelbar nach dem Tausch Lxc3 unternahm Tal alles, um den g4-Durchbruch zu verhindern: Sdf6 und Kh8!, gefolgt von Tg8. Timman hatte nie die Chance, g4 zu spielen.

Sehen wir uns die Partie an:

Es war also in der Tat Magnus Carlsen, der unpräzise gespielt hat. Zum Beispiel sieht Tals Zug 15...Kh8 viel genauer aus, als der Zug des Norwegers: 15...Sg7.

Ich hoffe, dass Euch dieser kleine Artikel hilft, diese Art von Stellung besser zu verstehen. Obwohl Magnus Carlsen einer der besten Spieler der Geschichte ist, wussten die früheren Weltmeister auch ein oder zwei Dinge über Schach.

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