Ian Nepomniachtchis brillante Züge auf Chess.com
Ian Nepomniachtchi reiste als Nummer 2 der Welt zur FIDE Weltmeisterschaft 2023 nach Astana. Man erreicht aber nicht diese Position und man gewinnt auch nicht zwei Kandidatenturniere (in den Jahren 2020/2021 und 2022), wenn man nur banale Züge spielt. Manchmal müssen die Züge einfach brillant sein.
Nepomniachtchi zeigte schon in seinen jungen Jahren, welch außergewöhnliche Fähigkeiten in ihm stecken. Bekanntlich gewann er ja zweimal gegen Magnus Carlsen als beide noch Teenager waren und überschritt mit nur 20 Jahren die 2700-Elo Marke.
Nepomniachtchi war schon immer ein grandioser "Blitzer", aber im klassischen Schach geriet seine Entwicklung einige Jahre in Stocken und erst in seinen frühen 30er Jahren konnte er sich als einer der besten Schachspieler der Welt etablieren, ohne dabei sein hohes Level im Blitz zu verlieren. Und jetzt führt er im WM-Kampf gegen Ding Liren und hat die große Chance, der 17. Weltmeister der Schachgeschichte zu werden.
Bei Zug-Statistiken wie diesen (von den tiefen Einblicken von Chess.com) ist auch leicht zu verstehen, warum das so ist:
Alle Partien wurden auf Chess.com gespielt, von NM Jeremy Kane ausgewählt und von Großmeister Rafael Leitao analysiert. Fangen wir also an!
- Nepomniachtchi–Naroditsky, 2020
- Nepomniachtchi–Nakamura, 2022
- Nepomniachtchi–Smirnov, 2018
- Nepomniachtchi–Paravyan, 2020
- Kleiman–Nepomniachtchi, 2018
- Nepomniachtchi–Vazquez, 2020
- Nepomniachtchi–Grischuk, 2018
- Nepomniachtchi–Sarana, 2018
- Nepomniachtchi–Fedoseev, 2020
- Nepomniachtchi–Saleh, 2020
- Nepomniachtchi–Costachi, 2022
- Nepomniachtchi–Mamedov, 2020
- Firouzja–Nepomniachtchi, 2019
- Conclusion
Nepomniachtchi–Naroditsky, 2020
Wir beginnen gleich mit der Partie, in der Leitaos Lieblingszug gespielt wurde. Am 30. März 2020 spielten Nepomniachtchi und Daniel Naroditsky ein spontanes Blitz-Match, das Nepo mit 15:11 gewann. In einer der Partien spielte er mit einer fantastischen Genauigkeit von 98.7% und fand dabei sogar die brillanten Züge 24.La6 und 26.f6!
Nepomniachtchi–Nakamura, 2022
Wenn man an Brillanz im Blitz denkt, denkt man wohl zuallererst an Hikaru Nakamura. Aber manchmal ist es auch Nakamura selbst, der über eine Brillanz seines Gegners staunen muss. In dieser Partie, vom dritten Tag der Rapid Chess Championship 2022, die Nepomniachtchi am Ende auch gewonnen hat, fand er ein Läuferopfer, das zwar eigentlich nur einen Bauern gewinnt, aber ohne diesen Bauern bricht die schwarze Stellung völlig zusammen.
Nepomniachtchi–Smirnov, 2018
In dieser Partie fand Nepomniachtchi nicht weniger als vier brillante Züge! Er lässt seinen Springer auf g5 gleich mehrere Züge lang angegriffen, da ihn der australische Großmeister Anton Smirnov einfach nicht ohne verheerende Folgen schlagen konnte. Letztendlich traten diese verheerenden Konsequenzen aber trotzdem ein.
Rafael Leitao war begeistert:
Nepomniachtchi–Paravyan, 2020
Ein relativ einfacher, aber dennoch brillanter Zug gelang ihm gegen GM David Paravyan. Dies ist ein gutes Muster für Spieler, die Taktiken lernen und versuchen zu verstehen, wie viel stärker eine Dame als ein Turm ist.
Kleiman–Nepomniachtchi, 2018
Die Endstellung der Partie gegen IM Jake Kleiman ist ziemlich amüsant, da Schwarz zwei Damen in gegenüberliegenden Ecken hat. Der Weg dorthin ist der geniale Teil, obgleich er "relativ einfach" war, wenn man das taktische Thema Unterbrechung einer Linie beherrscht.
Nepomniachtchi–Vazquez, 2020
Viele Partien gewinnt man mit den Basics, also mit Motiven wie Fesselung, Beseitigung des Verteidigers oder Angriffen auf f7/f2. Aber was ist, wenn man alle drei Motive gleichzeitig nutzen könnte? Dann war es wohl ein brillanter Zug, wie ihn Nepomniachtchi in der Partie gegen GM Guillermo Vazquez gespielt hat.
Nepomniachtchi–Grischuk, 2018
Ein großartiger Spieler lässt seinen Gegner oft mehreren Optionen … und keine davon ist gut. Nach dem 26. Zug in der folgenden Partie kann der ebenfalls großartige Alexander Grischuk entweder den Springer schlagen – und auf einer offenen f-Linie und einer eklatanten Schwäche auf dem Feld g6 getroffen werden – oder den weißen Springer auf einem der gefährlichsten Felder, auf denen ein Springer überhaupt landen kann (ein zentrales Feld auf der sechsten Reihe), belassen.
Nepomniachtchi–Sarana, 2018
Das schwache Feld e6 entschied auch die Partie gegen Alexey Sarana. Im Gegensatz zu Grischuk hatte Sarana aber keine andere Wahl, als das Springeropfer im 15. Zug anzunehmen. Die Partie war zu diesem Zeitpunkt zwar noch nicht ganz verloren, aber er lässt Nepomniachtchi die Gelegenheit für einen Gewinnzug im 18. Zug. Und Nepo hat ihn natürlich gefunden.
Nepomniachtchi–Fedoseev, 2020
Vladimir Fedoseev, der schon ein Rating von 2733 im klassischen Schach erreicht hatte und zwischenzeitlich die Nummer 9 der Welt im Schnellschach war, ist eigentlich ein absolut ernst zu nehmender Gegner. In der nächsten Partie ließ ihn Nepomniachtchi jedoch wie einen blutigen Anfänger aussehen und gewann in nur 16 Zügen.
Die Art und Weise, wie Nepomniachtchi seinen Landsmann von Brett fegte, ist einfach nur beeindruckend.
Nepomniachtchi–Saleh, 2020
Manchmal sieht man einen großartigen Kandidatenzug, der nicht ganz funktioniert ... noch nicht. Gute Spieler suchen nach einer Möglichkeit, den Zug zum Funktionieren zu bringen und großartige Spieler finden den Weg. Das hat Nepo hier in der Partie gegen GM Salem Saleh gemacht. 28.Tg4 bereitet den Schlüsselzug 30.Td8 vor.
Nepomniachtchi–Costachi, 2022
Nepo ist einer der Spieler, die einfach weiter rechnen können als fast jeder andere, einschließlich der meisten anderen Großmeister. (Es gibt einen Grund dafür, dass Spieler mit Ratings über 2700 als Supergroßmeister bekannt sind.) Und wenn dann ein Spieler wie Nepomniachtchi gegen einen internationalen Meister wie den Rumänen Mihnea Costachi spielt, sieht das wie ein sehr ungleicher Kampf aus.
Oft ist die Tiefe der kombinatorischen Fähigkeiten ein überschätzter Aspekt, aber manchmal macht einfach genau das den Unterschied:
Nepomniachtchi–Mamedov, 2020
Um beim Thema, dass Nepo tiefer als seine Gegner rechnet, zu bleiben, sehen wir uns jetzt seine Partie gegen GM Rauf Mamedov an. Der Aserbaidschaner wusste zwar, dass er nicht auf g6 (wieder dieses Feld) schlagen darf. Aber nachdem er gezwungen wurde, auf h7 zu schlagen, wurde er weiter gezwungen, die Verteidigung dieses Feldes aufzugeben. Anscheinend hatte Mamedov, als er 21...c5 gespielt hat, den Zug 24.Tg3 nicht gesehen. Nepo aber schon.
Firouzja–Nepomniachtchi, 2019
Nachdem wir uns schon Siege über Naroditsky und Nakamura angesehen haben, fehlt nur noch Alireza Firouzja.
Firouzja verliert diese Partie auf dem Feld c3 nicht, weil er nicht aufgepasst hat oder ein wichtiges Detail übersehen hat. Nepomniachtchi ist einfach so gut, dass selbst das Wunderkind (zum Zeitpunkt dieser Partie war er erst 15 Jahre alt) nicht ein, sondern gleich zwei verheerende Opfer auf diesem Feld schlucken musste. Und natürlich taucht hier auch das Thema der Zerstörung von Bauerndeckungen wieder auf.
Fazit
Und wie viele brillante Züge hat Nepomniachtchi noch auf Lager? Und bekommen wir einen oder zwei davon bei der Weltmeisterschaft zu sehen? Wenn ein spektakulärer Zug möglich ist, findet ihn vielleicht kein Spieler ihn besser als Ian Nepomniachtchi.
Was ist Euer Lieblinszug in diesem Artikel? Oder kennt Ihr noch weitere brillante Züge von Nepo? Schreibt es in die Kommentare!
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