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Die wunderschöne nutzlose Leichtfigur

Die wunderschöne nutzlose Leichtfigur

Gserper
| 51 | Strategie

Starke und schwache Felder sind das A und O der Strategie. Ein schwaches Feld lässt sich leicht definieren: Das ist jedes Feld, das nicht von einem Bauern gedeckt wird. Und solche Felder in der gegnerischen Hälfte eignen sich wunderbar, um seine eigenen Figuren dort zu platzieren.

Und deshalb sind die schwachen Felder des Gegners die starken Felder von jemandem selbst!

Meisters ist es der Springer, der von solchen starken Feldern profitiert. Ich bin mir sicher, dass sich jeder Schachspieler and dutzende solcher Beispiele aus eigenen Partien erinnern kann. 

Maxime Vachier-Lagrave, der Gewinner des Sinquefield Cups, hat in seiner Partie gegen Nepomniachtchi ein Musterbeispiel eines solchen Springers aufs Brett gebracht.

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Foto: Maria Emelianova.

Schwarz war schon nach der Eröffnung irgendwie verloren. Die Vorgehensweise danach ist recht einfach: Bring deine Figuren auf starke Felder und mach deinen Gegner nieder! Oder etwas nicht? Tja..... zumindest nicht immer.

Sehen wir uns die nächste Partie an:

Der wunderschöne schwarze Springer stand fast die ganze Partie auf d4. GM Bent Larsens Kommentar nach der Partie ist ziemlich lehrreich, denn er stellte eigentlich nur eine sehr einfache Frage: Was hat der Springer eigentlich die ganze Partie auf d4 gemacht?

Läufern kann es aber genauso ergehen. Wer kann sich noch an Laskers berühmten Zug Le3 erinnern, der die Stellung seines Gegners in 2 Hälften gespalten hat?

Und dann vergleichen wir Laskers Läufer mit dem Läufer auf d4 in dieser Partie. Ja, der Läufer ist mit e2-e3 vertrieben worden, aber er ist dann nur auf das ebenso starke Feld c3 gezogen. Das Ergebnis der Partie war aber trotzdem enttäuschend für Schwarz:

Übrigends ist auch schon Boris Spassky auf diesen Trugschluß hereingefallen. Es hat ihm viele Züge gekostet um seinen Läufer von g2 auf das starke Feld c6 zu bringen. Und danach war sein Läufer auf c6 total aus der Partie und sein König war nicht mehr ausreichend geschützt:

In seiner letzten Partie gegen den Weltmeister hatte Karjakin einen ähnlich starken Springer auf c3. Leider ist dann aber sein gesamter Königsflügel eingebrochen und sein wunderschön aussehender Springer saß nutzlos am anderen Ende des Brett herum bis die Partie zu Ende war.

Ich bin mir sicher, dass ihr das Rätsel, warum so toll aussehende Figuren manchmal eher ein Nachteil als ein Vorteil sein können, gelöst habt. Vergleicht einfach die Springer auf d5 und d4 aus den ersten beiden Partien. Während MVLs Springer auf d5 das gesamte Brett dominiert hat, war Donners Springer auf d4 eigentlich Arbeitslos.

Und das selbe können wir über alle "wunderschönen nutzlosen" Figuren sagen, die wir in diesem Artikel gesehen haben.

Fragt Euch also bei eurer nächsten Partie, bevor ihr eine Figur auf ein vermeintlich starkes Feld zieht: "Was macht die Figur auf diesem Feld? Wir hilft sie mir weiter?" 

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