Die schlechteste Schachpartie aller Zeiten
Unser ganzes Leben lang suchen wir immer nach dem Besten. Die besten Universitäten, die besten Arbeitgeber, die besten Urlaubsorte usw. Die Liste ist endlos. Natürlich folgen wir auch in unserem Schachuniversum diesem Trend und suchen nach den besten Partien und den besten Spielern aller Zeiten.
Ich frage mich, warum eigentlich niemand nach dem Schlechtesten sucht. [ok - manchmal machen wir das!] Nun, nach dem schlechtesten Schachspieler müssen wir nicht suchen, da er bereits bekannt ist. Zumindest, wenn wir dem US-Außenminister Henry Kissinger vertrauen, der 1972 Bobby Fischer angerufen hatte und das Telefonat mit den Worten "Hallo. Hier spricht der schlechteste Schachspieler der Welt. Spreche ich mit dem besten Schachspieler der Welt?" begann.
Aber was ist mit der schlechtesten Schachpartie, die je gespielt wurde? Ihr fragt Euch jetzt vielleicht, warum wir überhaupt danach suchen sollten. Nun, neben der offensichtlichen menschlichen Neugier gibt es einen klaren Nutzen, den eine solche Partie bieten könnte. Angenommen, Ihr habt gerade erst angefangen, Schach zu spielen: Welche Partie würdet Ihr lieber analysieren? Eine von zwei Super-GMs mit fast 100% Genauigkeit, oder die folgende Partie, die ich als Kind in einem meiner ersten Schachbücher gefunden habe?
Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber ich habe gelächelt, als ich diese Partie zum ersten Mal gesehen habe. Und damals hätte mich das nahezu perfekte Spiel zweier Super-GMs einfach nur gelangweilt. Außerdem habe ich aus diese ungeheuerliche Partie, in der Schwarz in nur drei Zügen matt gesetzt wurde, gelernt und habe nie auf die gleiche Weise verloren. Im Gegensatz zu der Spielerin, die vor gar nicht so langer Zeit bei der Schacholympiade gespielt hat:
Welche Kriterien sollten wir also verwenden, um die schlechteste Partie aller Zeiten zu bestimmen? Wenn es um den pädagogischen Wert geht, der zeigt, was man im Schach niemals tun sollte, dann würde die folgende "Partie" ganz oben auf meiner Liste stehen:
Um ehrlich zu sein, führten diese schrecklichen Königszüge zu keinem übermäßigen Schaden und die meisten von uns würden immer noch gegen Magnus Carlsen verlieren, selbst nachdem er 2. Ke2 gespielt hat. Sollten wir dann das Ausmaß des Schadens berücksichtigen, der durch einen schlechten Zug verursacht wird? Wenn ja, dann können nicht viele Partien mit den ultimativen Fehlern in den folgenden bekannten Beispielen mithalten.
Wir alle haben ja nach einer schmerzhaften Niederlage schon einen Satz wie "Ich habe gerade die schlechteste Partie in der gesamten Schachgeschichte gespielt" gesagt. Großmeister Tigran Petrosian dachte wahrscheinlich dasselbe, nachdem er in einem sehr wichtigen Turnier diesen unverzeihlichen Fehler gemacht hatte.
Ich denke aber nicht, dass es fair wäre, eine Partie aufgrund eines einzigen Fehlers als "Schlechteste Partie aller Zeiten" zu bezeichnen, egal wie schlimm der Fehler war. Die obige Partie von Petrosian war ja ein hervorragendes Beispiel dafür, wie man einen Gegner einschnürt und ohne den tragischen Fehler wäre die Partie sicher in Petrosians Sammlung von positionellen Meisterwerken aufgenommen worden.
Eine Partie muss schon von Anfang bis Ende schlecht gewesen sein, um als "Schlechteste Partie aller Zeiten" zu gelten. Nehmen wir zum Beispiel diese Partie:
Wenn einer der weltbesten Großmeister wie ein Amateur spielt, wissen wir, dass die Partie sehr schlecht war. Übrigens entschuldige ich mich hier gleich bei allen Amateurspielern – ich weiß, dass viele von Euch besser spielen!
Aber auch Partien, bei denen von Anfang bis Ende wirklich schlechte Züge gespielt wurden, sind möglicherweise nicht immer gutes Material für unseren Wettbewerb. Nehmen wir zum Beispiel die folgende berüchtigte Partie:
Es ist eine bekannte Tatsache, dass dieses Partie unter Protest gespielt wurde. Genauso wie diese:
Und welche Ereignisse zwei Meister dazu veranlassten, das folgende Juwel zu produzieren, will ich gar nicht wissen:
Wie Ihr sehen könnt, ist es gar nicht einfach, die schlechteste Schachpartie aller Zeiten zu bestimmen. Als dann IM Ali Mortazavi twitterte, dass er gerade die schlechteste Schachpartie aller Zeiten entdeckt hatte, war ich zuerst ziemlich skeptisch. Wenn ich mir die Partie aber ansehe, denke ich, dass er vielleicht recht haben könnte. Urteilt selbst:
Obwohl Fehler ja ein fester Bestandteil im Bulletschach sind, war das hier schon etwas zu viel des Guten. Dass zwei Spieler mit einem Rating von über 2400 in drei aufeinanderfolgenden Zügen sechsmal ein Schachmatt in einem Zug übersehen, muss wohl ein Weltrekord sein. Und sieben Patzer in einer Partie, die nur über 15 Züge ging, ist ebenfalls ein Rekord, der nur schwer zu schlagen sein wird!
Haben wir also unseren Gewinner? Ist das wirklich die schlechteste Partie aller Zeiten oder kennt Ihr einen noch schlechtere? Lasst es uns in den Kommentaren wissen!