Das Geheimnis usbekischer Großmeister
Die kürzlich abgeschlossene Team-Weltmeisterschaft ist bereits in den Geschichtsbüchern. China demonstrierte erneut sein enormes Schachpotential, indem es das Turnier selbst ohne die Anwesenheit seiner Spitzenspieler gewann. Usbekistan war ein aber weiterer Held dieses Events. Mit ihrem Erfolg haben die Olympiasieger ihren Platz in der Weltelite des Schachs gefestigt.
Vor fast genau sieben Jahren, im November 2015, habe ich in diesem Artikel eine Vorhersage getroffen: "Heute sehe ich in Usbekistan eine Menge junger Talente heranwachsen: Nodirbek Abdusattorov, Shamsiddin Vokhidov, Javokhir Sindarov, usw. Seid also nicht überrascht, wenn die usbekische Mannschaft schon bald die Schachwelt erstaunen sollte!"
Was aber hat mich dazu inspiriert, vorherzusagen, dass ein Haufen junger Spieler mit einem Rating von etwa 2300 zu dieser Zeit eine große Schachmacht werden würde? Die Antwort findet sich in dem Wort, das ich beim Schreiben über Schachspieler aus Usbekistan immer wieder wiederholt habe. Das Wort ist "klassisch".
In diesem alten Artikel habe ich eine Partie des damals neunjährigen Javokhir Sindarov gezeigt.
In diesem Artikel findet Ihr auch den Grund, warum ich dem ersten Zug von Weiß bereits ein Fragezeichen gegeben und warum ich die Schlussfolgerung fettgedruckt geschrieben habe: "Vor allem anderen muss man die klassischen Prinzipien der Eröffnungen lernen (Zentrum, Entwicklung, Königssicherheit, usw.)!" Dieses Thema haben wir ja auch in meinem letzten Artikel angesprochen.
Im Kommentarbereich äußerte jemand die Meinung, dass Junk-Eröffnungen eine neue Art sind, Eröffnungen zu spielen und das Ziel haben, den Gegner zu verwirren und dass es fast ein neues Paradigma im Schach wäre. Nun, ein gerade viral gehendes TikTok-Video schlägt vor, dass man ruhig herumalbern und es ausprobieren sollte. Magnus Carlsen hat diese Theorie aber schon 2018 gegen den usbekischen Großmeister Shamsiddin Vokhidov ausprobiert.
Um absolut fair zu sein, wie meine Anmerkung zeigt, stand Carlsen zu einem Zeitpunkt im Mittelspiel klar besser. Unabhängig davon wählte der Weltmeister aber bei einer anderen Schnellschachweltmeisterschaft gegen einen anderen usbekischen Großmeister eine reguläre Eröffnung:
Viel wichtiger ist aber, dass ich in dem Artikel von 2015 bereits das Geheimnis des zukünftigen Erfolgs usbekischer Spieler enthüllt habe: "Javokhir Sindarov nutzte die Fehler seines Gegners aus, indem er den klassischen Stil verwendete, der für viele Spieler aus Usbekistan so typisch ist."
Was ich an diesem Artikel bereue, ist das "usw." in dem Satz: "Heute sehe ich in Usbekistan eine Menge junger Talente heranwachsen: Nodirbek Abdusattorov, Shamsiddin Vokhidov, Javokhir Sindarov, usw."
Dieses "usw." ist eine Gruppe sehr talentierter Spieler mit unterschiedlichen Stilen. Ich habe versucht, meinen Fehler im Artikel "Wie man auf die ganz klassische Art angreift" von 2019 wiedergutzumachen, in dem ich eine sehr schöne Partie von IM Ortik Nigmatov mit dem bereits traditionellen Kommentar "Ortik Nigmatov kennt sein klassisches Schacherbe" zeigte.
Heute möchte ich Euch einen weiteren hervorragenden Spieler vorstellen, der bei diesem "usw." nicht genannt wurde. Ich spreche von GM Nodirbek Yakubboev. Die meisten Leute kennen einen anderen, berühmteren Nodirbek, aber Yakubboev hat alles, um ein Elite-Großmeister zu werden und sein Stil ist so klassisch wie er nur sein kann! Die folgenden beiden Partien hinterließen bei mir einen extrem starken Eindruck. Beide Gegner sind sehr erfahrene Großmeister und doch konnten beide irgendwann kaum noch ziehen!
Ich bin mir sicher, dass sogar legendäre positionelle Spieler wie Akiba Rubinstein oder Jose Raul Capablanca auf eine solche Partie ebenfalls und zurecht stolz gewesen wären. Auch wenn es vielleicht wie Blasphemie klingt, gefallen mir aber die beiden Partien von Yakubboev besser! Der Grund ist ganz einfach: Die Mehrheit der Gegner von Rubinstein oder Capablanca bei ihren Meisterwerken war viel schwächer als diese Giganten und die Partien verliefen per Definition einseitig. Stattdessen war einer von Yakubboevs Gegnern, GM Evgeny Tomashevsky, sogar einmal die Nummer 13 der Welt!
Die Zusammenfassung ist ziemlich offensichtlich. Wenn Ihr aufstrebender Schachspieler seid und besser werden möchtet, dann studiert das klassische Schacherbe und moderne Klassiker, die von usbekischen Großmeistern produziert werden!